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FLIGHT – Echoes Of Journeys Past

~ 2023 (Dying Victims Productions) – Stil: Heavy Rock ~


Da haben sich zwei gefunden. Das „Dying Victims“-Label mit ihrem umtriebigen und mit exquisitem Geschmack ausgestatteten Cheffe Flo, sowie die vollkommen aus der Zeit gefallen scheinenden Norweger FLIGHT. Gibt da oben eben nicht nur Black Metal.

FLIGHT klingen nach 1980, nach Chevy Impala oder Pontiac Firebird, ca. zehn bis zwölf Jahre alt, nach langer Landstraße, nach Kippen und Bierdosen, außer beim Fahrer, der trinkt Cola. Und nach einem Trip mit heruntergekurbelten Seitenscheiben in den Sonnenuntergang zur nächsten kleinen Stadt, wo in der Lieblingskneipe eine kleine Bühne ist, auf der eine Truppe spielt, die zwar keiner kennt, die aber ein Geheimtipp sein soll. Ab, hin da, kostet vielleicht fünf Mark. Und man soll es wirklich nicht bereuen.

FLIGHT stehen da in Jeans, T-Shirt, langhaarig und zuweilen schnurrbärtig. Sie rocken behende den ersten Song herunter und es ist eine Wonne, wie der Gitarrist vor den zwanzig bis dreißig Langhaarrockern aus den Nachbargemeinden seine Soli abfeuert. Der Opener ´Hypatia´ kann überzeugen und macht Lust auf mehr und MEHR kommt sogleich mit einem Stück, das als ´Valley Of The Moon´ angesagt wird. Klingt episch, ist es auch irgendwie. Nicht so hart bei den Gitarren, mit schönen singenden Synthesizerläufen, die melancholische Melodien quäken und zauberhaft verwackelter Grundatmosphäre. Leicht proggy, aber nicht so verfrickelt. Man geht mit, da die Rhythmen doch kraftvoll treiben, aber die Gitarren sind eher clean und ziehen einen in eine träumerische Welt hinein.

Draußen wird es windig, es braust ein Sturm über die herbstliche Landschaft und die Stimmung ist sehr magisch. Passend zum besungenen Mondtal. Der goldene Komet, ´Comet Of Gold´ nimmt den Drive noch mehr heraus. Eine weitere von Melancholie durchtränkte Nummer erklingt, ein entspannter Song, eher zum Zuhören, mit nachdenklich stimmenden Melodien. Aber man kann ja die Gunst der Stunde zum Biertrinken nutzen.

Mit ´Echoes Of Journeys Past´ kommen dann die knarzigen und leicht grimmigen Rockgitarren wieder ins Spiel und die Meute schreckt vom Barhocker hoch. Auch hier gibt sich die Band von den Gesangsmelodien her unaufgeregt, aber tiefgründig. Die Gitarren zaubern melodische Leads mit hohem Wiedererkennungswert und einige schöne Synthesizerlines gesellen sich jubilierend dazu.

Ein entspannter Shuffle-Beat führt dann die halbruhige, aber cool rockende Nummer ´Path To Nowhere (Elysian Fields)´ an. Die Strophen sind vom coolen Gesang dominiert, die Gitarren werden im doch recht mitreißenden Refrain erst kantiger, aber nie wirklich laut. So manch doppelläufiger Gitarrenpart und diese zurückhaltende, aber eindringliche Melodieführung erinnert unsere Zotteltruppe auf der Tanzfläche an einen Trip in die große Stadt, wo so eine coole irische Truppe mit schwarzem Typen an Bass und Gesang die Halle gerockt hat. Der Gitarrist hat ähnlich wie die Gitarrenfraktion hier losgelegt. So ein grimmig dreinblickendes Narbengesicht, Gary oder so.

Die Gitarristen von FLIGHT spielen ein kurzes, leicht folkiges Instrumental, dann halten sie für einen Moment inne und drehen für einen als ´Mystic Mountain´ angesagten Song nochmal auf. Kein Heavy Metal. Eigentlich sind sie sowas von 1979, aber cool dabei. Und warum hat man immer noch diese Iren im Kopf? Tatsächlich sind FLIGHT sanftmütiger als die Bands der Stunde, IRON MAIDEN, SAXON, MOTÖRHEAD und JUDAS PRIEST, aber sie haben was an sich. Diese Melodien und die Epik bei dem immer länger währenden ´Mystic Mountain´, das noch mehrteilig scheint.

Ja, auch wenn doch die 70er vorbei sind. Die Jungs hier, Norweger auf der Durchreise, wie man festgestellt hat, sind doch fantastisch. Das Zusammenspiel der Gitarren und der Synthesizer, Gitarrenläufe, bei denen man sich was gedacht hat und die mehr als nur den üblichen Akkordkrach bieten. Haben die Platten dabei? Drei Stück. Die Auswahl fällt leicht, sie werden alle eingesackt. Und währenddessen geht die Band in eine ruhigen und verträumten Lauf über, klare Gitarren, eine wehmütige Keyboardlinie. Und dann verbeugt man sich und sagt gute Nacht.

Schon wieder macht der Wirt die Musikkiste an. Coole Platten hat der da. THIN LIZZY aus Irland, die ollen UFO oder auch SAGA aus Kanada, nice. Man rät den FLIGHT Boys am Tresen beim Feierabend Bier noch, sie sollten sich als Briten ausgeben, denn dort drüben auf der mystischen Insel Avalon ist grad mächtig was los, wie der Freak aus der Kleinstadt beim letzten Abhängen erzählt hat. Der Typ, der immer die heißesten unbekannten Platten am Start hat.

FLIGHT laden ihr Equipment wieder in den ollen Ford Transit, kassieren ihr Spritgeld vom Wirt und machen sich los, die Woche sollen sie noch zurück nach Norwegen und wollen noch ein bis zwei Shows in kleinen Landgasthäusern spielen. Und für die Jungs geht es mit den erträumten Pontiacs und Chevys, eher VW Käfer und Citröen 2CV zurück in die heimische Bude. Machen wir nächste Woche wieder.

(8,5 Punkte)

 

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