MeilensteineVergessene Juwelen

JULIE DRISCOLL – 1969

~ 1971 (Polydor) – Stil: Zeitloser Rock ~


Julie Driscoll ist eine der außergewöhnlichsten und ausdrucksstärksten Sängerinnen der Rockgeschichte. Eine unglaublich kämpferische und leider heute schon fast vergessene Sängerin. Mit Brian Auger & THE TRINITY hat sie einige der Klassiker der Rockmusik Ende der 60er Jahre veröffentlicht. Das politische ´Czechoslovakia´, das fulminante ´When I Was A Young Girl´, das gelungene DOORS-Cover ´Light My Fire´ oder den Hit ´This Wheels Of Fire´.

Am Ende ihres Engagements mit Brian Auger & THE TRINITY hat sie 1969 dieses Meisterwerk aufgenommen, das 1971 veröffentlicht wurde und aus meiner Sicht keine größere Aufmerksamkeit bekommen hat.

Die acht Songs sind alle von höchster Qualität und wachsen mit den Jahren noch. Die musikalische Darbietung und Stimmung in der zeitlosen Mischung aus Rock, Folklore und Jazz ist in ihrer Konsequenz und hohen Musikalität nur mit absoluten Meilensteinen wie Van Morrisons ´Astral Weeks´ vergleichbar. Viele Musiker haben beim Einspielen geholfen, wie der ständig unterbewertete Chris Spedding an Gitarre und Bass oder der zukünftige Mann von Julie, Keith Tippett.

Julies Stimme klingt noch schöner und reifer als auf den Alben mit Brian Auger. Voller Intensität, Melancholie und Schönheit, wie sie nur selten in der Rockmusik erreicht wurde.

Die lyrische Leistung ist nicht weniger beeindruckend. Ihre Texte voller philosophischer Gedanken über das Leben, die Liebe, Schmerz und politischen Kampf. Und so intim wie die Musik. Kostproben:

Yes, it’s those that we love, who will always forsake us.
And it’s those that love us, we will always forget. (´Those That We Love´)

 If we want to be free, we must find our direction. And stay on the path that leads to our goal.
Hold our heads high as we by-pass the old road. And stick to the truth that we’ve found in our soul.

We’ll walk down our road and we’ll lift up the wounded.
And nurse them to life with their heads on our breast.
And those that were brave, but who didn’t survive.
We’ll remember them knowing they died for the rest. (´Walk Down´)

Der Titel ´1969´ ist Programm. 1969 war ein Jahr großer musikalischer Leistungen und eines genialen Aufbruchs in der Rockmusik, aber auch das letzte Jahr des Hippie-Traums vor den schmerzlichen Ernüchterungen. Diesen depressiven Unterton kann man hin und wieder neben der konstanten Melancholie des Albums ausmachen. Anspieltipps gebe ich keine, denn die ganze Platte und alle acht Songs sind des Anspielens würdig.

Aber Vorsicht! Jeden Geschmack wird es nicht treffen, das war von der Vordenkerin und Kämpferin Julie Driscoll auch nie beabsichtigt, die als Julie Tippetts (änderte den Namen seit sie mit der am 14. Juni 2020 verstorbenen Jazz-Rock-Legende Keith Tippett liiert war) immer wieder schwer verdauliche Jazz-Veröffentlichungen oder fast Unverdauliches (´Shadow Puppeteer´) veröffentlicht.

 

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