PlattenkritikenPressfrisch

DAVE MATTHEWS BAND – Come Tomorrow

2018 (RCA) – Stil: Rock


Einst eroberten DAVE MATTHEWS und BAND die Welt, vornehmlich den US-amerikanischen Markt, mit der unbeschreiblichen Virtuosität aller Musiker, ihren Live-Darbietungen, die auf der Bühne ausuferten und in Jam-Sessions aufgingen, und ihrem Gespür für das melodische Pop-Ohr. Der in Südafrika geborene Dave Matthews füllte mit seinen relevanten Weltanschauungssongs die Stadien, obwohl er eine pazifistische Quäkererziehung genoss. Die Band traf in den Neunzigern mit ihrem unkonventionellen Rock den Nerv der Zeit und füllte das Vakuum, das THE ALLMAN BROTHERS BAND, THE GREATFUL DEAD oder WIDESPREAD PANIC hinterlassen hatten.

Mit einer Schlichtheit, in der schon vor über dreißig Jahren Nils Selzer philosophierte – „Immer weiter geh’n, wenn’s dir auch schwer fällt, Land seh’n wo keines ist, oh Leute, immer weiter geh’n.“ – sorgt ebenso Dave Matthews heutzutage in einer allzu sentimentalen Weise für Hoffnung auf unserem gemeinsamen Pfad in die Zukunft. Bei ihm heißt es 2018 ebenso banal: „Come tomorrow we go and find a way.“ Doch gerade in Zeiten eines Donald Trump als POTUS wären markantere Worte der DAVE MATTHEWS BAND von enormer Wichtigkeit. Stattdessen verklären romantische Blicke auf Vaterfreuden und unsere nachfolgende Generationen die Realität. Denn niemand soll vergessen, dass wir alle vom ersten Tag, vom Tag unserer Geburt an gleich sind und dieselbe Freude am Leben erfahren sollen. Selbst wenn die Kompositionen noch einen Blick auf das Weltgeschehen aus der Sicht eines alten Mannes werfen, hilft uns die Verfolgung des positiven Weges eines Kindes zum Erwachsenen nicht in der aktuellen Situation.

Die Altersmilde des 51-jährigen Dave Matthews manifestiert sich in den Liedern des neunten Werkes der DAVE MATTHEWS BAND. ´Come Tomorrow´ ist ein sanftmütiges Alterswerk. Trost sollen uns in diesen unruhigen Zeiten die friedlichen und gedankenverlorenen, überwiegend gar Live-im-Studio eingespielten Songs vermitteln. Ein Hauch von Melancholie durchweht die Kompositionen und ´Virginia In The Rain´ drückt diese Nachdenklichkeit der Musik angemessen aus. Wenngleich ´Come Tomorrow´ in Seattle, Los Angeles und Charlottesville von diversen Produzenten, Rob Cavallo (GREEN DAY, Phil Collins), John Alagia (BEN FOLDS FIVE, LIFEHOUSE), Rob Evans und Mark Batson (Alicia Keys), aufgenommen wurde, wirkt es nicht zerfahren. Vielleicht aufgrund des Naturgesetzes, dass die Mehrzahl der Kompositionen bereits seit Jahren live erprobt sind. ´Cant Stop´ und ´Idea Of You´ sind immerhin seit 2006 im Bühnen-Programm anzutreffen. Auf diesen beiden Songs ist sogar LeRoi Moore am Saxofon zu hören, obwohl das Gründungsmitglied 2008 gestorben ist. Violinist Boyd Tinsley musste hingegen wegen Missbrauchsvorwürfen zuvor schnellstens den Gruppenverband verlassen. US-Singer/Songwriterin Brandi Carlile erhält indessen einen Gastauftritt in ´Come On Come On´, derweil die sparsame Instrumentierung von ´Black And Blue Bird´ und dem finalen ´When I’m Weary´ das Soundbild mitprägen. Doch das A und O der DMB ist neben Dave Matthews außergewöhnlicher Stimme, der ausnahmsweise seinen Falsett-Gesang in ´That Girl Is You´ in die Höhe treibt, Stefan Lessards elastisches Bassspiel und Carter Beaufords punktgenaues Wirbelwind-Drumming. Den lässigsten Groove liefert dazu ´Do You Remember´ und den funkigsten ´Can´t Stop´. Also, Folks, immer weiter gehen.

(8 Punkte)

https://www.davematthewsband.com/
https://www.facebook.com/davematthewsband