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NORTH SEA ECHOES – Really Good Terrible Things

~ 2024 (Metal Blade Records) – Stil: Rock ~


Ray Alder und Jim Matheos überraschen mit ihrem neuen Projekt NORTH SEA ECHOES und erfüllen dennoch alle Erwartungen an ein Album aus ihren Händen.

Allein die musikalische Ausrichtung konnte im Vorfeld nicht klar umrissen werden. Eine musikalische Fortsetzung ihrer 35 Jahre lang gemeinsam unter dem Banner FATES WARNING bewährten Stilistik würde ihrem ewig brennenden Entdeckergeist widersprechen. Eine melodische Ausrichtung, wie sie es jeweils beide zuletzt mit A-Z und KINGS OF MERCIA erprobten, schied dementsprechend ebenfalls von Beginn an aus. Auch kam mit einem Sänger wie Ray Alder eine Ambient- und Instrumentalmusik wie bei dem Projekt TUESDAY THE SKY von Jim Matheos nicht in Frage.

Dennoch ist es ein ähnlicher Ansatz, der die neu erschaffene Welt von NORTH SEA ECHOES mit Tönen erfüllt. Das Debütalbum ´Really Good Terrible Things´ greift etwa den hinterlassenen Faden des Songs ´When Snow Falls´ aus dem letzten, 2020er FATES WARNING-Album ´Long Day Good Night´ wieder auf.

Ray Alder und Jim Matheos kreieren eine melancholische und sehnsuchtsvolle, stimmungsvolle und intensive Stimmung mit elektronischer Unterfütterung. Die Elektronik ist dem langjährigen Begleiter des Duos aus Jim Matheos‘ Projekt OSI mit Kevin Moore oder ebenso aus dem 2000er FATES WARNING-Album ´Disconnected´ nicht ganz unbekannt. Die gewisse Portion Melancholie und Traurigkeit dürfte hingegen aus den Kompositionen des Sängers und des Gitarristen auch nicht ganz unerwartet herausfließen.

 

 

Gleichwohl führen NORTH SEA ECHOES den Zuhörer durch neue Landschaften und zu neuen Orten. Tiefgründige Wörter aus dem Munde von Ray Alder und warme Melodien aus den Gitarrensaiten von Jim Matheos bilden das Grundgerüst. Den Unterschied zu anderen Projekten oder anderen Musikformationen macht in diesem Falle natürlich der Sänger, der seine Gefühle in ´Open Book´ zu sanftem Saitenanschlag und zarter Elektronik ausschüttet. Der Eröffnungssong gehört nämlich ebenso wie ´Throwing Stones´ und das überaus schnelle ´The Mission´ zu den Kompositionen mit den großen Melodien.

Dagegen pulsiert ´Flowers In Decay´ im schnelleren Midtempo zum poppigen Beat, während ´Unmoved´ wie ein elektrifizierter Akustiksong aus den Wolken heraus tönt. Eine gewisse Bedrohlichkeit sendet ´Empty´ aus und lässt auch die Gitarre gären, wogegen ´Touch The Sky´ die Gitarre singen lässt. Die gewisse Ruhe strahlt ´Where I’m From´ aus und ´We Move Around The Sun´ sogar schwelgerisch sanft. Den strahlenden Abschluss im gleißend hellen Licht findet ´No Maps´, sobald nur die Stimme von Ray Alder in der Atmosphäre erschallt und erst mit der Zeit, Klavier und Schlagzeug hinzustoßen.

Kein weiterer Handstreich in der Nordsee, kein weiteres ´Echoes´ von PINK FLOYD, stattdessen die Bildung von NORTH SEA ECHOES: „higher than any mountaintop, lower than the deepest sea.“

(8,5 Punkte)

 

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Pic: Jeremy Saffer
(VÖ:  23.02.2024)