Livehaftig

WARBRINGER, EVIL INVADERS, SCHIZOPHRENIA, MASON

~ 29.03.2023 – 7er Club, Mannheim ~


Ein abwechslungsreiches Thrash Metal-Package pflügt gerade die Clubs Europas gepflegt um. Vier Mal blutige Stirn ist angesagt. Unter dem Titel ´Ravaging Europe 2023´ prügeln MASON, SCHIZOPHRENIA, EVIL INVADERS sowie WARBRINGER schweißtreibend, laut und brachial die hechelnden Thrash Fans vor sich her, Abend für Abend.

Unterschiedlicher hätte die Zusammensetzung des Packages nicht sein können. Australiens MASON stehen für old schooligen Thrash Metal mit teils TOXIK-ähnlichen Einflüssen, während Belgiens SCHIZOPHRENIA die ganz „Harten“ nass macht, die belgischen Speed Helden von EVIL INVADERS das Ganze etwas auflockern und die L.A.Thrasher von WARBRINGER wie ein Tornado eine Schneise der Verwüstung hinter sich lassen.

Pünktlich um 19 Uhr stehen MASON auf der Bühne. Die ersten 15 Minuten sind eher verhalten, man hat noch keine Betriebstemperatur erreicht und die Songauswahl ist nur suboptimal. Man beginnt mit dem bisher unveröffentlichten ´Hollow Eyes´, der okay ist, mehr nicht. In der zweiten Hälfte des Sets kommt dann deutlich mehr Action auf. Mit Brechern wie ´Cross This Path´ und dem mächtigen ´Warhead´ kann man dann doch noch Pluspunkte sammeln. Ein nicht wirklich überzeugender Auftritt aus meiner Sicht.

Allerdings sticht einer hervor: Gitarrist Daniel Packovski, der erst 2021 zur Band stieß und im Nebenberuf bei den aus Sydney kommenden DARKER HALF ebenfalls die Saiten zupft. Man hat bei ihm fast das Gefühl er will sein Aerobic-Programm durchziehen und nebenbei die weniger anspruchsvollen Riffs von MASON runterzocken. Manche Bewegungen sind aber schon komisch.

Sänger und Gitarrist James Benson spricht immer wieder von einem neuen Album, das auch mal Zeit wird. Immerhin ist der letzte Release ´Impervious´ auf 2017 datiert. Sein Gesang hat Höhen und Tiefen, gefällt jedoch deutlich mehr, wenn er weniger hart shoutet. Als Anheizer hat man es immer schwer, auch wenn die erste Hälfte durchwachsen war, gegen Ende hin hat man die Bangerfraktion dann doch überzeugt.

Als nächstes stehen die Belgier SCHIZOPHRENIA auf der Bühne. Eine Band, die nicht wirklich in mein Beuteschema passt. Aber ich lass mich überraschen und werde dann doch irgendwie geflasht. Der Rest des Publikums dreht fast kollegial mit den ersten Tönen durch! Heilige Scheisse, die Wucht, mit der die vier Belgier loslegen, haut einem fast die Rübe von den Schultern. ICE-mäßig haut man Song auf Song raus. Technisch astrein. Saubere Killerriffs in der Nähe der alten SEPULTURA.

Auch einige der Songs zeugen generell deutlich von diesem Einfluss. Bassist und Sänger Ricky Mandozzi röhrt sich die Lungenflügel blutig und wird von den Fans wahrlich abgefeiert. Auf Dauer muß ich allerdings gestehen, ist sein „Gesang“ dann relativ geleichförmig und auch eintönig. Was wirklich überzeugt ist die massive Riffwand und das enorm hohe Tempo mit brutalen Mid-Tempo Passagen. Resultierend daraus hinterlässt man fertige Fans, ist schlicht festzustellen.

Nach dieser Prügelorgie kommen einem die belgischen Speed Metaller von EVIL INVADERS wie filigrane Überflieger vor. Die Jungs sind Arbeitstiere. Touren konstant und dies zeigt sich an einer inzwischen abgebrühten Auftrittsweise. Aufwärmen ist nicht. Von der ersten Sekunde an liefern die vier Jungs volles Entertainment. Stillstand? Gibt es nicht. Wie Aufziehmännchen jagen sie über die Bühne. Es gibt nicht viele Bands im Speed Metal Genre, die so extrem unterwegs sind. Anführt von dem charmanten Adrenalinjunkie Sänger und Gitarrist Joe Anus (aka Johannes Van Audenhove), der wie von einer Tarantel gestochen ein wahres Konditionstier darstellt, wirken die Speedbomben maximal tödlich.

In einem irren Tempo fliegen einem Sprengbomben wie ´Sledgehammer Justice´, ´Feed Me Violence´, ´Fast Loud`n`Rude´, ´Die For Me´ oder ´Rasing Hell´ um die Ohren. Die Belgier bieten für Augen und Ohren bestes Entertainment. Funkenfliegen, Lichteffekte. Das Quartett weiß, was es den Fans schuldig ist.

Ach, herrlich dieses Trommelfeuer an Speedbomben, das einen nur noch zappeln lässt. Ein souveräner Siegeszug der Belgier, die dementsprechend abgefeiert werden. Kurznotiz: Habe ich schon einmal einen schwachen Auftritt der Verrückten gesehen? Hm, nein.

Dass es der aus L.A. kommende Headliner der Tour, WARBRINGER, nicht leicht haben wird nach EVIL INVADERS, war klar. In Sachen WARBRINGER ist der heutige Abend „Mein erstes Mal“. Keine Ahnung warum ich die Herren noch nie live gesehen habe. Somit ist der Spannungsgrad nicht unerheblich. Gedanklich bin ich immer noch bei EVIL INVADERS, als das Quintett von einem spärlichen Soundcheck übergangslos in seinen Set einsteigt.

Uff, die Gitarrenwand wirkt wie ein Rammbock. Das Tempo ist beachtlich. Mit ´Firepower Kills´ vom aktuellen Longplayer ´Weapons Of Tomorrow´ steigen sie ein, schieben im Eilgang ´The Black Hand Reaches Out´ sowie `Crushed Beneath The Tracks´, alle vom erwähntem aktuellen Album, nach. Der elf Song umfassende Auftritt strotzt nur so vor brutaler Power und einem hohen Energielevel und doch verliert sich nach der Hälfte des Sets die Faszination und die Aufmerksamkeit. Das liegt dann daran, dass sich das Songmaterial nur sehr, sehr spärlich voneinander unterscheidet. Da verliert man schnell den Faden, zumal auch Sänger John Kevill sich nur zu spärlichen Ansagen hinreißen lässt. Überhaupt, ein bisschen mehr nach Thrash Metal könnte er schon aussehen.

Ein wahrer Blickfang dagegen ist Drummer Carlos Cruz, der zwar störrisch wirkt, aber technisch eine echte Rampensau darstellt. Der Bums, mit dem er sein Drumkit bearbeitet und die Band vor sich hertreibt, ist beachtlich. Auch wenn Abwechslung nicht unbedingt eine der Stärken der Amis ist, die brachiale Wucht, mit der man liefert, ist Mörder.

Schwer zu sagen wen man als klassischen Gewinner des Abends bezeichnen soll. Mal abgesehen von den wenig überzeugenden MASON haben die drei anderen Bands voll geliefert. Jede auf ihre eigene Art. Ich persönlich stehe für diese Reihenfolge: EVIL INVADERS, WARBRINGER, SCHIZOPHRENIA, MASON.

Noch ein kurzes Wort zum Merchandise. Ich will weder als Moralapostel noch als Besserwisser hier Ratschläge geben. Aber Leute, auch wenn Corona die finanziellen Situationen von Bands radikal verschlechtert hat, bringt es nichts jetzt mit exorbitanten Preissteigerungen im Merch-Verkauf bei Shows finanzielle Löcher zu stopfen. Vinyl für 30 Euro, Hoodies für 50 Euro, Shirts für 30 Euro. Leute, das sind Clubshows und die Leute haben auch nicht mehr das Geld so locker in der Tasche sitzen. Da verkaufe ich doch ein Shirt lieber für 20 Euro und mache über Stückzahl mein Geld, als dass ich 30 Euro nehme und nach der Tour einen Großteil im Keller verrotten lassen. Just my penny.


Fotos: Jürgen Tschamler