Im Ohr der Musik(er)LivehaftigPressfrisch

10 Alben, ohne die…

… ich nicht wäre, was ich bin.

Heute mit THOMAS THIELEN – t –


Was beeinflusst Musiker und macht sie zu dem Künstler, der sie geworden sind? Diese Frage stellt SAITENKULT in unregelmäßigen Abständen Musikern, um ihre Musik noch besser verstehen zu können. Die Antworten sind oft überraschend – und machen die jeweilige Musik um Dimensionen interessanter!

Thomas „t“ Thielen gilt als „Mastermind des deutschen ArtRock“ (Musikexpress), als „deutscher Steven Wilson“ (MHQ), als „legitimer Erbe von Genesis“ (Rolling Stone). Das Eclipsed rief ihn zu „einem der 10 wichtigsten Musiker der Dekade aus“ (unter dem lauten Gelächter seiner Frau, wie t nicht müde wird zu erwähnen) und seine Alben finden sich unter den bestverkauften ArtRock-Veröffentlichungen aus Deutschland. „Anti-Matter Poetry“ war zudem das Album des Jahres 2010, glaubt man dem Eclipsed Magazine in seinen Polls.

 

Was sind die wichtigsten Alben in t’s Musiker-Leben gewesen?

1) THE CURE – Pornography

Mit diesem Album, das ich kurz vor dem Erscheinen von ´Disintegration´ (auch diese Scheibe könnte hier stehen) erwarb, begann so etwas wie ein Kopf-Zerbruch. Alles, was ich über Harmonielehre und Komposition zu wissen glaubte (ich war 13, also war das eine Menge, gefühlt, und zwar eine so große Menge, wie man nur mit 13 zu wissen glauben kann!), hatte sich erledigt. Smiths Poesie auf ´Pornography´ machte mich gleichzeitig völlig fertig und doch umarmte sie mich auch: In dem Gefühl, auf dieser Welt mit meinem Gefühl des Verlorenseins (13. Ich war 13.) nicht alleine zu sein. Lost forever in a happy crowd. (Ja, hier könnte auch ´Faith´ stehen.) (Oder ´17 seconds´.)

2) MARILLION – Misplaced Childhood

Arguably das Album, das mich am meisten berührt hat. Ich war immer noch 13, und ich war auf einer Klassenfahrt zum Außenseiter geworden. Im Bus fand ich den Walkman (sic! Einen gelben!) meines Freundes Marc. Ich war froh über die Abgeschnittenheit, die mir die Kopfhörer bieten würden, also drückte ich auf PLAY… Und das Gitarrensolo von Kayleigh erklang. Und zwar in der Live-Version von ´La Gazza Ladra´, und diese Version, meine Damen und Herren, die ist magisch. Dann begann ´Lavender´, und ich war erledigt. ´Misplaced Rendezvous´ machte mich alle, und ´Heart Of Lothian´? Da war ich totaler Fan. Und seit dem ist Steven Rothery für mich der Größte unter den Großen. Seit ich beim MARILLION-Weekend in Berlin Support Act sein durfte, mit Steve backstage viel Spaß hatte, ihn dann in meinem Publikum und dann mit einer meiner CDs vom Merch kommen sah… weiß ich, dass er nicht nur der eindringlichste Gitarrist der Welt ist, sondern auch ein verflucht netter Kerl. Für mich persönlich war das einer dieser Momente, in denen dieses 13-jährige Ich durch die Zeit gereist ist und dem 47jährigen alten Sack ein „WOW!“ ins Ohr geraunt hat.

Kennt ihr? Wow.

3) DIRE STRAITS – Alchemy Live

Bevor diese beiden Bands und ihre Alben mich in eine andere Richtung zogen, hatte mir Mark Knopfler mit diesem perfekten Live-Album und der Mandela-Konzert-Show bereits erklärt, was gute Musik ist. Ich verbrachte Monate auf meinem Zimmer, mit einer crappy Akustikklampfe ´Sultans Of Swing´ übend und ´Love Over Gold´ zelebrierend. Meine Finger bluteten nicht nur manchmal, sondern einmal pro Woche locker, und meine ´Alchemy´-VHS hatte furchtbar zu leiden unter meinen Versuchen, in Zeitlupe und mit Standbild rauszufinden, wie der Fingersatz beim Solo denn nun gehe. Mark Knopfler hat mir das Gitarrespielen beigebracht, kann man sagen, und dann hat es mir Robert Smith nochmal beigebracht und dann Steve Rothery. Wenn ihr euch also fragt, warum ich so merkwürdiges Zeug spiele, dann stellt euch mal kurz diese drei in einer einzigen Band vor.

Alles klar?

4) MIKE OLDFIELD – Amarok

Ja, es gibt bestimmt bessere Oldfield-Alben, aber die Idee, eine CD mit Track 1 (61.00min) beginnen und enden zu lassen, hat meinen Kopf dann nochmal explodieren lassen. Die Sprünge in den Parts, die Gewagtheit der Übergänge und Nicht-Übergänge, die Spielfreude und die Tragik, die Komik und die Romantik… Dieses Album war für einen Eifeljungen, dessen Busse nie so fuhren, dass man nachmittags nach der Schule noch viel machen konnte, wie eine Weltreise. Ich bin emotional nie so ganz warm geworden mit Oldfield, aber für meine Art, Musik als dramaturgisch aufzubereitendes Gesamtwerk zu denken, war ´Amarok´ eine Initialzündung.

5) HEATHER NOVA – Siren

Ich war Student in Trier und fand ´London Rain´ vage ganz gut, ´Heart And Shoulder´ nice, aber als ich ´Siren´ in Gänze hörte, war ich verzaubert… So ging also undoofer Folk!? Toll. In der Folge wollte ich zu Heather Nova gehen, denn Trier war Teil ihrer Tour. Der Bassist der Band war aber kurz vor dem Gig im ExHaus unpässlich… und da ich gerade mit den Shanes (Punk-Folk. Ich und Punk-Folk. Oh je.) probte, war ich vor Ort: Ich sollte einspringen. Also lernte ich das Programm in zwölf Stunden (Ich kannte die ersten drei Alben eh auswendig) und stand mit zitternden Knien am ExHaus-Eingang. Heather erwies sich als unfassbar charmante, nette, liebevolle Frau, die immer noch ein bisschen zarter spricht, fühlt, aussieht und spielt, als ihr jetzt denkt, wenn man neben ihr sitzt, steht oder liegt (im Gras, was dachtet ihr denn?). Ich war instant verliebt (Sorry, Nina!) und geradezu geschockt von so viel Wärme und Güte, wie Heather ausstrahlte. Und das war so nachhaltig, dass ich mich mit aller Kraft davon abhalten musste, die Arme, die sich mit Sicherheit nicht an mich erinnert hätte (und den Kuss auf die Wange als Dankeschön, den ich immer noch spüre, ganz ehrlich, ich weiß genau, wohin!), zu stalken und ganz peinlich am Backstage-Eingang abgewiesen zu werden, als sie letztes Jahr in Deutschland war. Männer.

6) RADIOHEAD – Kid A

Der Sound. Die Stimme. Die Lyrics. Die Produktion. Die Synthies. Die Art, Gitarre und Bass zu denken, die Art, das Schlagzeug klingen zu lassen… ´Kid A´ polarisierte, und ich bin bis heute nicht ganz sicher, auf welcher Seite ich stehe, aber allein das Polarisieren selbst reichte, um mich aus den Socken zu hauen und nie mehr loszulassen. Wenn ich höre, mit welchem Verve Yorke bei ´How To Disappear Completely´ schief singt, weil das nun mal schief hängen muss, das Bild, aus dem er fällt, in den Lyrics, dann wünsche ich mir, ich hätte diesen Mut, und dann gelingt es mir, ein Quantum davon aufzubringen und auf mein Ego zu scheißen – wie RADIOHEAD nach ´OK Computer´ es taten, wie Thom es tut, wenn er seine Stimme einfach nur so klingen lässt, wie der Song es fordert, und wenn eine Band von 5 Musikern einen Song mit 2 Instrumenten rausbringt – wie ´Idioteque´. Mich hat ´Kid A´ das Arrangieren gelehrt wie kaum ein anderes Album: Die Kunst, auch geliebte Linien zu opfern, wenn das Stück schlanker werden muss.

7) a-ha – Scoundrel Days und Hunting High And Low

Ja, das gilt! Denn selbst Pal hat zugegeben, dass das eigentlich ein einziges Album ist, das sie aber so viele Songs hatte, dass sie es in zwei Teile schneiden mussten. Was mich daran so fasziniert hat? Wie großartig man komponieren kann, ohne eine Pop-Attitüde zu verlieren! Die Rückung in der Strophe von ´Hunting High And Low´ ist einfach genial. Die Melodien von ´The Sun Always Shines´ sind der helle Wahnsinn, das kommt eigentlich erst unplugged so richtig raus. ´Living A Boy’s Adventure Tale´? Pures Gold. Und so weiter! Diese Haltung, dass man intelligent eingängig sein kann, die ist mir immer im Hinterkopf, wenn ich selbst schreibe, und ich finde, dass ich immer dann meine besten Sachen mache, wenn mir das gelingt. Aber a-ha gelingt es praktisch immer.

8) BJÖRK – Vespertine

Apropos Island. Dieses Album hat nur mittelbar Einfluss auf meine Musik genommen, nämlich als Stimmung. Ich kann ganz einfach nicht so schreiben und arrangieren und singen wie Björk, nicht mal in einer t-schen Version davon kann ich das. Aber ich versuchte und versuche es immer wieder. ´I Saved The World´ von ´Anti-Matter Poetry´ ist am deutlichsten von Björk inspiriert, und auch dieses Stück kommt nicht weit genug aus der t-Konvention hervor, um auch nur annähernd den Zauber zu entfachen, den ich bei ´Vespertine´ empfinde. Und bei ´Unison´, da heule ich.

Es ist einfach zu schön, als dass man es sein lassen könnte. Oder sollte.

9) IQ – Ever

Ich muss mal ein Geständnis machen: Ich mag eigentlich kaum Progressive Rock. Ehrlich, ich höre kaum welchen. Das ist übrigens ein Schicksal, das ich mit Mike Holmes von IQ teile. Mike – heute mein Labelboss bei GEP – sagte mir vor ein paar Jahren, dass er Prog nur machen, aber nicht hören wolle. Ich konnte das sofort nachvollziehen, so widersprüchlich es auch sein mag, und fragte mich, ob es FreeJazzer geben könnte, die das auch sagen würden. Eine Ausnahme dabei bildet aber ´Ever´, IQs meiner Ansicht nach bestes Album, bis heute. John Jowitt – inzwischen ein Freund und Kollege, mit dem ich an Projekten arbeiten durfte und darf – spielt einen Bass, der an Melodik und Punch inspirierend wirkt, und Mike Holmes spielt lakonisch, aber emotional, und immer das Passende ohne große Effekthascherei. Petes Stimme ist einfach toll, und als wir beim Einsingen in Oberhausen zusammen unsere Skalen angingen, war ich halb Fan und halb Mit-Aufwärmer. Aber vor allem sind es die Kompositionen, die ´Ever´ aus dem Neoprog-Gegähne herausgehoben haben, für mich.

10) PETER GABRIEL – Us

Der Sound hat mich umgehauen. Ich glaube, ich bin der einzige, der Lanois Mix und auch das dumpfe Mastering zu schätzen wusste. Auch hier gilt für mich: Das ist nicht sperrig, aber es ist auch nicht platt. Vielleicht bin ich im Herzen doch ein Popper (geblieben), aber ´Us´ ist für mich nach wie vor das beste Gabriel-Album, auch wenn ´i/o´ ihm große Konkurrenz macht in meinem Kopf. ´Blood Of Eden´ und seine Bridge („On my request…“) hat mich jahrelang auf die Suche gehen lassen, wie man diesen Sound erzeugt, und ich weiß nicht, wie oft ich David Rhodes‘ Gitarrenidee an dieser Stelle bereits geklaut, äh, in einer Hommage an ihn funktionalisiert habe. Sinead. Tony. Manu. Und über allem dieser Prophet V, seitdem mein Go-To-Synthesizer, und dieser entrückende Hall.

Eines dieser Alben, die wahrlich Leben verändern, zum Beispiel meins.

10komma5) SARAH McLACHLAN – Fumbling Towards Extasy. Oder doch Surfacing? Hm.

Sorry, muss einfach noch rein. Weil ich hier gelernt habe, wie man das Piano einsetzen kann. Wie man Drums mystisch, aber druckvoll macht. Was ´The Cry´ beim Singen eigentlich ist. Wie tief ein Bass klingen kann, ohne dass die Kick nicht noch tiefer wummt. Tom Lord Alge und seine Produktionstricks, Pierre Merchant und seine Visionen von Orgelsound. Und was für Melodien, was für Arrangements, was für wundervoll weiche, aber röhrende Gitarren.

Mein Sound ist sehr stark von Sarahs Arbeit auf diesen Alben beeinflusst.

 

 

 

Was bewegt Musiker, auf die Bühne zu gehen? Nachdem t 2018 zum Frontman der Eclipsed-Allstar-Band gewählt wurde, erwähnte er unvorsichtigerweise, dass er Lust hätte, nach fast 20 Jahren aus dem Studio zurück auf die Bühne zu kommen.

Eine Woche später war er als Samstags-Act beim „Night of the Prog“-Festival gebucht und spielte dort u.a. mit Tangerine Dream, Nick Mason (Pink Floyd) und Steve Hillage.

Es gelang ihm, eine so schlagkräftige Liveband zusammenzustellen und seinen Sound mit der für ihn typischen Akribie so perfekt zu gestalten, dass er vom Publikum zum “Best Act 2019” gewählt wurde. 

Das währenddessen entstandene Album ´Pareidoliving´ hat 2022 indes die europäischen Indiecharts gestürmt und wurde mit Werken von PORCUPINE TREE und MARILLION im wichtigsten internationalen ArtRock-Forum unter die drei besten Alben des Jahres gewählt. 2023/24 wird t auf verschiedenen Festivalbühnen sehen.

Was erwartet die Zuschauer auf dem nächsten Konzert in Trier? Wie schon in den Jahren zuvor wollte t, der aus der Eifel stammt, die Tour aber unbedingt „daheem“ beenden und freut sich riesig auf die Rückkehr nach Trier, wo er 10 Jahre gelebt hat. Zur Feier des Tages hat er ein paar alte Perlen mitgebracht; unter anderem wird zum ersten Mal seit 2002 ein Stück aus der SCYTHE-Zeit gespielt werden!

Support sind DEAD AIR POETRY und AWAITING DAWN

Hier gibt es Tickets!

„Der beste Film, den Sie dieses Jahr hören werden.“ (Rolling Stone)
„Das Mastermind des Avantgarde Pop“ (Amazona)
„Der deutsche Steven Wilson, nur besser“ (Musicheadquarter)
„Der unbekannteste Topstar der deutschen Musikszene“ (SaitenKult)