PlattenkritikenPressfrisch

DAVID JUDSON CLEMMONS – Lights For The Living

~ 2022 (Village Slut Records) – Stil: Prog/Metal ~


Dass David Judson Clemmons nach seiner letzten Solo-Scheibe ´Tribe & Throne´ eine weitere vorlegen und nicht mit einem seiner Projekte, etwa JUD, THE FULLBLISS oder gar DAMN THE MACHINE, vorstellig werden wird, darf nach den vergangenen zwei Jahren als absehbar erachtet werden.

Denn der gebürtige US Amerikaner fühlte sich im Deutschland der Jahre 2020 und 2021, genauer gesagt im Berliner Umland mit seiner Familien eingesperrt. Er nutzte allerdings die Wochen und Monate, um an seiner vierten Solo-Scheibe zu werkeln. David Judson Clemmons (Gesang, Gitarre) tauschte sich schließlich gezwungenermaßen mit seinen Mitmusikern Thomas Götz (Schlagzeug) und Early Grey (Bass) über das Netz aus.

 

 

Die gesellschaftliche Dunkelheit und die menschliche Traurigkeit ist daher in den Kompositionen von ´Lights For The Living´ nicht zu überhören. Die in den sechs Liedern zumeist anzutreffende Niedergeschlagenheit entlädt sich dennoch in einer metallischen Hitze, die von einer Progressivität oder schlicht Andersartigkeit genährt wird. In der Gegenwart stellt sich David Judson Clemmons damit in eine Reihe mit den nimmermüden Kämpfern gegen die Gleichförmigkeit wie Gerry Nestler, Kenn Nardi oder Jason Bieler.

 

Die zehn Monate zuvor bestellte Vinyl-Edition mit einem Lyric-Poster.

 

Mit der Akustikgitarre steigt David Judson Clemmons in das eröffnende ´The Weakening´ ein. Bereits die sphärische Grundstimmung weckt umgehend alle proggy Geister, die seit den Neunzigerjahren umherschwirren. Die gesamte Bandkonstellation folgt jedoch auf dem Fuße, um mit einem Tanz auf dem Riff die böse Zeitschleife zu illustrieren, in der David Judson Clemmons und die Menschheit ihre Schwächung erfuhren („The more I need, the more I need. To rise above, this borderline. You’ll learn to need, the weakening.“). Niedergeschlagen zieht es David Judson Clemmons durch die leeren und gesetzlosen Schluchten von ´Berlin´ („Now ride through this valley alone.“). In der jauchzenden und jubilierenden Tristesse offenbart sich die gesamte Tragweite seiner Stimmung.

Diese anhaftende Schwere des Gemütszustandes schleppt auch der progressiv metallische Brocken ´Human Odyssey´ mit sich herum („Down here in the old world. Nothing ever changed.“). Die gewohnt hektische Rhythmik zeigt der Heavy Prog von ´The More I See´ bald in vollem Umfang („The more I see, the more I die.“), der Tribal-Beat der City zieht sich hingegen durch die mörderische Einsamkeit von ´Death Is A Room´ („Release me, release me. When death gets a room alone. Release me.“). Erst heavy, nach 80s-Ur-Extrem-Metal brummend, dann mit der Akustikgitarre die Atmosphäre lieblich, psychotisch wohltuend erneut aufbauend, zeigt sich ´Sea Of Ends´ in der Unendlichkeit des Moments („If you finally find the answer. It’s gonna be more than you need.“). Ein Augenblick, der ewig erscheinen mag, doch tausend Jahre sind ein Tag.

(8,5 Punkte)

 

https://web.facebook.com/JudTV/
https://davidjudsonclemmons.bandcamp.com/album/lights-for-the-living