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MAN – Faith: Live At Theaterhaus Stuttgart

~ 2021 (MIG Music) – Stil: Rock/Psychedelic ~


Wales hat viele bekannte Gesangsgrößen wie Tom Jones oder Bonnie Tyler hervorgebracht. Während die heutige Ü30-Generation mit SKINDRED und STEREOPHONICS aus Wales aufgewachsen ist, die Ü40er mit den MANIC STREET PREACHERS, kennen die Ü50-Musikhörer der Gegenwart allerdings noch einen der vielversprechendsten Acts der Siebzigerjahre aus Wales.

Auch wenn nicht sofort jeder Überlebende deren Klassiker-Alben, wie etwa ´Revelation´ (1969), ´Man´ (1971), ´Back Into The Future´ (1973) und ´Rhinos, Winos And Lunatics´ (1974), aufzählen kann, sind MAN, die 1968 aus der Harmonie-Popgruppe THE BYSTANDERS entstanden sind und in jenen Tagen lauter und progressiver als ihre Pub-Rock-Kollegen spielten, weitaus mehr als eine Formation aus der zweiten Reihe. Allein ihre Klassiker sind Beweis genug.

Dass sie allerdings über all die Jahrzehnte mit zahlreichen Besetzungswechseln zu kämpfen hatten, von der Urbesetzung bereits Micky Jones († 10. März 2010), Clive John († 24. August 2011) und Deke Leonard († 31. Januar 2017) verstorben sind und Martin Ace, der seit der dritten Studioscheibe zur Formation gehört und seit beinahe 20 Jahren von seinem Sohn Josh unterstützt wird, MAN jahrzehntelang durch die stürmischen Zeiten führte, verschafft ihnen in der Jetztzeit keine größere Aufmerksamkeit oder einen erhöhten Bekanntheitsgrad.

Am 10. März 2016 standen im Theaterhaus Stuttgart fünf Männer auf der Bühne: Bassist/Sänger Martin Ace, Tastenspieler Phil Ryan, der mit Unterbrechungen auch seit 1972 zu MAN gehörte, Gitarrist/Sänger James Beck, Schlagzeuger René Robrahn und Gitarrist/Sänger Josh Ace. Der Abend stand als Release-Show ganz im Zeichen ihres letzten Studio-Albums ´Reanimated Memories´, so dass MAN in dieser Nacht selbstverständlich acht Lieder aus diesem Werk uraufführten.

Ihre musikalische Ausrichtung an Bluesrock, Hardrock, Psychedelic Rock oder Folkrock berührte gerade aus diesen neuen Kompositionen der tadellos gealterten Herrschaften auch den Bluesrock mit poppigen Tönen (´Ordinary Man´), den Country Rock (´The Ballad Of Billy Lee´) und natürlich ihr althergebrachtes Jam-Vermögen in einer Zehnminutennummer (´In Time´). Demzufolge bestanden die weiteren, über den Auftritt verteilten sieben Kompositionen auch vermehrt aus wohlbekannten, noch richtig feurigen Longtracks der Vergangenheit (´Many Are Called, But Few Get Up´ aus dem vierten Studioalbum und ´Conflict Of Interest (Do It)´ aus 2000) sowie obendrein das in einem Rutsch durchgespielte, beinahe dreiviertelstündige Drei-Song-Finale (´Spunk Rock´ aus 1977 sowie ´C’mon´ und ´Bananas´ aus 1972).

Phil Ryan verstarb allerdings am 30. April 2016 und kann die Veröffentlichung der Aufzeichnungen dieses Abends leider ebenfalls nicht mehr erleben. Liebhaber handgemachter Rockmusik, die Blues, Psych und Jams lieben, werden nach dem Genuss von ´Faith: Live At Theaterhaus Stuttgart´ nicht nur für ihn eine Träne vergießen. Die äußerst lebendige Ü50-Musikhörerschaft weiß ohnehin, was zu tun ist: sich auf einen weiterer Trip mit MAN, ´One More Ride On The Waltzers´, einlassen.

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