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CHUCK BERRY – Live From Blueberry Hill

~ 2021 (Dualtone) – Stil: Rock’n’Roll ~


Wie seine Blues-Kollegen wie Muddy Waters oder Willy Dixon war Chuck Berry der Urheber vieler Gassenhauer, die aber erst so richtig durch Bands wie THE BEATLES oder THE ROLLING STONES zu Hits geworden sind. Der große Reibach wurde nicht von den Urhebern, sondern den „weißen“ Bands gemacht.

Auf dieser Live-Aufnahme, die von Konzerten zwischen 2005 und 2006 zusammengestellt wurden (da war er knapp 80 Jahre alt), sind sie alle drauf, die großen Hits: ´Roll Over Beethoven´ und ´Rock And Roll Music´ – eines der ersten BEATLES-Lieder, an die ich mich aus meiner Kindheit erinnern kann. ´Carol´ und ´Litte Queenie´, gerne immer wieder von den STONES gecovert. ´Sweet Little Sixteen´ oder das unverwüstliche ´Johnny B. Goode´. Alles absolute Klassiker der Rockmusik. Mit Little Richard oder Bo Diddley wurde der Rock’n’Roll maßgeblich von Chuck Berry aus dem Rhythm and Blues entwickelt. Aber auch beim vom Rock’n’Roll-Schema abweichenden Songs wie dem T-Bone Walker-Cover ´Mean Old World´ zeigt Chuck Berry auf dieser Aufnahme seine großartigen musikalischen Qualitäten.

Elvis Presley und Jerry Lee Lewis waren neben Bill Haley die ersten Musiker, die mit Rock’n‘Roll richtig Geld verdienten, bevor die BEATLES und die STONES die Songs von Chuck Berry rauf und runter spielten. Anderseits wurden erst durch Elvis und andere die Urheber der Songs entdeckt und konnten im Fahrwasser wenigstens etwas Erfolg feiern.

Chuck Berry hat wahrscheinlich mehr Rockbands beeinflusst als jeder andere Künstler aus den 50ern und 60ern. Zu seinem Tod 2017 wurde er sogar des Öfteren als der wichtigste Rockmusiker aller Zeiten bezeichnet. Er war ein starker Sänger, hervorragender Songwriter und vor allem ein starker Einfluss auf weitere bahnbrechende Gitarristen wie den größten, Jimi Hendrix, der allerdings stärker von Elvis und Buddy Holly beeinflusst wurde, aber der Legende nach von Willie Dixon auf Chuck Berry aufmerksam gemacht wurde und den kleinsten (nur von der Körpergröße) Angus Young. Wurde Angus in Interviews nach seinen Einflüssen gefragt, tauchte immer erst Chuck Berry auf. Auch den beschleunigten „Entengang“ hat Angus von Chuck übernommen und das Biegen und Strecken der Saiten auf der Gitarre. Aber auch THE YARDBIRDS, THE ANIMALS, ja gar die THE BEACH BOYS starteten mit Chuck Berry-Songs.

Und Chuck hat auch den Humor in die Rockmusik gebracht. Man denke nur an das geniale ´School Days´, das jedem Schüler aus dem Herzen spricht oder an seine Texte über das kleinbürgerliche Amerika und die amerikanische Konsumgesellschaft. Von 18 bis 21 Jahren saß er im Gefängnis (1961 noch einmal wegen eher unschöner Vorwürfe), er war Friseur und in der Industrie. Deshalb waren seine Songs auch so aus dem Leben gegriffen. Im Nachruf in der „Welt“ zu seinem Tod 2017 ging man sogar so weit zu sagen, ohne ihn hätte es auch keinen Bob Dylan gegeben.

Egal, ob das wirklich so ist, hier liegt ein großartiges Vermächtnis von einem der großen Rock-Pioniere vor. Wer sich mit Chuck Berry nicht wirklich befasst hat, bekommt hier eine Best of (na ja, ohne ´School Days´ oder ´Maybellene´) geliefert mit gutem Sound und viel Spielfreude.

(Ohne Wertung)