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HANS-A-PLAST – Live At Rockpalast 1980

~ 2021 (MiG Music GmbH) – Stil: Punk ~


Beinahe wie bei einer der größten Pop-Gruppen aller Zeiten umfasste die Besetzung von HANS-A-PLAST schlicht zwei liebenswerte Pärchen. Doch die zu Beginn aus Jens Meyer († 2021, Gitarre), Renate Baumgart (Bass), Micha Polten (Gitarre) und Bettina Schröder (Schlagzeug) bestehende Punk-Band bot im November 1978 nach ihrem ersten Auftritt auf dem allerersten „No-Fun-Festival“ in einem Hannoveraner Jugendzentrum der Sängerin Annette Benjamin von der Braunschweiger Band SCHLEIM den Job am Mikrofon an.

Durch Annette Benjamin besaßen HANS-A-PLAST fortan dieses Besondere, das eine Gruppe Auszeichnende, so dass die Plattenfirmen nicht erst auf dem Höhepunkt der Neuen Deutschen Welle des Öfteren bei ihnen anklopften. HANS-A-PLAST blieben jedoch integer und autark und veröffentlichten 1979 ihr in vier Tagen eingetütetes Debüt ´Hans-A-Plast I´, das sich in kürzester Zeit 20.000 Mal verkaufte, in Eigenregie. Vielleicht war der Erfolg auch auf dem Cover-Artwork zu finden, das eine brennende Ratte von Cartoonist Uli Stein zeigte.

HANS-A-PLAST gründeten jedenfalls 1979 ihr eigenes Label „No Fun Records“, das auch Scheiben von ROTZKOTZ, BÄRCHEN UND DIE MILCHBUBIS sowie MYTHEN IN TÜTEN veröffentlichte, und brachten das Debüt nochmals und 1980 auch ´Hans-A-Plast II´ heraus. Vor ihrem dritten, 1983er Studioalbum ´Ausradiert´ legten sie allerdings eine Pause ein. Als sie schließlich zu ihrer Comeback-Tournee aufbrechen wollten, wurde Annette Benjamin schwanger. Die Tournee geriet somit gewissermaßen zu einer Abschiedstournee. Denn Annette Benjamin heiratete, verließ die Band und HANS-A-PLAST lösten sich auf.

Mit ´Live At Rockpalast 1980´ darf der Hörer nochmal in die Welt von HANS-A-PLAST und die der frühen Achtzigerjahre eintauchen, als diese im Hamburger Punk-Club „Krawall 2000“ oder in der Wuppertaler „die Börse“ sowie auf Antifa-Festivals in Berlin und auf dem „Into The Future“-Festival in Hamburg zu Beginn ihrer Karriere spielten. Am 2. Juli 1980 spielten sie indes im „WDR Studio A“ in Köln, bevor sie im November 1980 für das Zweitwerk ins Studio gehen sollten, und begrüßten das Publikum durch Annette Benjamin auf schlichte und saloppe Art: „Der Rockpalast – zu Gast bei Hans-à-Plast.“

Sie spielten für jene Zeiten provokantes wie ´Rank Xerox´ und ´Hau ab, du stinkst´ vom Debüt und auch Annette Benjamin nahm kein Blatt vor den Mund. „Klatsch, klatsch, klatsch, ein bisschen mehr Begeisterung, bitte, Ihr seid im Fernsehen heute Abend, vergesst das nicht, außerdem brauchtet Ihr auch keinen Eintritt bezahlen,“ wird das Publikum von ihr ganz unverkrampft animiert. Obendrein stehen natürlich an dem Abend, der jetzt via CD/DVD nacherlebt werden kann, geile Kracher wie ´Es Brennt´, ´Reicher Vati´, ´Lederhosentyp´ oder ´Ich Zünd Mich An´ auf dem Programm.

„Dann fühl‘ ich mich so als Rädchen, kleine Tütchen, das nette Mädchen von nebenan. Soll ich fernsehn? Hör ich Radio? Les‘ ich Zeitung? Mein Abenteuer will ich jetzt.

Geh‘ ich zum Bahnhof mit Streichholz und Benzin. Jetzt ist Büroschluss. Ich wickle mich in mein Laken ein, Leute bleiben gespannt stehn – atemlos, kein Mensch schreitet ein. Jeder will das sehn. Eine Sensation. Jeder will mich sehn, ich bin ein Problem. Wer verpasst schon eine Sensation. Ich zünd mich an.“