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MARISSA NADLER – The Path Of The Clouds

~ 2021 (Bella Union) – Stil: Singer-Songwriter ~


Da sitzt sie nun in Nashville, in das Marissa Nadler gerade von Boston gezogen ist, und fühlt sich gefangen in einem goldenen Käfig. Das Fernweh im Kopf, führt in dieser Situation zu inneren Beklemmungen, das Gefühl von Freiheit weicht von Tag zu Tag. Um die düsteren Gedanken hinfortzublasen, muss sie sich in einen neuerlichen Schreibprozess stürzen, der sie schließlich dazu zwingt, sich neben dem üblichen Gitarrenspiel auch etwas am Klavier zu versuchen.

Die Vorhänge an den Fernstern immer noch zugezogen, vergisst sie Raum und Zeit, lässt die Welt dort draußen weiter taumelnd untergehen und schreibt elf Kompositionen, die sie erstmals selbst produziert.

Marissa Nadler kreiert in ihren jüngsten Vorträgen neue Landschaften und lässt die Schranken zur Erdichtung fallen. Sie schaut erneut die Serie „Unsolved Mysteries“ und beginnt, gesicherte und ausgedachte Geschichten zu erspinnen.

Einige Musikerkollegen helfen dabei mit, diesen gespenstischen Dunstkreis auszumalen: die Songschreiberin und Gitarristin Emma Ruth Rundle, Harfenistin Mary Lattimore, Bassist Simon Raymonde (COCTEAU TWINS, THIS MORTAL COIL), Jesse Chandler (MERCURY REV), Amber Webber (BLACK MOUNTAIN, LIGHTNING DUST) sowie Multiinstrumentalist Milky Burgess (Score von Cosmas Panatos‘ ´Mandy´).

Die Akustikgitarren surren, hier und da ertönt ein Klavier, der Bass brummt melodisch im Zwielicht. Flöte sowie Cembalo setzen das folkloristische Element und die Atmosphäre treibt federleicht in himmlischen Sphären, ohne ein düsteres Dröhnen und Brummen zu unterlassen.

Es ist ein wahres Traumerlebnis, sich auf das hervorstechende ´Bessie, Did You Make It?´, und sich auf die Klänge voller Wollust im Winde eines ´The Path Of The Clouds´ einzulassen, mit einem elegischen Gitarren-Solo, das seinen Widerhall in den frühen Seventies sucht. Traumwandlerisch sicher wandelt Marissa im Dream Pop von ´If I Could Breathe Underwater´ und ´From Vapor To Stardust´. Bleihaltige Atmosphäre verfängt sich in ´Couldn’t Have Done The Killing´ im Americana und beschwört diese in ´Well Sometimes You Just Can’t Stay´ mit feinen sowie harschen E-Gitarren. Auch die Klavierklänge im Nebel von ´Elegy´ rollen einen Teppich zum Einkuscheln wie die Orgelklänge zu den angerissenen Gitarrensaiten von ´Storm´ aus. Sanft jaulen die Saiten zum Ausklang in ´Lemon Queen´ und einer durchgehend entrückten und unheilvollen Atmosphäre des Werkes.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/MarissaNadlerMusic


Pic: Nick Fancher