TRANSATLANTIC – The Absolute Universe
~ 2021 (InsideOut) – Stil: Prog Rock ~
Die Megalomanie im Hause TRANSATLANTIC kennt keine Grenzen. Dabei begann alles so ruhig und gelassen im September 2019, als sich Neal Morse (Keyboards, Gitarren, Gesang, ex-SPOCK’S BEARD, FLYING COLORS), Roine Stolt (Gitarre, Gesang, THE FLOWER KINGS, THE SEA WITHIN), Pete Trewavas (Bass, Gesang, MARILLION) und Mike Portnoy (Schlagzeug, Gesang, ex-DREAM THEATER, FLYING COLORS, SONS OF APOLLO) in Schweden trafen, um das fünfte Album zu komponieren und zu arrangieren.
Weil Roine und Pete nicht in die Staaten fliegen konnten, kamen diesmal Neal und Mike nach Schweden und entwarfen in zehn bis vierzehn Tagen neue Lieder. Anschließend ging jeder, wie bei jeder Produktion, in sein Homestudio zurück und nahm seinen Anteil auf. Im Laufe dieser Wochen und Monate entwickelte sich jedoch mehr Musik als auf einer einzelnen Scheibe Platz finden kann. Pete und Mike kamen daher auf die sonderbarste Idee. Da sie bereits die Kompositionen in dieser Länge aufgenommen hatten und sich nicht zwischen einem Doppel-Album und einem Einzel-Album entscheiden konnten, sie hätten bei einer Entscheidung für die zweite Möglichkeit Musik rausschneiden müssen, wollten sie ein Doppel- und ein Einzelwerk veröffentlichen.
In der Folge beendeten TRANSATLANTIC die Aufnahmen für das Doppel-Album, das den Titel ´The Absolute Universe: Forevermore (Extended Version)´ tragen sollte und arbeiteten anschließend die Einzel-Album-Version aus, die ´The Absolute Universe: The Breath Of Life (Abridged Version)´ betitelt werden sollten.
Dennoch ist die 90-Minuten-Version nicht nur die ausgedehnte Fassung der 60-Minuten-Version. Letztere ist genauer gesagt keineswegs eine gekürzte Fassung, sondern wurde vollständig neu aufgenommen und enthält umgeschriebene Texte, abgeänderte Songtitel und zudem drei Lieder, die nicht in dieser Form auf der Langversion zu finden sind.
1 Overture 00:05:53
2 Reaching For The Sky 00:05:40
3 Higher Than The Morning 00:04:32
4 The Darkness In The Light 00:05:43
5 Take Now My Soul 00:03:31
6 Looking For The Light 00:04:04
7 Love Made A Way (Prelude) 00:02:13
8 Owl Howl 00:05:26
9 Solitude 00:04:24
10 Belong 00:02:22
11 Can You Feel It 00:03:17
12 Looking For The Light (Reprise) 00:04:57
13 The Greatest Story Never Ends 00:02:57
The Absolute Universe: The Breath Of Life (Abridged Version)
´The Absolute Universe´ basiert nicht überraschend auf einem Konzept und lässt Vergleiche mit dem dritten TRANSATLANTIC-Werk, ´The Whirlwind´, zu. Dementsprechend soll es gleichfalls als ein einziger Mega-Song mit einzelnen Abschnitten aufgefasst werden.
Die konzeptionelle Idee vermittelt dem Zuhörer den heutzutage alltäglichen Lebenskampf, den jeder in der Gesellschaft auszufechten hat, ohne im Detail politisch zu werden. ´The Absolute Universe´ befasst sich im Wesentlichen mit den verrückten Zeiten des Jahres 2020 und seinen Auswirkungen, wobei das Einzelwerk gegenüber dem Doppelwerk die in jenem Jahr ausgerufene Pandemie mehr in den Mittelpunkt stellt.
Die Umsetzung auf dem Cover-Artwork verdankt die Band Thomas Ewerhard, der bereits zahlreichen Formationen, auch denen der beteiligten Musiker, zu ihrem Glück verholfen hat. Ähnlichkeiten mit diversen AYREON-Covern und den von Thomas Ewerhard zuvor beglückten Prog Rock-/Metal-Bands sind nicht von der Hand zu weisen.
Dass ´The Absolute Universe´ in letzter Konsequenz kein einzelner Longtrack mit Unterteilungen ist, trägt ´The Breath Of Life (Abridged Version)´ klar nach außen. Die Songs sind allesamt kompakt in ihrer Darstellung und entsprechen vielen Kompositionen, die aus dem Hause NEAL MORSE BAND und FLYING COLORS bekannt sind, der Schuss FLOWER KINGS lebt insofern eher in den Instrumental-Abschnitten auf. Der Prog-Faktor ist folglich zum Bedauern aller Hardliner der TRANSATLANTIC-Supergroup nicht allzu hoch.
Nach der mittlerweile üblichen ´Overture´, die hier kürzer als in der Langversion ausfällt, startet ´Reaching For The Sky´ konkret das 60-minütige Abenteuer des ´The Absolute Universe´. Ein schnuckeliger Song, der in dieser Version allein hier anzutreffen ist. Im Endeffekt ist er jedoch nur eine Abwandlung von ´Heart Like A Whirlwind´, dem ersten Gesangsstück nach der ´Overture´ auf der Langfassung, dem hier ebenfalls an dritter Stelle ´Higher Than The Morning´ folgt. Kleine Songs wie ´The Darkness In The Light´ und ´Love Made A Way (Prelude)´ erzählen einfach nur die Geschichte fort oder offenbaren bereits später nochmals auftauchende Melodien. Die elegische Ballade ´Take Now My Soul´ entspricht ´Swing High, Swing Low´ in der Langfassung und ist ebenso wie der flockige Rock-Prog-Song ´Can You Feel It´ nur hier anzutreffen. Ansonsten sind natürlich auch die für das Konzept notwendigen Songs, wie etwa ´Looking For The Light´ mit Mike Portnoy am Gesang und ´Belong´ sowie die drei Songs des Finales enthalten: ´Looking For The Light (Reprise)´, ´The Greatest Story Never Ends´ und ´Love Made A Way´.
Disc 1:
1 Overture 00:08:11
2 Heart Like A Whirlwind 00:05:11
3 Higher Than The Morning 00:05:29
4 The Darkness In The Light 00:05:43
5 Swing High, Swing Low 00:03:48
6 Bully 00:02:11
7 Rainbow Sky 00:03:19
8 Looking For The Light 00:03:59
9 The World We Used To Know 00:09:21
Disc 2:
1 The Sun Comes Up Today 00:05:38
2 Love Made A Way (Prelude) 00:01:25
3 Owl Howl 00:07:05
4 Solitude 00:05:41
5 Belong 00:02:49
6 Lonesome Rebel 00:02:53
7 Looking For The Light (Reprise) 00:05:12
8 The Greatest Story Never Ends 00:04:17
9 Love Made A Way 00:08:02
The Absolute Universe: Forevermore (Extended Version)
Da die 60-minütige Variante ´The Breath Of Life (Abridged Version)´ den Musik-Junkie nicht vollends befriedigt (und im Digipak oder als 2-LPs + CD erhältlich ist), bietet sich unbedingt die 90-minütige Version ´Forevermore (Extended Version)´ an (die als 2-CD-Digpak oder 3-LPs + 2-CDs angeboten wird).
Für die Die-Hard-Anhängerschaft ist die ´The Absolute Universe – The Ultimate Edition´ (5-LPs + 3-CDs + Blu-Ray) unerlässlich, die beide Versionen enthält sowie obendrein noch eine dritte (!), 100 Minuten lange Version auf Blu-Ray. Die “5.1 Mix The Ultimate Version” auf Blu-Ray ist “fanfreundlich” gleichfalls separat erhältlich.
War der Vorgänger vor sieben Jahren, ´Kaleidoscope´, bereits der größte Blockbuster des Jahres, muss bei ´The Absolute Universe´ vom Mega-Blockbuster des Prog Rock gesprochen werden.
Das Mega-Epos ´Forevermore (Extended Version)´ steigt mit einer weitaus längeren ´Overture´ ein, bei der bereits gesungen werden darf (“Be long – be long – better to belong”), und verweist damit gesanglich auf entsprechende Abschnitte und den im Verlauf folgenden Song ´Belong´. Das sich anschließende ´Heart Like A Whirlwind´ ähnelt mit einem beinahe vollständig anderen Text sehr ´Reaching For The Sky´ aus der 60-minütigen Album-Variante und trägt die Musik mit Chor in den Freudenhimmel, inklusive der gewohnten Morse´schen Melancholie (“All along a secret song was playing in my mind, like a window to another world, it’s hard to leave the storm when it’s still raining deep inside, and your heart is like a whirlwind, yeah, your heart is like a whirlwind, raging through the sky.”).
Abnorme Innovationen in den Melodiefolgen dürfen selbstredend nicht erwartet werden. ´Higher Than The Morning´ schwelgt sodann mit seinem Hochgesang noch mehr in den Wolken und enthält zur gewollten Auszeichnung der Scheibe als Mammut-Epos kleine Teile von ´Belong´ und des bereits vorgetragenen ´Heart Like A Whirlwind´.
Kurze, fünfminütige Singalongs wie ´The Darkness In The Light´ (“You seek the blackness in the white. You see the darkness in the light.”) sowie lässiges wie ´Swing High, Swing Low´ (“Swing high, swing low, just get me through to tomorrow, swing high, swing low, carry me through Lord, I’m comin’ home.”) führen die Story fort, ehe ´Bully´ einfach im selben Kanon flotter und kraftvoller weiter swingt. Die Ausrichtung der Lyrik belegt, dass sich der bekennende Christ Neal Morse in hohem Maße für sie verantwortlich zeichnen dürfte.
´Rainbow Sky´ (“Oh ho ho. So you hold on tight to that big old lie. Oh ho ho. Why don’t you turn with the wind? Fly in a rainbow sky.”) ragt mit seinen BEATLES- bzw. JELLYFISH-Gesängen aus dem Werk heraus. Dagegen ist ´Looking For The Light´ näher am SPOCK’S BEARD- sowie das halb-finale, neuneinhalbminütige ´The World We Used To Know´ (“The world we used to know is slowly changing. The things we learned to fear keep on rearranging. The upside will fall down – and while we watch, we live we learn. This old world keep on turning – then burn, burn, burn!”) mit singender Gitarre mehr im FLOWER KINGS-Universum beheimatet.
Der zweite Silberling beginnt mit dem klassischen ´The Sun Comes Up Today´, in gewohnter Tradition seiner Musiker, und schwenkt zum Ausklang im Chorgesang in die Zeilen von ´Higher Than The Morning´ um. ´Love Made A Way (Prelude)´ bereitet den Zuhörer in seiner Akustikgitarren- und Kurz-Version auf das erst noch zu erwartende Hauptstück dieser Komposition vor.
Indes der erste Silberling einen Ohrenschmeichler nach dem anderen in die Gehörgänge trägt, wagt sich der zweite kurzerhand auf anderes Terrain. Die dunklen Seiten der Gegenwart betont nun ´Owl Howl´ extravagant im Fortgang der Handlung. Zu dieser kleinen Finsternis im strahlenden TRANSATLANTIC-Space-Kosmos trägt die Stimme von Roine Stolt noch bei. Skurril tönt in dieser Welt hingegen der Gesang von Pete Trewavas in ´Solitude´ (“There in the dark with my solitude, looking for answers to questions why, asking myself, what will I become? Searching for clues that will ease my mind.”).
Endlich erscheint auch das bereits mit seinen Gesängen mehrfach angeklungene ´Belong´ in gar nicht allzu stolzer Länge. Bevor sich ´Looking For The Light´ (“Don’t sink into the night. Keep looking for the light.”) noch seine ´Reprise´ gönnt, kommt der ´Lonesome Rebel´ schüchtern um die Ecke. Zwei letzte Einschläge noch und das Universum ist vollendet (“But as every one of us alive already knows. The greatest story never ends”).
´The Greatest Story Never Ends´ greift neben seiner instrumentalen Ausschweifung erneut das ´Belong´-Thema auf, indem der Chorgesang in bester Art und Weise á la GENTLE GIANT, wie von SPOCK’S BEARD oft nachgeahmt, vorgetragen wird. An letzter Stelle bauen sich von neuem die Melodien von ´Love Made A Way´ hymnisch auf, bis sich alle Freudenfontänen vom Himmel her ergießen. Denn ganz gleich, was im Universum noch passiert, die Liebe bleibt:
“Love made a way, when there was no way out, open the moment, your heart it holds the key. Bright – as a new morning. Rush – as the sky soaring. Wide – as the open sea. Free – ‘cause it costs nothing. High – as the sun pouring. Love – even down to me. After the rain.
All that will remain is LOVE.”
(9 Punkte)