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BL‘AST! – Manic Ride

~ 1989/2023 (Southern Lord) – Stil: Hardcore Punk ~


Man lernt eine gute Backgroundstory meistens gerade erst dann zu lieben, wenn es um ein neues Album geht, nicht zuletzt um eine Neuauflage, und hier gibt es eine großartige. BL‘AST!  waren eine bahnbrechende kalifornische Hardcore-Band aus der Mitte der Achtziger, die den dreckigen, verdrehten Punk-Riff-Sound von BLACK FLAG neu erforschte, als die Flagger ihre Haare lang wachsen ließen und viel zu viel Gras rauchten. Ihr Debütalbum ´The Power Of Expression´ von 1986 war eine Lektion in wütendem, aggressivem und disharmonischem Hardcore und gehört zu den versteckten Juwelen im „SST Records“-Katalog, und ihr Abschiedswerk ´Take The Manic Ride´ erstrahlt nun rund 35 Jahre später ebenfalls in völlig neuem Glanz, akribisch geremastered von Brad Boatright.

Die Geschichte geht jedenfalls dahin zurück, dass die Band bereits im Juni 1988 ihren harschen Live-Sound in Kooperation mit BLACK FLAGs Hausproduzent Dave Rat ins Studio brachten, um die halsbrecherische ´Take The Manic Ride´ aufzunehmen, aber die Version wurde erst einmal ad acta gelegt, weil die Band mit der Produktion unzufrieden war, und es wurde schließlich eine neu aufgenommene Version der Öffentlichkeit präsentiert.

 

 

Wie es die Legende will, wurden die Masterbänder für diese erste Version in der Zwischenzeit zerstört und konnten nie wieder hergestellt werden, aber der neue Mix kommt dem damaligen wilden Durcheinander aus wütendem Lärm und Aggression nun deutlich näher, ist knackiger und klarer, aber auch wesentlich voller.

So demonstriert ´Manic Ride´ mit seinen elf Songs an zackigem und treibendem Hardcore den kruden Live Sound von BL‘AST! nun endlich wieder in beherzigender Frische, und der Spaß beginnt dann auch gleich mit einer zappelnden Basslinie in ´Somewhere I’ve Found/Falsehood Claws´, wenn Clifford Dinsmore dem Opener einige einschüchternde Vocals neben unberechenbaren Riffs verleiht.

BL’AST! geben schließlich am laufenden Band die scheinbar gleichen Akkordfolgen und Gesangsmelodien in einer wiederverwendeten Formel aus, aber gerade hier liegt letztlich der Reiz, denn es ist in erster Linie ihr vernichtender Sound, der einen mitzureißen versteht.

Diese Neuauflage ist so etwas wie ein Artefakt, das sich gleichzeitig magisch wie zerstörerisch anfühlt, und es mag ironisch erscheinen, dass eine Band, die so roh und unmittelbar klingt wie BL’AST!, derart viel Zeit damit verbringt, auf der Suche nach der perfekten Aufnahme herumzutüfteln, wenn der fertige Artikel so unpoliert klingt.

Aber gerade hier liegt schließlich auch das Problem: viele Bands, die sich in erster Linie als Live-Act sehen, finden ihren Sound vermindert, komprimiert und letztendlich schwach und ohne Biss, wenn sie versuchen, das Erlebnis in einer Studioumgebung festzuhalten. Mit ihrem ursprünglichen Hardcore und mit ihrer ätzenden Wut reißen dir BL’AST! mit über 30-jähriger Verspätung nun jedoch endlich wieder die Eingeweide heraus!

(8 Punkte)

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