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RISING INSANE – Afterglow

~ 2021 (Long Branch/SPV) – Stil: Metalcore ~


Mächtiger Metalcore from Schierbrok, mehr müsst Ihr eigentlich nicht wissen, um zum nächsten Dealer Eures Vertrauens zu eilen oder bis zum Sankt Nimmerleinstag Reißaus zu nehmen.

Wer davonrennt, flieht allerdings auch vor seiner inneren Wut und inneren Verzweiflung, denn dies sind die Eckpunkte, an denen sich RISING INSANE auf ´Afterglow´ reiben, anstatt wie in ´Nation´ (2017) das ganz große Dilemma der Gesellschaft auszukotzen.

Bereits mit ´Porcelain´ (2019) hatten RISING INSANE den inneren und eigenen, den übermächtigen Dämonen – Sänger Aaron Steinekers Schwester starb 2018 an Brustkrebs – Auge in Auge gegenüber gestanden. Wichtig ist derzeit jedoch, mit sich selbst im Reinen zu sein, um auch in diesen schwierigen Zeiten, Gemeinsamkeiten mit seinen Mitmenschen zu finden und eine höhere Verbundenheit zu spüren.

Während die deutschen Metalcore-Titanen in den letzten neun Jahren bundesdeutsche Jünglinge im Handumdrehen auf ihre Seite ziehen konnten, hat es für RISING INSANE mit der Weltherrschaft noch nicht geklappt. Und so lauern sie weiterhin Gruppen wie ARCHITECTS, POLARIS oder DAYSEEKER auf. Doch RISING INSANE haben unterdessen die Leidenschaft auf ihrer Seite. Zudem können nicht viele Formationen mit solchen Geschwindigkeitsvorgaben und solcher Technikaffinität mithalten.

 

 

Der Titeltrack ´Afterglow´ ist der pure Schmerz in beißender Trauer. Er spricht eine permanent währende Verzweiflung aus. Dieser mutmaßlich lebenslänglichen Qual stellt sich ´Meant To Live´ gewaltvoll entgegen. Mut zu schöpfen, ist die Pflicht eines jeden leuchtenden Erdenbewohners. Selbst wenn die inneren Dämonen immer wieder und wieder auftauchen und Oberhand gewinnen wollen, jeder Schrei in diesem ´War´ ist ein Hilferuf, aufgefangen und gerettet zu werden. Obwohl es jetzt eigentlich nicht mehr schlimmer werden kann, wird es mit einer Anhedonie im ´Flightless Bird´ ungemütlich, denn dann tritt gänzlich die Unfähigkeit hinzu, Freude und Lust zu empfinden.

Die spätabendliche ´Serenade´ widmet sich schließlich in Gänze den Depressionen und Angstzuständen. Demzufolge bekommen diese inneren Schweinehunde in ´Oxygen´ alle Ressentiments zu spüren. Dagegen spiegelt ´The Surface´ die schiere Angst, aus etwas nicht mehr herauszukommen, wider, bis ´Something Inside Of Me´ anklopft und einen mächtigen Schrei der Wut entfacht. Die Ziellosigkeit, mit der manch einer in ´Bend And Break´ zu kämpfen hat, macht ein Leben ohne Fixpunkte sogar weit weniger lebenswert.

Das Thema häusliche Gewalt kommt sodann in ´Broken Homes´ ebenfalls zum Zuge. Die Liebe zur ihrer Musik bezeugen RISING INSANE letztlich in ´Breakout´. Schließlich ist ´Imprisoned´ der finale Aufruf zum Zusammenhalt aller natürlich hell leuchtenden Geschöpfe. Kein Strohhalm ist zu kurz, als dass er nicht noch erreicht werden könnte; keine Finsternis so schwarz, als dass in ihr nicht noch ein Funken neuer Hoffnung entzündet werden könnte. Denn dies ist Euer Weihnachtsgeschenk von RISING INSANE. Seid gesegnet, Ihr erdverbundenen, funkelnden Geschöpfe.

(8 Punkte)

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