~ 2021 (Grönland Records/GoodToGo) – Stil: Electronic/EBM ~
Sie liebten sich und hassten sich, doch nur gemeinsam waren sie DAF: Robert Görl und Gabriel „Gabi“ Delgado-López.
Tragischerweise verstirbt Gabi Delgado im März 2020 kurz bevor sie ein fertig arrangiertes Werk im Studio aufnehmen wollen. And Then There Were One. Wie zu Debützeiten anno 1979 steht Robert Görl plötzlich ohne seinen schmerzhaft vermissten und unersetzlichen Kollegen am Mikrofon da. Dabei waren Robert Görl und Gabi Delgado so Feuer und Flamme, weil Görl in den letzten Jahren auf alten Tapes der 1980er einige unverwendete Sequenzen entdeckte, und sie mit der wiedergefundenen Seele ein 110-prozentiges DAF-Album aufnehmen wollten. Nun übernimmt Görl auch das Schreiben der Texte, das zuvor allein auf den Schultern von Delgado lag. Einen anderen Sänger zu engagieren, kommt nie in Frage. Ohne dessen Handschrift kopieren zu wollen, schreibt Görl als würde ihm sein alter Kollege zur Seite sitzen. Vielfach handeln sie daher von gemeinsamen Erlebnissen oder Begegnungen aus der Vergangenheit. Dank dem entschlossenen Beistand von Künstlerin/Produzentin Sylvie Marks vollendet Robert Görl dennoch ein weiteres DAF-Album, das zur Hommage an seinen verstorbenen Partner wird und den aufschlussreichen Albumtitel ´Nur noch Einer´ trägt.
Mit fünfzehn Kompositionen nimmt Robert Görl wohl endgültig Abschied von der DEUTSCH AMERIKANISCHEN FREUNDSCHAFT. Quietschende Sounds und Lachen dröhnen aus dem Keller des „Ratinger Hofs“ in Düsseldorf. Hier, wo alles begann, hier beschert ihnen die ´Erste DAF Probe´ auch gleich ihren „ersten Song“. Der Ausgangspunkt ihrer Karriere ist ebenso der des wohl finalen Werkes. Görl skizziert musikalisch ihre allererste Probe und trommelt sich die Jahre und Jahrzehnte aus dem Leib. Die Zeit von damals nochmals heraufzubeschwören, ist das Bestreben von DAF 2021, aber der Song ´Ein Kind aus dem Ratinger Hof´ ist ebenso eindeutig als Ehrerbietung anzusehen.
Die neuen DAF-Songs von Robert Görl besitzen allerdings auch in der Gegenwart eine hohe Anziehungskraft und mögen bisweilen aus ihrer Energie heraus in den puren Wahnsinn treiben. Das ist gut so, denn ´Kein Ausweg´ ist pure elektronische Offensive und ´Es muss ans Licht´ weitaus schneller in seinen Sequenzen. Die Elektronik bindet sich in ´Kunststoff´ an eine Hit trächtige Melodie oder in ´Gedanken lesen´ an einen mitreißenden Beat. Den 1a-Tanzflächen-Pop bietet ´Das Geschenk´. Dagegen gibt sich ´Wir sind wild´ mit Haut und Haaren gänzlich dem Beat hin, derweil dieser zu den KRAFTWERK’schen Hintergrundfanfaren von ´Das Pur Pur Rot´ Ping-Pong spielt und die Zukunft in ´Neue Welt´ ausnavigiert. Knappe Teile am Anfang von ´Loslassen´ könnten sich sogar in Bälde RAMMSTEIN ausleihen.
Indessen will sich ´Holland Road´ abermals unmissverständlich in die Anfangstage der DEUTSCH AMERIKANISCHEN FREUNDSCHAFT zurückversetzen, in denen es DAF nach London zog, sie einen Gig im „Marquee Club“ ergatterten und hofften, die Welt zu erobern. Die Vergangenheit holt auch DAF immer wieder ein. Allerdings ist Robert Görl jetzt, am Ende der Bandgeschichte angekommen, nur noch einer von ursprünglich fünf Musikern. ´Nur noch Einer´ verlässt am Schluss das Gebäude, das Business garantiert nicht.
(9 Punkte)
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