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KATIE MELUA – Album No. 8

~ 2020 (BMG Rights Management/Warner/ADA) – Stil: Pop ~


Es klingt nach einem Wendepunkt in der Karriere der erst 36-jährigen Briten mit Geburtsort Tiflis. Nach sieben Top-Ten-Alben in Reihe, einem ansonsten nur Kate Bush vergönnten Erfolg der holden Weiblichkeit, und 56 Platin Awards beschließt Katie Melua, erstmals alle Lieder selbst zu komponieren. Höchst persönliche Lyrik über die Liebe, die nicht erst seit der Trennung von ihrem Ehemann James Toseland, einem ehemaligen britischen Motorradrennfahrer, in ihr Bewusstsein strömten, zeigen in betont traditionsgefangenen Texten eine andere Variante vom Traum der großen Liebe.

Gemeinsam mit Leo Abrahams (Brian Eno, Jon Hopkins, David Holmes) schuf Katie Melua ein Werk, das eine gewisse Souveränität, aber insbesondere eine Intensität und warme Intimität ausstrahlt.

Die sanften und leichten Orchesterarrangements von Leo Abrahams entstanden abermals mit dem Georgian Philharmonic Orchestra in den „Leno Studios“ in Tiflis. Den Grundstock legten die Aufnahmen in den „Hoxa HQ“ Studios in London. Als das Album scheinbar im Kasten war, bat Produzent Leo Abrahams Katie Melua jedoch nochmals ins Studio und kitzelte aus ihrer Stimme weit emotionalere Aufnahmen heraus.

 

 

´Album No. 8´ ist wie ein wehmütiger Blick in das eigene Tagebuch. Beim Durchblättern der poetischen Texte erzählt jedes Lied seine eigene Geschichte. Alles scheint vertraut, doch bei genauerer Betrachtung dennoch überraschend wie bei der ersten Begegnung.

Bezaubernd ist der Reisebericht ´Leaving The Mountain´, der Katie Melua und ihren Vater in den Kaukasus am Schwarzen Meer begleitet. Melancholisch gedenkt Katie Melua in ´Heading Home´ den Straßen ihrer Kindheit. Episch und mit großer Geste zeigt sich ´Maybe I Dreamt It´ zur Akustikgitarre als Hommage an die deutsche Tänzerin und Choreografin Pina Bausch, die in den Siebzigerjahren erstmals den Tanz mit den Genres Gesang, Pantomime und Artistik verband. Auf betont sachlich-britische Weise umschreibt ´English Manner´ eine Ménage-à-trois. ´Voices In The Night´ umweht ein Hauch von Jazz, ´Joy´ und ´Remind Me To Forget´ der des Country.

Der erste Text ´A Love Like That´ stellt allerdings bereits die Frage in den Raum, wo das anfängliche Feuer einer großen Liebe am Ende verbleibt. ´Your Longing Is Gone´ ist im weiteren Verlauf nicht das Ende von Allem oder des Werkes, aber der peinigende Schlussstrich unter die Liebe. So bleibt in Sachen Liebe letztlich nur die Feststellung von ´Airtime´ übrig, dass wir der Liebe wohl zu viel „Sendezeit“ eingeräumt haben. Es wäre gleichwohl ein großer Fehler, diese ´Album No. 8´ nicht ausgiebig zu gewähren.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/katiemeluamusic/


Pic: Rosie Matheson