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ORANGE GOBLIN – The Wolf Bites Back

2018 (Spinefarm Records) – Stil: Tuned Stoner Rock


Ein schweres Bike mit genussvollem Spiel am Gashahn langsam und gefährlich warmlaufen lassen – das gefällt mir natürlich, und verhalf damit ‚Blue Snow‘ vom Bandklassiker ‚Time Travellin Blues’ 1998 auf die begehrte Pole Position meiner liebsten Mix-CD. Auch auf den beiden Nachfolgern ´The Big Black’ und ´Coup De Grace’ loteten die orangenen Kobolde die Untiefen des muskelbepackten, dreckigen Stoner / Hard Rock mit entsprechend viel Blues sowie einer guten Dosis Psychedelia, sowie der dazugehörigen Dosis Substanzmissbrauch und Hormonausschüttung aus, und führten dieses Feld auf den britischen Inseln damit lange Zeit an. Trotzdem schien das Ganze überholt, geriet mir das Quartett irgendwann aus dem Blickfeld.

Zwanzig Jahre später hat die Maschine nicht etwa Rost angesetzt, sondern präsentiert sich generalüberholt und modernisiert, nochmals tiefergelegt (man höre nur mal den Anfang des ultradoomigen ‚Swords Of Fire’…), mit ein paar PS mehr und neuem, fettem Auspuff fauchend und bollernd sowie – mit Gefühl gefahren – gut geölt und schnurrend wie ein Kätzchen. Ben Ward und Konsorten sind mitten in der Jetztzeit angekommen, mit einer Menge Zynismus und Wut im Bauch, die ganz dringend raus muss: die Lieder galoppieren mit Verve los (‚Sons Of Satan‘, die Lemmy-Anbetung ‚Renegade‘), die Songtexte sind wesentlich düsterer geworden (der grandiose Hardrock-Titeltrack), vor allem macht jedoch der neue stilistische Abwechslungsreichtum eine Menge Spass. Hier regieren nurmehr nicht nur MOTÖRHEAD (Phil Campbell ist u.a. bei ‚Zeitgeist‘ mit dabei) und die altbekannten Herrscher aus Birmingham, es gibt ausführliche Huldigungen an WISHBONE ASH (´In Bocca Al Lupo’) und CAN (das funky ‚Ghosts Of The Primitives‘), geparkt wird in der THE STOOGES-Garage, in der immer eine Menge Punk läuft, und dort hat auch der VENOM-Patch auf der Bikerweste seine Berechtigung (‚Suicide Division‘). Herausragend und die ganze Platte zusammenfassend: ‚The Stranger‘ sticht mit Bens enorm tiefen Vocals und seiner anfangs pseudoentspannten Stimmung heraus, die schnell in 60ies Psychedelic Rock umschlägt, um schliesslich wieder zum Blues zurückzufinden und mit doomiger Orgel auszuklingen. Ein Ding der Unmöglichkeit, so etwas nun genretechnisch einordnen zu wollen. Aber die Wertung fällt mit jeder auf dem Boliden gedrehten Runde leichter:

(Eight Ball(s) Points)

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