PlattenkritikenPressfrisch

KULT KOMPASS Januar 2023 – 1/2

Welcome,

es ist Januar und wir beglücken Euch mit neuen Kurzreviews!

 

 

Q u i c k – R e v i e w s

 


THE BLUESANOVAS – The Moonshine Record
2022 (CrossCut Records) – Stil: Blues

THE BLUESANOVAS ließen uns ihren Blues bereits auf zwei Alben und einer EP spüren. 2022 durfte die Band aus dem westfälischen Münster als Support für Eric Clapton die Deutschland-Tournee mitfahren. An einem freien Tag in München produzierten sie in den „Moonshine Studios“ ganz spontan ihre neueste Scheibe ´The Moonshine Record´.

Das Quintett nutzte die Eindrücke dieser Stadion-Tournee und wandelte sie in intimer Atmosphäre in Songs um. Mit nur fünf Mikrofonen im Aufnahmeraum nahmen sie die Songs noch ganz klassisch auf. Acht Titel auf dem Vinyl, zehn auf dem Silberling sind das Ergebnis. Die Kompositionen bestehen aus dem Songmaterial, das sie auf der Tournee täglich live dargeboten haben, bekannte Lieder aber auch unveröffentlichte Songs. ´The Moonshine Record´ hält somit den Moment fest, den innigen und magischen aus den Tagen des Jahres 2022.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/bluesanovas


TOMMY DECARLO – Dancing In The Moonlight
2022 (Frontiers) – Stil: Melodic Rock/AOR

Tommy DeCarlo singt seit anderthalb Dekaden bei BOSTON, doch auch abseits der Legende lebt er seine Vorliebe für Melodic Rock/AOR aus. Vor zwei Jahren erschien das Debüt seiner Band DECARLO, doch jetzt versucht sich der US-Amerikaner unter TOMMY DECARLO ganz auf Solo-Pfaden.

Gleichwohl erfährt er auch hier Unterstützung, etwa durch die Gitarristen Martin Jepsen Andersen und David Julian. Natürlich klingt seine großartige Stimme nach BOSTON und so auch einige Lieder. Schließlich war es das Ziel, Songs in diesem Sinne der Achtzigerjahre aufzunehmen. Aber auch Freunde von STYX, JOURNEY und TOTO liegen bei Tommy DeCarlo nicht verkehrt. BOSTON-Jünger dagegen müssen ´Dancing In The Moonlight´ hören.

(8 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/people/Tommy-DeCarlo/100078449642253/


DUNGEON CRAWL/THRONE OF IRON – The Side Quest (Split)
2022 (Wise Blood Records) – Stil: Thrash/Heavy Metal

Gegensätzlicher hätte diese Split-LP nicht ausfallen können. Zum einen haben wir mit THRONE OF IRON eine Band am Start, die sich im Untergrund einen ansprechenden Status aufgebaut hat, mit ihrem kantigen Heavy Metal, der Puristen anspricht. Die aus der Bay Area kommenden DUNGEON CRAWL feuern dagegen aus allen Rohren und liefern ein thrashiges Feuerwerk mit leichten Melo-Death Einflüssen. Im Nachgang muss ich sagen, ich muss mir deren 2021 veröffentlichtes Debüt ´Roll For Your Life´ zulegen. Denn was das Quartett hier aus der Hüfte ballert ist äußert gefällig. Geradliniger Thrash Metal mit richtig Schmackes und roher Spielweise. Astreine Knockouts ohne filigranes Geplänkel. Sehr Old School orientiert. THRONE OF IRON liefern das, was sie schon immer geliefert haben. Straighten, puristischen Heavy Metal mit galoppierenden Passagen, einem leicht blechernen Drumsound und einer kantigen Note NWoBHM. Mit je drei Songs empfehlen sich die beiden Truppen, wobei DUNGEON CRAWL noch ein Intro präsentieren. Sehr starker Split Release, der zudem mit einem geilen Cover Artwork ausgestattet ist. Einziges Problem dürfte sein, dass das Ding nur als Import zubekommen ist und somit die Porto-Abzocke den Spaß eintrübt…. Und natürlich der deutsche Zoll.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://wisebloodrecords.bandcamp.com/album/the-side-quest


THE DEVILS – Live At Maximum Festival
2023 (Go Down Records) – Stil: Blasphemic Trash Rock n‘ Roll

Das 2015 in Naples, Italien, gegründete Duo, bestehend aus Switchblade Erika (Drums) und Gianni Blacula (Gitarre) gehört zweifelsohne zu der Art Duo, das polarisiert und provoziert. Ihr minimalistischer Sound ist geprägt von Rohheit sowie einer unüberhörbaren Aggressivität. Durch den enormen Minimalismus des Songwritings und der hieraus resultierenden Spielweise, wirkt das Gebräu wie pure Provokation. ´Live At The Maximum Festival´ zeigt dann auch deutlich wo die Stärke des Duos liegt. Wirken die Studioalben noch auf eine Art gediegen roh, spucken sie einem live förmlich ins Gesicht. Der Schreigesang wirkt eher wie ein Beiwerk in diesem dreckigen Gitarren/Drumsoundmix, der wie ein blutiges Steak wirkt. Echte Metaller werden es hassen, Fans von eher unkonventionellen Stilen und Hörer mit dem Hang zum rohen Rock`n`Roll dürften freudig Grinsen. Die 14 Songs dieses Auftritts zeigen, dass VENOM eigentlich Weichspüler waren und sind.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://thedevilsduo.bandcamp.com/album/live-at-maximum-festival


GRIMNER – Urfader
2022 (Despotz Records/Rough Trade) – Stil: Folk / Pagan Metal

GRIMNER singen auf Schwedisch, würzen die Ursprünge aus Death Metal schon ihr Leben lang mit Heavy und Power Metal und belegen all dies mit Folk und heidnischen Chören. Sie lieben rauen als auch klaren Gesang, lassen das Schlagzeug beinahe thrashend aufs schwedische Möbelhausholz klopfen und holen noch Flöten sowie allerlei lustiges Instrumentarium hinzu. It’s Folk/Pagan Metal-Time.

Ob sie allerdings mit ´Urfader´ an ihr bisheriges Diskografie-Highlight ´Frost Mot Eld´ aus 2016 anschließen können, bleibt vier Jahre nach ´Vanadrottning´ abzuwarten. Wem der kompaktere Sound von GRIMNER und all die nordischen Mythologie-Märchen mittlerweile zu fröhlich sind, kann sich ja die bunten Tattoos auf der Haut alle schwarz ausmalen.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/Grimnerswe


JOHNNY KIDD – So What?! – The Brits Are Rocking Vol. 7
2022 (Bear Family Records) – Stil: Rock’n’Roll

Johnny Kidd und seine PIRATES waren die echten Piraten, die Vorreiter der Augenklappe und der schwarzen Flagge. Sie beeinflussten THE WHO und THE HOLLIES, Tom Jones und David Bowie, wahrscheinlich sogar einige Hamburger Buben, die sonst Kiel holen müssten.

Leider starb Johnny Kidd bereits 1966, doch diese Kompilation mit 34 Einzeltiteln setzt ihm nochmal ein Denkmal. Denn Johnny Kidd gehörte zu den größten und eigenständigsten Musikern des britischen Beat.

´So What?! – The Brits Are Rocking´ berücksichtigt Lieder aus der berühmten Mark-2- und Mark-4-Besetzung. Erstere hatten den großen Hit ´Shakin‘ All Over´ zu verantworten. Als Bonus sind hier sogar sieben frühe BBC-Radio-Auftritte enthalten. Piratomania.

(Michael Haifl)


LIV SIN – KaliYuga
2023 (Target/Mighty Music) –Stil: Modern Metal

Sängerin Liv Jagrell hat eine unverwechselbare Stimme. Das hat die Schwedin gerade bei SISTER SIN ausführlich bewiesen. Leider hat sie die Band ja zu Grabe getragen, um sich dann mit LIV SIN und moderneren Metalklängen zurückgemeldet Die beiden bisherigen Alben, ´Follow Me´ (2017) sowie ´Burning Sermons´(2019), konnten jedoch den alten SISTER SIN-Alben in keiner Sekunde das Wasser reichen. Auch die modernen Strömungen im LIV SIN-Sound hauen nicht wirklich um. Generell kann man sagen, man versucht schlicht den SISTER SIN-Stil modern zu gestalten, was aber bei den beiden erwähnten Alben auch nur bedingt klappte. ´KaliYuga´ nutzt die gleichen Zutaten wie die Vorgänger, die Produktion ist noch einen Ticken moderner gehalten und Madame schreit aggressiver und growlt öfter dazwischen. Zudem kommen einem einige Textzeilen recht vertraut vor, im Zusammenhang mit SISTER SIN. Man lausche genau bei ´Antihero´. Eine Echte Dampfwalze der Track. Ebenso wie das folgende ´King Of Fools´, das nicht wenige SISTER SIN-Passagen parat hält. Setzt man sich länger mit dem Album auseinander, erkennt man die Intention von Liv Jagrell, aber dennoch wirkt das Album in seiner Gesamtheit lange nicht so stark wie die letzten SISER SIN-Alben, leider. Dieser Aspekt wird die Band und Sängerin für immer und ewig verfolgen. Da spielt es auch keine Rolle, dass dieses Album das bisher stärkste unter diesem Bandnamen darstellt.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://livsin.bandcamp.com/


MEMPHIS SLIM – Rocks
2023 (Bear Family Records) – Stil: Rock’n’Roll

1915 kam Peter Chatman in Memphis auf die Welt. Er ging nach Chicago und im Anschluss nach Paris. Dabei wurde er als MEMPHIS SLIM zu einer Berühmtheit und vielleicht zum bekanntesten Bluessänger der Welt.

Die vorliegenden 29 Titel der ´Rocks´ Kompilation decken seine Jahre von den 40ern bis 60ern ab, zwischen 1942 und 1961, bis er nach Paris ging, und zeigen trotz seiner Einflüsse aus Blues, Gospel und R&B, dass er zu jener Zeit ein Rock-Star, ein Rock and Roll-Star war. Zu seiner stets gut besetzten Gruppe gehörten u.a. die Saxophonisten Ernest Cotton und Alex Atkins sowie Gitarrist Matt Murphy. Kenner können daher u.a. unzerstörbare Song-Klassiker wie ´Rockin‘ The House´, ´Pacemaker Boogie´ oder ´Nobody Loves Me´ erwarten.

(Michael Haifl)


SCREAM MAKER – Bloodking
2022 (Frontiers) – Stil: Heavy Metal

Seit 2010 sind SCREAM MAKER aus Polen auf dem besten Weg, ihren Heavy Metal auf der Landkarte zu positionieren. 2014 und 2016 kamen sie mit den ersten Scheiben in den Westen, 2022 versuchen sie es nochmals alleine, erhalten aber nun Schützenhilfe aus Italien. Denn von hier aus wird der Drittling ´Bloodking´ in alle Welt verschifft.

Die erfährt spätestens jetzt, dass das Quintett aus Warschau rifflastigen Heavy Metal der Marke JUDAS PRIEST bevorzugt. Wer dabei an PRIMAL FEAR und Konsorten denkt, liegt nicht so falsch, doch irgendwie klingen SCREAM MAKER zeitlos als auch landlos, allerdings nicht gesichtslos. Sie könnten aus jedem Land der Erde stammen, das Heavy Metal liebt und spielt.

14 echte Songs auf gut 67 Minuten belegen die Qualitäten dieser guten Produktion, so dass Power und Heavy Metaller bei jedem Schrei von SCREAM MAKER hellhörig werden sollten.

(7 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/screammaker


THUNDERBÜNNY – Psychedelic State Of Mind
2022 (Spare Time Records) – Stil: Hardrock/Stoner

Die Farben flackern, sie drehen sich so sehr, dass selbst die Brille solch eine Farbenfreude nicht mehr fassen kann.

Michael Saint-Leon und seine Kumpels haben solch einen grellen Psychedelic-Trip aufgenommen, dass dieser Trip aus Acid Rock, Blues Rock und Hard Rock, einfach Rock und Stoner schwer zu fassen ist.

Die Band aus Tennessee hat sich daher den funny Namen THUNDERBÜNNY verpasst und irgendwer behauptet, sie klängen wie ZZ TOP ohne Bart auf Acid. Riechen und Schmecken mitinbegriffen.

Lecker.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/thunderbunnys/


V/A – Rockin‘ With The Krauts – Real Rock ’n‘ Roll Made In Germany, Vol. 3
2022 (Bear Family Records) – Stil: Rock’n’Roll

Da rocken sie wieder, diese Krauts. Weil sie es einfach können. Peter Kraus, THE MANHATTANS mit Freddy Quinn, die RATTLES, aber auch Ted Herold, Rita Pavone und Tony Sheridan sind Namen, die sofort ins Auge stechen, wenn die Kompilation mit 33 Songs aus den Jahren 1956 bis 1967 loslegt.

Es gibt Twist-Rocker, Jiver, Beat-Rocker und Rock & Roll-Instrumentals, aber auch Coverversionen/Interpretationen von US-Titeln zu hören. Ein Toni Cavanaugh versucht sich am Hamburger Slang (´Hummel Hummel Mors Mors!´), die Italienerin Rita Pavone landet mit ihrem Twist-Rocker in den Charts (´Wenn ich ein Junge wär´) und die ODD PERSONS eifern YARDBIRS ´Jeff‘s Boogie´ nach (´Odd‘s Boogie´). Neun dieser Titel erscheinen erstmals auf CD, viele sind rar und gesucht. Die deutschen Vertreter des Rock & Roll zeigen auch bei Vol. 3 dieser beliebten Reihe ihre Stärken.

(Michael Haifl)


V/A – Happy Birthday Baby! – 32 (Un-) Happy Tunes For Your Birthday Party
2023 (Bear Family Records) – Stil: Rock’n’Roll

Hier gibt es den Sound für die nächste Geburtstagsparty. Insgesamt 32 Geburtstagsständchen aus den Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren sind auf dieser Kompilation zu vernehmen.

Frech singt Jerry Lee Lewis ´Birthday Cake (Keep Your Hands Off Of It)´, herzzerreißend Lesley Gore ´It’s My Party´. Neil Sedaka trällert ´Happy Birthday, Sweet Sixteen´ und Johnny Crawford ´Cindy’s Birthday´. Paul Anka, Johnnie Ray, Wanda Jackson, Glenn Barber, Louis Jordan, Sil Austin, Claudine Clark, Kathy Young & The Innocents und The Pixies Three sind dabei. Als Raritäten stehen Tinos ´Got The Birthday Blues Again´ und die deutschsprachige Version ´Happy Birthday Josefin (Happy Birthday Sweet Sixteen)´ von den Key Brothers auf der Playliste.

Nicht vergessen: Kerzen ausblasen.

(Michael Haifl)


V/A – On The Dancefloor With A Bop! – 36 Tunes To Bop The Blues Away!
2023 (Bear Family Records) – Stil: Rock’n’Roll

Non stop dancing mit Rockabilly-Klassikern. Der Bop gehörte zu den beliebtesten Mode-Tänzen der Rock & Roll und Rockabilly Gemeinde und wurde musikalisch durch Gene Vincent & His Blue Caps in den Fünfzigerjahren populär.

Die Kompilation ´On The Dancefloor With A Bop! – 36 Tunes To Bop The Blues Away!´ hat allerdings insgesamt 36 Einzeltitel und neben Gene Vincents Klassikern ´Dance To The Bop´, ´Bop Street´ und ´Bluejean Bop´ natürlich auch namhafte Ohrwürmer von Carl Perkins (´Boppin‘ The Blues´), Wanda Jackson (´Honey Bop´), Brenda Lee, Jack Earls, Eddie Bond und Al Ferrier anzubieten, daneben sogar unbekanntere Lieder, etwa von Doug Amerson (´Bop, Man, Bop´), Larry & His Rocking Montclair’s (´Crazy Bop´) sowie Leroy & His Continentals (´Continental Bop´). Bob-fantastisch.

(Michael Haifl)


WOLFSKULL – Ave Goddess
2022 (Doc Gator Records) – Stil: Dark Rock

Die aus dem Ruhrpott kommenden WOLFSKULL legen mit ´Ave Goddess´ ihren ersten Longplayer vor, der die Fortsetzung der 2019 erschienenen EP ´Hexum´ darstellt. Die Herren liefern pathetisch schwere Kost, die zwischen THE CULT und DANZIG angesiedelt ist. Ich nenne es schlicht, allerdings ohne abwertendes Nachtreten, Friedhofsongs mit Chartpotential. Fette melancholische Melodien, eine wuchtige Gitarrenwand und ein Gesang der Gruftfans entzücken sollte. Alles zusammen ergibt diesen Düstersound, der sich auch immer wieder im Heavy Rock-Segment bedient, um nicht ganz in der schwarzgetünchten Nische zu verschwinden. Und hier liegt dann die Stärke des Materials, zudem auch gestandene Rocker mit dem Kopf mitwippen können. Anderseits gibt es auch eine Nummer wie ´Black Winged Angels´, die von den Norwegern AUDREY HORNE stammen könnte. Zarte TYPE O NEGATIVE-Einflüsse kann man ´Night Of The Huntress´ entnehmen. WOLFSKULL sind also doch keine reine Düsterband, sondern eher eine Heavy Rock-Combo mit einem Sänger, der ihnen einen dezenten „Grufti“ Touch verleiht, den man mit dem passenden Melodienlinien unterfüttert. Gute gemacht, wenn auch für den ein oder anderen Metal Puristen purer Satanssound.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://wolfskullrocks.bandcamp.com/


 

Bis zum nächsten Klick.
Euer
Michael und das gesamte SaitenKult-Team

 


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