Redebedarf

THE ELECTRIC FAMILY

~ Interview mit Tom Redecker ~


Die ELECTRIC FAMILY hat mit ´Saba´ abermals ein fantastisches Rockwerk produziert, das sich mit Vielfalt und Eigenständigkeit gegenüber der Konkurrenz abgrenzen kann. Ob sich bei dem Albumtitel allerdings alles um die Königin von Saba oder die gleichnamige Insel in der östlichen Karibik dreht, musste umgehend von Mastermind Tom Redecker und zugleich Labelchef von „Sireena Records“ in Erfahrung gebracht werden.

 

Ist die ELECTRIC FAMILY eigentlich mehr als zuvor die lebende Musikkommune? Jeder, der gerade Zeit hat und vorbeischaut, spielt mit.

Wenn du Musikkommune als Lebensform siehst, kommt das nicht hin. Wir haben nie zusammen gelebt. Auch bedeuten die Aufnahmen zu unseren Alben harte Arbeit, denn die vielen Mitspieler und ihre Einsätze müssen organisiert sind. Es ist nicht ganz so romantisch, wie sich mancher das vorstellt.

Der Hauptkern besteht eigentlich aus dir, Rolf Kirschbaum und Harry Payuta – mit wechselhafter Besetzung, deren Mitglieder kommen und gehen. Gewollt oder Zufall?

Es gibt in de Tat einen Bremer Kern, dem sich im Studio oder auf der Bühne halt weitere Kolleginnen und Kollegen anschließen. Das ist so gewollt und macht auch die Einzigartigkeit der ELECTRIC FAMILY aus.

Ist die ELECTRIC FAMILY eigentlich auch die letzte lebende Krautrockband? Denn eure musikalische Vielfalt war ja in den Siebzigerjahren ein Qualitätsmerkmal des Krautrock, das heutzutage verloren gegangen ist.

Musikalische Vielseitigkeit stimmt sicherlich. Abe ich bin nicht sicher, ob man uns als Krautrockband bezeichnen kann. Das wäre zu kurz gegriffen, dafür gibt es zu viele unterschiedliche Elemente in unserer Musik.

Zumindest setzt ihr euch nicht allzu viele Grenzen innerhalb des Rock, oder gibt es welche, die ihr tunlichst nicht überschreitet?

Das stimmt wohl, der Family-Sound beinhaltet wirklich jede Menge unterschiedlicher Spielarten der Popmusik. Das macht uns auch aus, aber für Schlager und Dixieland würde ich keinen Platz bei uns sehen!

Der Platz am Mikrofon, aber auch an der Gitarre wird dieses Mal auch öfters gewechselt als gewohnt. Oder täuscht der Eindruck?

Nein, das stimmt, seit ´Terra Circus´ von 2017 haben Kollegen wie Rolf Kirschbaum oder Harry Payuta auch die Lead Vocals übernommen, die können das nämlich sehr gut. Und es bringt einfach mehr Abwechselung. Bei den Gitarren hat sich nicht soviel verändert, außer dass ich bei ´Gull Sweat´ auch die Leadgitarre übernommen habe.

Das mache ich üblicherweise nicht oft, da gibts bessere als mich!

 

 

Gab es vorab ein Konzept zu ´Saba´?

Ursprünglich schwebte uns eine Fortsetzung von ´Echoes Don’t Lie´ vor, aber die Idee haben wir doch irgendwann verworfen. Lediglich ´News From The Echo Room´ blieb übrig. Die Aufnahmen entwickelten sich in eine andere Richtung, düsterer und schwerer. Die Zeiten sind halt so, wir können das nicht ausblenden.

War einer von euch schon auf der Insel Saba, in der östlichen Karibik?

Da muss ich dich enttäuschen. Der Titel „Saba“ bezieht sich nicht auf diese Insel, auch nicht auf die Königin von Saba. „Saba“ bedeutet im Arabischen die Zahl Sieben, und dieses ist das 7. Studioalbum der ELECTRIC FAMILY. Das ist die einzige und auch logische Bedeutung des Albumtitels.

Wieso ist der letzte Song eigentlich nur als Live-Version vertreten?

Das Album haben wir Covid-abhängig nicht zusammen aufgenommen, sondern wir haben uns die Audiospuren gegenseitig zugeschickt, und diese wurden erst zum Schluss zusammengefügt. Das war neu für uns, aber es ist eine mögliche Art der Zusammenarbeit. Mit ´I Love The Lighthouse´ wollten wir das Album versöhnlich zum Abschluss bringen. Der Titel zeigt, wie sich die Band anhört, wenn sie zusammen spielt, miteinander umgeht und sich gegenseitg die Bälle zuwirft.

Und wieso liebt ihr es, Songs des Franzosen Jacques Dutronc mit der ELECTRIC FAMILY aufzuführen?

Na ja, um es genau zu beschreiben, es ist bereits der dritte Song von Jacques Dutronc, der sich auf einem meiner Alben wiederfindet. Ich verehre diesen Musiker sehr, und es macht einfach Spaß, aus einem locker flockigen Chanson einen düsteren Bluesrock zu kreieren. Nur so macht ein Coversong für mich Sinn!

Dennoch schafft ihr es immer wieder, eine gewisse Magie einzufangen. Sprecht ihr vorab, vor jeder Studio-Aufnahme oder Live-Show, immer Mantras oder nutzt ihr psychedelische Hilfsmittel?

Die Magie ergibt sich aus dem Songmaterial und dem Spaß am gemeinsamen Musizieren. Bewusstseinserweiterungen erfahren wir heute anders als früher. Meist reicht eine entspannte Atmosphäre und ein guter Kaffee oder Tee.

Da eure Musik im Jahre 2022 eigentlich völlig anachronistisch ist, wäre es da nicht längst an der Zeit, die Musik der ELECTRIC FAMILY auf Vinyl aufzulegen?

Das tun wir doch längst. Vier der sieben Studioalben gibt es bereits auf Vinyl, die restlichen drei ´Family Show´, ´Ice Cream Phoenix´ und  ´Royal Hunt´ sollen folgen.

 

 

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