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IN GRIEF – An Eternity Of Misery

~ 2022 (Iron Bonehead) – Stil: Death Doom ~


Ich hoffe, Eure Seelen sind gestählt, denn jetzt betretet Ihr mit mir die Sphären äußerster Dunkelheit, in die niemals auch nur ein zaghafter Lichtfunke eindringen wird. Wir befinden uns im Klangreich der Death Doom Untoten IN GRIEF, welche aus den düsteren Katakomben und Kellern nicht näher genannter italienischer Städte gekrochen kamen und uns nach einer EP und einem Demo seit dem Beginn der Pestilenz 2020 nun ihr Debütalbum kredenzen.

2022 ist für Musik ohnehin ein gigantisches Jahr und ein weiterer Höhepunkt ist diese klangliche Besinnung auf die Ursprünge des Death Doom-Genres um 1990 herum. Sehnsuchtsvoll schwelgen nicht nur die Gitarren in grau gewordenen Träumen von den mystisch verklärten alten Tagen. Auch der Hörer vor der Anlage mag sich darin verlieren. Die angesprochenen Gitarren zaubern Melodien wie aus schwarzem und violettem Samt geschneiderte Totengewänder und die bleischweren Riffs, welche sich unter ihnen verbreiten wie ein schwarzer Pestnebel, sägen mit unbeschreiblicher Traurigkeit durch die Erinnerung an glorreiche Zeiten.

Ein Rhythmusfundament mit packenden Schlagzeugfiguren und einem behäbig brummenden Bass gibt der verzweifelten Klangkunst des Trios (also eigentlich nur eine Gitarre, wie das wohl live klingt) einen konstanten Fluss, kann aber auch den Deathdoomer an seinem Lauschplatz durch unerwartete Wechsel hin zu etwas schwungvollerem Groove aus seinem Todesschlaf erwecken und gleich einem verfallenden, doch von unheiligem Leben erfüllten Leichnam durch die Grabkammer staksen lassen. Dabei wird selten, aber manchmal eine wogende Kraftwelle erzeugt und sogar ein gewisses flotteres Mid-Tempo lädt zum Headbangen ein. Immerhin ist hier Heavy Metal die Grundlage.

Spielerisch wird dieses Album gekonnt inszeniert dargeboten. Der Klang ist sauber und transparent, dennoch roh genug, den Mainstream am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. Hier geht es nach Hause, dorthin, wo Doom und Deathmetal sich einst lieben lernten und wo ihre Protagonisten des Abends über einsame Leichenäcker schlichen. Sei es für schnöde Fotosessions, sei es, in stiller Andacht derjenigen zu gedenken, die jene Plätze bewohnen, sei es für unaussprechliche Dinge, von denen nur die Legenden flüstern.

Und so verwundert es nicht, dass IN GRIEF hier bar jedweder Innovation eine Musik zelebrieren, welche den alten Meistern längst abhold gegangen zu sein scheint. Hier ist durch den Kirchenbann das Paradies der sterbenden Braut noch immer verloren und man verkrampft leidenschaftlich am gesamten Körper während der Zusammenkunft in der Kathedrale. Damit hätte ich wohl genug angedeutet und muss nicht weiter in medias res gehen.

Genrefanatiker können sich wieder wie 1991 fühlen, Genreentdecker bekommen genau das serviert, was diese Musik so wunderbar gemacht hat und zu einem Mythos werden ließ, dem kaum mehr ein Musikerkollektiv gerecht wurde. Bis auf IN GRIEF.

(10 Punkte)

https://www.facebook.com/ingrief/


(VÖ: 2.09.2022)