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NEAL BLACK AND THE HEALERS – Wherever The Road Takes Me

~ 2022 (Dixie Frog) – Stil: Texas Blues / Boogie ~


Eine Doppel-CD Kompilation mit 26 Songs (davon die letzten acht live, die später erscheinende Doppel-LP wird wohl mit 16 Songs auskommen), das ist schon eine gewisse Herausforderung zum Durchhören. Neal Black ist ein altgedienter Texas Bluesman mit tiefer Stimme, mal an den Sangesgott Howlin‘ Wolf, mal an Tom Waits (´New York City Blues´), aber auch mal an den Iren Chris Rea erinnernd. Die Gitarre ist oftmals schroff und im klassischen oberen Texas Blues – Lautstärkebereich wie bei ´Did You Ever´. Aber auch immer sehr distinguiert, schließlich hat Neal auch Musik studiert und war da auch dem Jazz nicht abgeneigt. Beim Instrumental ´Justified Suspicion´ kann man die Jazz-Elemente bei den Bläsern ausnahmsweise gut heraushören. Bevor es zum Boogie-Kracher wird.

Neal sieht nicht nur lebenserfahren aus, er singt über Knasterfahrungen, harte Männer und was im Blues seit Jahrzehnten textlich so gegenwärtig ist. Von Kritikerseite wurde er als „The Master of High Voltage Texas Boogie“ bezeichnet, das ist jetzt nicht ganz falsch. Es gibt sehr viel Energie, wer aber unter ´High Voltage´ an AC/DC denkt, sollte da nichts verwechseln, auch wenn Angus Young als Bluesfanatiker da sicher auch seinen Spaß daran hätte. Hier wird aber nur in Ausnahmefällen Rock untergemischt, dafür alle möglichen Bluesstile und Artverwandtes. Neal Black war gerngesehener Gast bei vielen anderen Musikern, die mir vorliegende Aufzählung listet ca. 50 Musikerinnen und Musiker auf – von Chuck Berry über John Sebastian und Johnny Copeland bis zu Jennifer Batten, Michael Jacksons Gitarristin. Vor allem für Blues-Insider sicher beeindruckend. Genauso beeindruckend wie die ganzen Festivals, wo er sich vor allem auch in allen möglichen Ländern Europas (sein Plattenlabel ist europäisch) die Ehre gab.

Bei ´Jesus & Johnny Walker´ ist eine scharfe Mundharmonika zur Unterstützung dabei, in der Mitte des Songs gibt es einen unerwarteten Funk-Break. ´The King Of San Antone´ ist auch der Country Music zugetan und erzählt von harten Geschichten, die vor Jahrzehnten stattfanden. ´Handful Of Rain´ schafft dann aber eine klare Verbindung zum Rock und wäre auch ein schöner ZZ TOP-Titel und enthält die oben genannten „High Energy Riffs“. Beim Text geht es um alle möglichen Drogenverkäufer. Der Gesang von Neal ist nicht ganz so variabel wie sein Gitarrenspiel, aber immer in dieser angenehmen tiefen Tonlage. Bei ´Cry Today´ und ´I’m Gonna Cry´ gibt es auch eine Handvoll Slide-Gitarren und jede Menge Boogie-Pianoeinlagen.

Neal Black ist ein harter Bursche, das ist klar. Sentimentale Balladen oder gar Orchester im Hintergrund sucht man vergebens. Nun, bei ´Bad Rose Tattoo´ wird es dann doch mal richtig sentimental, wie beim guten alten Willy de Ville. Und der verzweifelte Knast-Song ´Sunrise In Prison´ ist sehr melancholisch und ein Höhepunkt wie auch der mit einem sehr starken Gitarrensolo ausgestattete Slow Blues ´Misery´. Aber das bleibt die Ausnahme. Meistens wird bei aller filigranen Gitarrenarbeit ordentlich rau gespielt. Auf über 26 Songs geht die Spannung nur selten verloren, jeder Song ist jetzt aber auch nicht der Texas Blues-Hammer. ´Lost Without You´ (aber gutes Gitarrensolo), das im Duett eingesungene ´Saints Of New Orleans´ oder ´It Hurts Me Too´ plätschern dann doch etwas vor sich hin. Das ist aber selten der Fall. Bei den abschließenden acht Live-Songs hört man Neal Black und seiner Band die große Live-Erfahrung an. Schon der erste Titel ´If I Had Possession Over Judgement Day´ kann Nachwuchsbluesern als Lehrbeispiel dienen. Auch ´I Can See Clearly Now´ gibt Neal viel Raum zum virtuosen Gitarrenspiel.

Insgesamt ein sehr beeindruckendes umfassendes Blueswerk eines sehr talentierten Künstlers. Authentisch, musikalisch ausgereift und trotzdem sehr spontan und rau. Für Bluesaffine empfehlenswert, aber benötigt beim kompletten Durchhören auch etwas Geduld.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/nealblackmusic


(VÖ: 13.05.2022)