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STATIC ABYSS – Labyrinth Of Veins

~ 2022 (Peaceville) – Stil: Death Metal ~


Reiffert…wo Reiffert draufsteht, muss nicht zwangsläufig AUTOPSY drin sein, ist es aber, auch wenn es nicht draufsteht. Verwirrend? Fragt mich mal.

Nein, so verwirrend ist das gar nicht. Der neue AUTOPSY-Bassist und umtriebige kalifornische Musiker Greg Wilkinson und Trommellegende Chris Reiffert, zudem noch Kotztüte bei so einigen Truppen (AUTOPSY, ABSCESS) haben sich mitten im Entstehungsprozess der nächsten AUTOPSY-Platte noch zusammengesetzt und aus Spaß an der Freude mit STATIC ABYSS eine Platte gemacht, wo zwar nicht AUTOPSY draufsteht, aber eigentlich drin ist. Gut, Eric Cutler und Deathmetalopa Danny Coralles (bald 62) sind nicht dabei, aber das hört man nur minimal raus. Eventuell sind Produktion und Stil etwas noisiger, punkiger, dennoch passen die Songs perfekt zur Mutterband.

Episch geht es zu, wie immer bei Chris Reiffert, wenn er Deathmetal spielt. Rasende Abfahrten und morbide schlürfende Doompassagen, die eine modrige Grabesatmosphäre verströmen und damit fast schon dieselben Bilder im Kopf erzeugen, wie die erschreckendsten Geschichten eines H.P. Lovecraft, werden mit wogenden Übergängen verbunden, sie wie Brücken in eine Welt unnennbaren Grauens wirken.

Der dritte Song ´You Are What You Kill´ ist solch ein typischer AUTOPSY-Song. Chris Reiffert kotzt und zetert die Lyrics mit einer gewaltigen Inbrunst, derweil ein klassisch derbes und doch eingängiges Deathmetal-Riff das Stück trägt und für eine kurze Erstickungspause eine doomige Passage mit ebenso melodischem, wie verstörend krankem Gitarrensolo die schiere Zerstörungswut unterbricht. Der Abritt erfolgt auf einem treibenden, aber vielschichtig angelegten Rhythmusfundament, bei dem das Schlagzeugspiel von Chris Reiffert federführend ist. Hier sind alter Hardcorepunk und der frei getrommelte 70er Heavyrock zusammengeflossen, wie stets bei diesem Mann.

Oder der Opener ´Fessting On Eyes´, mal abgesehen vom Text, eine schiere Hymne brachialen Deathmetal. Die Strophenriffs sind einfach und bei den Zwischenläufen in den gegurgelten Zeilen so garstig, melodiefrei, ultraheavy im punkigen 4/4 Stakkato. Die Doompassage im zweiten Teil des Stückes zerschmilzt Dir dann das Gehirn und macht Dich zum willenlosen Zombie.

Geil, wie die beiden Musiker ihre Songs fließen lassen. Hier wirkt alles natürlich. Und es sind zehn solcher Stücke auf dem Album. Es sind allein die Gitarren, die hier den Unterschied machen, auch beim irren ´Nothing Left To Rot´, wo wiederum die beiden Lieblingsaspekte von AUTOPSY zusammenfließen und eruptiven Deathmetal in voller Fahrt und monströs morbiden Schlürfdoom vereinen. Sogar das Doomsolo könnte von AUTOPSY sein, wenn da nicht der Aspekt der aufgeschichteten Gitarrenspuren wäre, der für ein betörendes Chaos sorgt. Klar, auch eher entschlackte, dabei nicht weniger wuchtig die Bauchdecke aufsäbelnde Parts sind gegeben und die Eingeweide spritzen durch die Gegend.

Greg Wilkinson hat etwas von seinem sludgigen Stil in die Klangästhetik eingebracht und das macht den Unterschied aus. Fans der Mutterband wird das nicht stören, aber die haben ja auch schon bei ABSCESS mitgezogen.

Teilweise ist der Doom hier so abartig und unweltlich, dass selbst die ja vom Christentum erfundene Hölle nicht ausreicht, das Gefühl äußersten Schreckens zu beschreiben, welches sie in einem auslösen. Bravourös haben sich die beiden Recken hier geschlagen.

Innovationen? Nein. Mainstream-Tauglichkeit? Vergesst es. Das war noch nie Reifferts Ding. Er ist Musiker, Musikliebhaber, Freak aus Leidenschaft. Er hat seinen Signaturestil und braucht sich seit 1989 nicht mehr neu erfinden, allein seine Songs fließen immer ein wenig anders durch Deine Seele. Als ob Du tagtäglich am selben Punkt des Miskatonic Rivers sitzt und beobachtest, welch verstörendes Treibgut die Schneeschmelze in den Bergen seinem Lauf zuführt.

Dieses Album ist seit langem einer der schönsten Grusel, die man haben kann. Sie macht mir Lust auf die hoffentlich noch 2022 erscheinende neue AUTOPSY-LP und befriedigt diese zugleich.

Alles in allem 9 Punkte und das Geld beim Dealer wert.

 

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