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LEPROUS – Aphelion

~ 2021 (Inside Out / Sony) – Stil: Prog Pop/Rock/Metal ~


Weder Katzen noch ein Flöhputz, der den Vollmond anheult, waren ursächlich für die letzten Ausführungen auf ´Pitfalls´ verantwortlich. LEPROUS schienen schlichtweg ihren musikalischen Stil gefunden zu haben, der sich gerne mit vielen Gesängen und Ausrufen eines Ah hah ah ah ahh umgibt. Dieser mittlerweile gewohnten Ausdrucksform schwören die Mannen um Sänger/Keyboarder Einar Solberg auf ihrem neuesten, überraschend schnell entstandenen Studioalbum ´Aphelion´ vermehrt ab. Die Musik tritt hierzu reduzierter auf und umrankt oftmals förmlich nur zur Begleitung den Gesang. Die Lyrik beschäftigt sich dabei wie der Vorgänger mit Ängsten und Depressionen. Einar Solberg bekämpft mit den zwei persönlichsten Werken der Bandgeschichte seine angeschlagene, psychische Gesundheit und seine Angstzustände. Dass bei aller lyrischen Dunkelheit der Pop-Faktor des LEPROUS-Sounds erhöht wird, überrascht einerseits, zeigt aber andererseits womöglich bereits das Licht am Ende des Tunnels.

Neben den Gitarristen Tor Oddmund Suhrke und Robin Ognedal, Bassist Simen Børven und Schlagzeuger Baard Kolstad sind als Gäste abermals Raphael Weinroth-Browne (THE VISIT, MUSK OX, KAMANCELLO) am Cello und Chris Baum (BENT KNEE) an der Geige sowie die Blaskapelle BLÅSEMAFIAEN, die beinahe den norwegischen Eurovision’s-Wettbewerb gewonnen hätte, zugegen.

Dass LEPROUS dem Prog Metal schon länger entfleuchen, ist auf ´Aphelion´  keine Überraschung mehr. Die Begeisterung muss der Hörer dem überaus theatralischen Gesang in Verbindung mit Elektronik und Gitarren sowie sinfonischen Ausgestaltungen abgewinnen. Der Opener ´Running Low´ ist in dieser Hinsicht bereits der Höhepunkt des Werkes. Ein Gesang, der beinahe Antony Hegarty sein will, trällert zum Klavier bis die Musik ihren angestauten Dampf zu Streichern ordentlich ablässt, und singt im Refrain gewohnt in den höchsten Tönen. Ein Ah hah bleibt unschädlicherweise und ausnahmsweise nach jeder Refrain-Zeile auch nicht aus.

Zu ´All The Moments´ lässt jemand seine Slide-Gitarre aufjaulen, doch ansonsten ist die Atmosphäre bis zum High Spirit-Gesang im Refrain eher gemächlich und nervenzerreißend. Der hohe Gesang plustert sich im nächsten Highlight ´The Silent Revelation´ gleich zu rockigen und sphärischen Klängen auf. Tänzelnd, brummelnd, theatralisch ist ´On Hold´ mit einem sanften als auch energischen Ohooo zugange. Erst zum Klavier, dann zur Gitarre entwickelt sich ´Castaway Angels´ zu einer amtlichen Ballade.

Allein zu Elektro-Klängen erklingt zuerst der weitblickende Gesang („In what seems to be the new reality. Every bridge that I have crossed, reminds me of the time I was free.“) in ´Out Of Here´ und schwingt sich zur Begeisterung von Menschen auf, die in der Dunkelheit der Nacht die Gesangsakrobatik mit der Nachttischlampe in der Luft nachzeichnen wollen. Einen noch stärkeren Puls an der Zeit besitzt das zittrig vibrierende ´Silhouette´. Schwer zur Elektronik gibt sich ebenso der Gesang in ´Have You Ever?´ und ganz dem Pop der Gesang in ´The Shadow Side´ hin und möchte gerne eine dieser dramatischen, in Dauerrotation gespielten Pop-Hits sein.

(7,5 Punkte)

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