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MY DYING BRIDE – Macabre Cabaret

~ 2020 (Nuclear Blast) – Stil: Gothic/Doom ~


Besondere Widrigkeiten können oft das Beste aus einem Künstler herausholen und diese Binsenweisheit scheint umso mehr auf eine Band zuzutreffen, die sich auf ein Handwerk spezialisiert hat, das sich von jeher auf die ganz dunklen Emotionen konzentriert hatte. Im Fall von Großbritanniens Untergangsexport MY DYING BRIDE war es in erster Linie das von Schicksalen gebeutelte Privat- und Familienleben des Sängers und Texters Aaron Stainthorpe, was im März dieses Jahres im hervorragenden Album `The Ghost Of Orion` und einer äußerst konsequenten Leistung traurigen Geschichtenerzählens gipfelte. Mit dem sprichwörtlichen Wind im Rücken scheint es einfach nur passend, dass ein ehrgeiziger Epilog folgen würde, noch bevor das Jahr zu Ende ist.

In typischer Weise bietet nun auch diese 4-Song-EP eine weitere finstere musikalische Reise, die in die Gewänder von ätherischer Schönheit gehüllt ist und das Tempo darauf tendiert zu dem äußerst langsamen Trott einer Trauerfeier, geschmückt mit trägen, klagenden Gitarrenriffs, die den Anschein des Vintage-Doom-Sounds von Toni Iommi in sich tragen. Die stilistische Affinität der Band zum Death Metal wurde im Vergleich zu ihrem 90er-Jahre-Material erheblich verwässert, wobei nun mehr denn je ein nahezu makelloser Gothic-Charakter an deren Stelle steht, was vor allem an dem gewachsenen Anteil an Orchester- und Keyboard-Ambiente liegt. Die melodische Kontur, die das Songwriting prägt, ist im Vergleich zu den Tagen von `Turn Loose The Swans` weitaus konstanter, weist aber nach wie vor eine deutliche metallische Kante auf.

Im Großen und Ganzen erfüllt `Macabre Cabaret` schließlich auch seine Erwartungen und landet gleichzeitig an einem weit stimmungsvolleren und weniger vielseitigen Ort als die anderen zeitgenössischen Songs der Band. Eine der Besonderheiten der jüngsten Kompositionen von MY DYING BRIDE war eine Reihe epischer Songs und die sorgfältige Konstruktion von langen, stapfenden Abschnitten, die wunderschön schmutzige Emotionen hervorrufen. Das gelingt ihnen auch auf diesem Werk stellenweise mit Bravour, allerdings rockt `Macabre Cabaret` das Boot jedoch eher selten in Bezug auf Tempo oder Schwere, was zu einem deutlich stärkeren Gothic-Gefühl führt, als das Material auf dem Mutteralbum vom März zu bieten hatte.

(8 Punkte)

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