~ 1993 (Epic) – Stil: Classic Rock ~
Wir erinnern uns… THE FRONT hatten an der Schwelle zur Grunge-Welle ein erstaunlich hochklassiges Debüt vorgelegt, das entgegen jeglichen Zeitgeistes an die klassische Rocktradition anknüpfte und gleichzeitig eine eigene unverkennbare Handschrift vorweisen konnte… Hochwertige Songs auf spannendem, musikalischem Terrain. Kleine Achtungserfolge reichten der Band jedoch nicht zum Überleben. Die Plattenfirma bestand auf einer Änderung des Bandnamens.
Die Band versuchte mit der hier besprochenen nächsten Veröffentlichung gleich erfolgreich, dem gewünschten Erfolg der Plattenfirma entgegenzusteuern:
– Es wurde als Bandname eine Anlehnung an die berüchtigte Farbe „Baker-Miller pink“ ausgewählt, die die Wände in psychiatrischen Kliniken, Krankenhäusern und Hochsicherheitsgefängnissen schmückte und eine beruhigende Wirkung auf die Insassen ausüben sollte.
– Das geniale starke Coverbild bot alles auf, um den Normal-Rockfan und durchschnittlichen Heavy Rocker ganz sicher vor den Kopf zu stoßen. Die schönen Frauen auf dem Cover, die die Band umgeben, sind ganz anders wie die, die sonst auf anderen Macho-Rock-Covern abgebildet sind.
– Mit dem traumhaften Opener ´The Noose, The Flesh & The Devil´ wurde als Einstieg gleich eine unkonventionelle melancholische Pianoballade mit viel Streichern und einem einprägsamen Namen ausgewählt.
Zu den weiteren Fakten: Der eine, der stilbildenden Franano-Brüder war nur noch als Session-Musiker dabei. Aber mit Michael Anthony Franano war der charismatische Sänger und Kopf der Band nach wie vor in vorderster Front aktiv. Diese Band hatte Starpotenzial, war musikalisch den meisten anderen Bands weit überlegen und gleichzeitig aber mutig und in gewisser Weise auch kompromisslos (siehe oben).
Nach dem genialen Einstieg mit ´The Noose, The Flesh & The Devil´ wurden – nach ordentlichen, sich steigernden eher rockigen Songs – spätestens mit dem fünften melodischen und melancholischen Song ´Lonely, Lonely, Lonely´ wieder absolute Sternstunden wie vorher bei THE FRONT erreicht. Ein Übersong wie ´Water Colours´ (dazu wurde sogar ein Video produziert) läutet die starke zweite Seite ein. ´Burn On´, ´You Ain’t Gonna Love Me´, und ´Julianna´ bleiben fast durchgängig auf dem hohen Niveau bis zur emotionalen Explosion zum Ende – ´Truly, Madly, Deeply´. Zeitlose Klassiker auch hier. Und das ist ganz gewiss keine (allzu große) Übertreibung.
Letztendliche eine Songwriting-Melange aus Pathos, Emotion, Kraft, Melancholie und freiem Geist, die mit ganz oben im Rock-Olymp der damaligen Zeit zu verorten ist.
Man kann dieses Juwel für ein paar Euro oder sogar Cent erstehen. BAKERS PINK gingen selbstverständlich unter. Sie waren immer noch kein Grunge und noch nicht einmal richtiger Hard Rock, trotz dem damaligen angesagten Produzent Mark Dodson. Nur Michael Anthony Franano werkelte ohne allzu große Aufmerksamkeit bis heute mehr oder weniger weiter. Die Rockwelt kann manchmal sehr ungerecht sein. Danke an die Band für diese Veröffentlichung.
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