PlattenkritikenPressfrisch

FERRIS & SYLVESTER – Otherness

~ 2024 (Archtop Records/PIAS-Integral) – Stil: Alternative Folk ~


FERRIS & SYLVESTER sind längst über den Status eines Insidertipps hinausgewachsen. Nach drei Studio-EPs und einer Live-EP wurde bereits ihr 2022er Debütalbum ´Superhuman´ als Meisterwerk mit Superlativen gefeiert und mit Awards ausgezeichnet.

Dass allerdings die Talente des Ehepaars Issy Ferris und Archie Sylvester derart fabelhaft miteinander verschmelzen würden, war zu Beginn ihrer musikalischen Partnerschaft im Jahre 2019 nicht abzusehen. Schließlich führte Archie Sylvester eine moderne Bluesrock-Gruppe namens THE ARCHIE SYLVESTER TRIO an und Issy Ferris war von Kindesbeinen an in der Londoner Folk-Szene verwurzelt. Doch nach fünf gemeinsamen Jahren des Musizierens präsentieren FERRIS & SYLVESTER mit ihrem zweiten Studioalbum das nächste Ausnahmewerk.

´Otherness´ begeistert wieder einmal mit einem äußerst harmonischen Gesangsvortrag, den zumeist Issy Ferris in Szene setzt, ehe sie in trauter Harmonie gemeinsam den Ton angeben. Die Kompositionen tönen dabei zwischen Americana und Bluesrock, Psychedelic Folk und Soul, oder als klassische Songschreiber im Indie und Alternative Folk-Pop. Denn der Abwechslungsreichtum und die musikalische Wandlungsfähigkeit werden auf ´Otherness´ groß geschrieben.

Der von Zeit zu Zeit aufblühende Retro-Bezug entsteht durch den zusätzlichen Einsatz von Hammond Organ, Rhodes, Moog und Wurlitzer sowie der warme und natürliche Klang des Werkes durch den Produktionsvorgang auf einer Sechzigerjahre Bandmaschine. FERRIS & SYLVESTER sind im Grunde die britische Antwort auf MRS. GREENBIRD oder einfach nur die musikalisch vorzügliche Mischung aus FIRST AID KIT und THE WHITE STRIPES.

 

 

Dementsprechend lärmen Lieder von FERRIS & SYLVESTER wie ´Dark Side´ und ´Out Of It´ mit Retro-Feeling und feurigen Gitarreneinsätzen. Zudem reißen FERRIS & SYLVESTER mit ihrem mehrstimmigen Gesang in ´Imposter´ alle von ihren Sitzen und mit ihren Streichereinlagen in ´End Of The World´ zu euphorischen Begeisterungsstürmen hin, die jedes Meer an Feuerzeugen in ein Feuerwerk verwandelt.

FERRIS & SYLVESTER haben auch Blues-Hymnen. Das durch ein Intro zweigeteilte ´Rain´ entfaltet sich dabei besonders überirdisch, gerade weil die Einführung von Issy Ferris ganz alleine, ohne Instrumente, vorgetragen wird. Demgegenüber übernimmt ausnahmsweise Archie Sylvester die Strophen der Western gefärbten Nummer ´What’s It Gonna Take?´ und beide den Chorus des Country geschwängerten ´Headache´.

Ein weiterer, bereits jetzt klassisch klingender Song mit Akustikgitarre ist ´Paper Plane´ sowie mit markantem Piano das vorwiegend sanfte und erst zum Abschluss aufrührerische ´Muzzle´. Dagegen besitzt ´Don’t Fall In Love With Me´ die traumhafte Schönheit sowie den Hintergrundgesang aus den Sechzigerjahren sowie ´Mother´ die elegische Schönheit der Siebzigerjahre und des female Songwritertums. Scheinbar fröhlich verrückt wirbelt abschließend nochmals ´The Performer´ und die Ballade ´Love Is Real´ frohlockt dazu himmelhochjauchzend melodramatisch.

´Otherness´ ist für jeden gedacht, der sich wie ein Außenseiter fühlt, doch FERRIS & SYLVESTER sind unzweifelhaft für alle da.

(9 Punkte)

 

 

https://www.facebook.com/FerrisandSylvester/

 


Pic: Archtop Records
(VÖ: 1.03.2024)