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MYRATH – Legacy

~ 2016 (Nightmare/Sony/RED) – Stil: Oriental Metal ~


Mit ihrem zweiten Album schlugen die Tunesier MYRATH vor sechs Jahren gehörig in der Szene ein. Ihr progressiv angehauchter Power Metal, in Verbindung mit orientalischen Klängen und dem wunderbaren Gesang von Zaher Zorgati, ließ den Stern des Quartetts am Firmament erstrahlen. Nun legen die Mannen ihr viertes, in Frankreich aufgenommenes Werk vor und leiten gleichzeitig eine leichte Zäsur ein. Bereits der Albumtitel – ´Legacy´ entspricht in Arabisch ´Myrath´ – lässt auf einen Neubeginn schließen und sollte mit der erfolgten musikalischen Ausrichtung den Bekanntheitsgrad der Gruppe entsprechend erhöhen.

Gerade weil Elyes Bouchoucha durchgehend mit Keyboards und Orchester-Untermalung seine Finger behutsam in den Sound legt, zeigen sich die mit orientalischem Folk untermalten Melodien so sehr offenherzig und einschmeichelnd, dass MYRATH zuweilen mit Songs wie dem hervorragenden Opener ´Believer´ für die immerzu erwartete orientalische Note beim Eurovision Song Contest sorgen könnten. Wer also vor zwanzig Jahren in ´Holy Land´ der Brasilianer ANGRA seine Erfüllung fand, darf sich hier unter Berücksichtigung anderer folkloristischer Einflüsse ganz genauso wieder verlieben. Diesmal in einen tunesischer Traum.

Zudem trägt der besonders luftige und frische Sound nun vermehrt die Züge des Melodic Metals und nimmt mit ´The Needle´ und ´Through Your Eyes´ – unter Einbeziehung des Oriental-Faktors – sogar den Kurs gen Melodic Rock. Gerade letztgenannter Song ist am allerschönsten mit direkt in Tunesien aufgenommenen Geigen verziert worden. Der Bonus-Song ´Other Side´ stellt dabei den Höhepunkt dieser Entwicklung dar. Hier darf das silberne Glitzer-Leibchen herausgeholt und zur Melodic Night gegangen werden, denn selten spazierte der Scandi Rock näher in Richtung des Äquators als hier – äußerst hitverdächtig. Wer dann trotz Songs der Marke ´The Unburnt´ noch – aufgrund der früheren Kategorisierung der Band als Progressiv-Act – Zweifel hegt, sollte diese ebenfalls bei aktuellen Hard Rock-Legenden wie EUROPE anmelden.

Während Zaher Zorgati bei ´Nobody´s Lives´ den Refrain in Arabisch singt, könnte zuweilen bei einigen hohen Tönen ein Mitwirken von Andi Deris vermutet werden. Aber irgendwie scheint bei allem folkloristischen Einfluss der skandinavische durch. Klangen zwar CONCEPTION nie so eingängig wie das erlesene ´Get Your Freedom Back´, wäre das härtere ´Storm Of Lies´ ebenso für die PRETTY MAIDS verdammt annehmbar gewesen. Und so rufen nicht nur das bereits erwähnte ´The Needle´ wie einige andere Ohrwürmer auch Tony Harnell und seinen Kompagnon bei WESTWORLD Mark Reale ins Gedächtnis.

Ein äußerst hochklassiges und andersartiges Werk. Fabelhaft.

(8,5 Punkte)

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