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QUEEN – I

1973/2024 (Universal Music) - Stil: Hardrock

1968 gründete der Mathematik- und Physik-Student Brian May, der mit einer von seinem Vater angefertigten Gitarre musizierte, zusammen mit Sänger/Bassist Tim Staffell in London die Gruppe SMILE. Über eine Ausschreibung am schwarzen Brett eines Colleges kam Zahnmedizinstudent Roger Taylor als Schlagzeuger hinzu. Ein anderer Kommilitone von Tim Staffell studierte Grafikdesign und wollte der Gruppe als Leadsänger beitreten. Farrokh Bulsara stammte aus Sansibar und war indischer Abstammung. Doch erst als Tim Staffell wegen anhaltender Erfolgslosigkeit die Gruppe verließ, nahmen sie Farrokh “Freddie” Bulsara in die Band auf.

Sie änderten ihren Bandnamen auf Betreiben ihres neuen Sängers in QUEEN um und spielten unter neuem Namen am 18. Juli 1970 in London ihr erstes Konzert. Roger Taylors Freund und Bassist Mike Grose verließ die Gruppe allerdings bereits nach drei Live-Auftritten. Erst im Februar 1971 nahmen sie John Deacon als Bassisten auf.

Die klassische Bandbesetzung – Freddie Mercury, Brian May, John Deacon und Roger Taylor – hatte ihren ersten Live-Auftritt am 2. Juli 1971 an einem College in Surrey. Bei ihrem ersten Live-Auftritt des Jahres 1972 im Bedford College in London kamen sage und schreibe sechs Zuschauer.

Nachdem sie mit einer Tochtergesellschaft von Trident einen Managementvertrag abgeschlossen hatten, konnten sie die Leerzeiten in den hochmodernen „Trident Studios“ der Brüder Norman und Barry Sheffield für ihre eigenen Aufnahmen nutzen. Unter der Mithilfe des hauseigenen Produzententeams Roy Thomas Baker und John Anthony begannen sie im Mai 1972 an ihrem Debütalbum zu arbeiten. Aufgrund ihrer Unerfahrenheit und ihren unnachgiebigen Anstrengungen zur technischen Perfektion kam es allerdings unentwegt zu Reibereien mit den Produzenten. Anstatt der eingespielten Aufnahme von ´The Night Comes Down´ beinhaltete das Album am Ende das “De Lane Lea”-Demo des Songs und der Song ´Mad The Swine´ wurde ersatzlos gestrichen, da sie sich nicht auf einen Mix einigen konnten.

Im November 1972 war das Debütalbum von QUEEN fertig, wurde allerdings erst am 13. Juli 1973 im Rahmen eines Lizenzvertrags mit “EMI Records” veröffentlicht, da es zwischenzeitlich keine Plattenfirma herausbringen wollte.

Im Oktober 2024 werfen QUEEN ihr ursprünglich selbstbetiteltes Debütalbum unter dem Titel ´Queen I´ frisch auf den Markt, denn es ist eine neu abgemischte und neu gemasterte Version.

´Queen I´ enthält die ursprüngliche Songreihenfolge unter der erstmaligen Berücksichtigung des Songs ´Mad The Swine´. Jedes Instrument wurde überarbeitet, damit die ‚Live‘-Umgebungsklänge hörbar werden. Gitarrist Brian May und Schlagzeuger Roger Taylor reden daher von einem Debütalbum, von dem sie immer geträumt haben.

Denn damals erwiesen sich die von ihnen erhofften gewaltigen Gitarren- und Schlagzeugklänge als nicht produzierbar. Das Schlagzeug sollte aus seiner Kabine in die Mitte des Studios, doch Roger Taylor konnte noch nicht einmal sein eigenes Schlagzeug mitbringen.

Jetzt klingt alles ordentlich laut und deutlich, die dumpfe Produktion anno 1973 ist passe. Das Schlagzeug ist wuchtiger, die Produktion bekommt viel Hall und scheinbar haben sie sich sogar gewagt, obwohl keinerlei neue Overdubs versichert werden, gewisse Spitzen von Freddie Mercurys Tonhöhe zu korrigieren. Ein echtes Sakrileg.

Dementsprechend packt man ´Queen I´ mit seinem 2024er Mix und sogar den Lyriks in eine plüschig lila “6CD + 1 LP”-Box, samt den allerersten, neu gemischten Demos, den “De Lane Lea Demos 2024”, Session- & Backing-Tracks, sowie die bekannten Live-Aufnahmen At The BBC und Londoner Rainbow Theatre, fügt noch ein Buch hinzu und fertig ist die “Collector’s Edition”. Kuriositäten sind dabei der frühe QUEEN-Song ´Hangman´, auf den Spuren von FREE, Studiogeplapper (“Oh, it’s you Bulsara, you bastard! It’s you who’s flat!” – “All right Bry-sy!”) oder Gewöhnliches, dass etwa ´Doing All Right´ überraschend mit Akustikgitarre beginnt.

´Queen I´ erscheint in seinem 2024er Mix natürlich auch als einzelne LP und CD, als Doppel-CD, Picture-LP und MC.

Dereinst wurde das Debüt als Hard Rock, Progressive Rock und Heavy Metal umschrieben, dabei wurde es bereits hier einmalig und unvergleichlich, denn QUEEN schrieben schon mit ihrem ersten brillanten Meilenstein Musikgeschichte.

QUEEN waren innovativ und kreativ, mit vielen „theatralischen“ Elementen. Gleichwohl war ihr Debüt mit seinen Gitarrenriffs ein äußerst rockorientiertes Album, mit sehr unterschiedlichen Liedern und sehr unterschiedlichen Melodien.

´Keep Yourself Alive´ aus der Feder von Brian May eröffnet mit prägnanter Gitarrenmelodie das Debüt. Freddie Mercurys einzigartige Stimme samt Vokalharmonien stürzen hinzu, kurzes Schlagzeugsolo und das erste klassische Gitarren-Solo von Brian May ertönt, samt kurzer Gesangseinlage von Roger Taylor und Brian May. Dabei durchläuft der Eröffnungshit eine stetige Wandlung.

Noch von Brian May/Tim Staffell komponiert, beginnt hingegen ´Doing All Right´ mit Brian Mays Klavierspiel. In der Tradition aus Folk, Blues und Rock folgen Gitarre sowie klassische QUEEN-Vokalharmonien, ehe die feuernde Gitarre nach einer hohen Gesangszugabe den Song explodieren lässt. Energiegeladen rauscht sodann das aggressive ´Great King Rat´ von Freddie Mercury abwechslungsreich durch verschiedene Stimmungsbilder, samt sakraler Heavyness, wirbelnder Rauschzustände mit Glöckchen, donnernder Mahnung und finaler Ekstase aus dem flinken Akustikgitarrenspiel heraus.

Mit hohem Gesang zur Akustikgitarre steigt der bislang unberücksichtigte Hit ´Mad The Swine´ ein und entwickelt sich zu einer ausgelassenen Komposition. Mit hohen Schreien von Freddie Mercury steigt ´My Fairy King´ zu Klavier und singender Gitarre ein. Ein Freddie Mercury in Hochform, QUEEN-Vokalharmonien und ein instrumentales Ensemble, das sich abschließend mit Klavier, Gitarre und allem drum und dran in himmlische Höhen schießt, zeugen schon auf diesem Debüt von der Einzigartigkeit dieses Quartetts.

Der große und epische Rock-Song geht wie die beiden Songs zuvor auf Freddie Mercury zurück, eröffnet nach der mit Hits verwöhnten A-Seite die experimentellere B-Seite und heißt ´Liar´. In diesem explodiert die entfesselt aufspielende Formation alle paar Sekunden zum Schlagzeugwirbel, bevor sie den Song mit Vokal- und Gitarrenharmonien auf einen freien Platz zu Percussions und Gesang treibt, auf dem schließlich die Gitarre den Wahnsinn heraufbeschwört und alle in den Titel-Gesang einstimmen.

Beinahe hypnotisch führt die akustische Gitarre die Ballade ´The Night Comes Down´ von Brian May ein, die ohnehin mit ihren interessanten Einlagen an Gitarre und Schlagzeug aufhorchen lässt. Aufgerüttelt wird allerdings jeder von der kraftvollen Up-Tempo-Nummer ´Modern Times Rock & Roll´ von und mit dem Gesang von Roger Taylor.

Ausgesprochen düster und heavy ist daraufhin der Song ´Son & Daughter´ von Brian May, der jedoch durch die klassischen Vokalharmonien seine Eigenständigkeit behält. Die letzte wuchtige und beseligte Komposition, ´Jesus´ von Freddie Mercury, entfesselt in ihrem Instrumentalabschnitt nochmals alle Fertigkeiten, ehe die kurze Instrumentalversion von ´Seven Seas Of Rhye´ bereits auf ´Queen II´ verweist.

Wer sich mithin nicht an produktionstechnischen Bagatellen stört, greift beherzt zu ´Queen I´ oder hört weiterhin täglich sein Original aus 1973.

(Klassiker)

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