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LUZIFER – Iron Shackles

~ 2022 (High Roller Records) – Stil: Heavy Metal ~


VULTURE sind ja hierzulande schon ein anerkannter Act. Mit ihrem aggressiven Speed Metal sind sie schon durch viele Konzertsäle gerast und haben so einige Kollegen an die Wand gespielt. Ich war auch schon einmal Zeuge eines Ausfluges der Ruhrpottgeier. Scheinbar sind sie aber noch nicht ausgelastet. So haben Bassist Steeler und Gitarrist/Sänger Steve Castevet seit 2009 LUZIFER als Zweitband. Mit Dummer Gereon Deceiver ist mittlerweile ein weiterer Raubvogel an Bord. Nach der ´Rise´-EP und der Single ´Black Knight´ hat es das Trio aus Hamm endlich geschafft, ein vollständiges Album zu produzieren.

Ein erster Blick auf die Tracklist läßt mich allerdings vor Angst erstarren. JOACHIM WITTs ´Der Goldene Reiter´, ein Klassiker der NDW, als Cover? Mir fällt ein, wie sich EDGUY an FALCOs ´Amadeus´ verhoben haben. Keine Sorge, ich kann mich wieder bewegen. Aber ehe wir jetzt davonreiten, legen wir doch erst einmal ´Iron Shackles´ auf.

Schon beim Opener und Titelsong ist zu vernehmen, die Lichtbringer von LUZIFER sind noch eine Runde altmodischer als ihre Hauptband. ´Iron Shackles´ klingt nach einem Mix aus dem Okkultismus von BLACK WIDOW und dem Ur-Metal von QUARTZ oder HEAVY LOAD mit dem Gitarrensound der  frühen SCORPIONS. Aber die Orgel, wer hat denn diesen Sound ausgesucht? Das klingt im ersten Moment so penetrant auffällig, erst schräg, drängelt sich immer weiter ins Bewusstsein, ist so einfach unfassbar geil. Weniger okkult rockig, dafür mit einer größeren Dosis NWoBHM brettert ´Barrow Downs´ durch die Boxen.

Das kurze Instrumental ´Faltige Schwingen über Loudun´ stimmt auf das Folgende ein. Das deutschsprachige ´Hexer (In Dreiteufelsnamen)´ geht zurück ins 17. Jahrhundert, als unter Kardinal Richelieu in Loudun ein Hexenprozess gegen den Priester Urbain Grandier stattfand. Ja, richtig, ein deutscher Text mit ein paar französischen Zeilen. Damit schließen LUZIFER textlich an ´Wieland Der Schmied´, ´Sophie das Henkersmädel´ und ´Das Grab Im Moor´ an. Nicht zuletzt outet sich das Trio als Fans von Metal Made in GDR. Eigentlich ist das fast die bessere Verbeugung, als einen Ost-Song zu covern. Mit ein paar gesanglichen Exzentritäten oder ein zwei spitzen Schreien wäre bei ´Wrath Of The Sorcerers´ die Nähe zu MERCYFUL FATE noch besser zu hören.

Und hier kommt er, ´Der Goldene Reiter´. Ich muss gestehen, die Fassung ist gelungen. Sie passt auch zum Rest des Albums, ohne wie ein Fremdkörper zu wirken. Dabei fällt mir auf, ich selber habe das Original auch erst nach der Wende kennengelernt. Kann es sein, das Teile des Textes den Oberen in der DDR nicht unbedingt gefielen? Mit dem epischen ´Atilla (Blazing Hooves)´ schließt ein abwechslungsreiches Album ab, das nur einen Makel hat. Mit gerade 32 Minuten ist es deutlich zu kurz. Eigentlich mag ich Alben, die nicht zu lang sind, hier scheint mir aber noch ein Stück zum Glück zu fehlen. Noch ein paar Orgeln mehr, ein paar Melodien, noch ein paar Kopfschüttler, das hätte sein dürfen. Aber, sind wir nicht nörgelig. Jammern wir nicht. Fangen wir eben wieder am Anfang an.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/LuziferHM


(VÖ: 25.03.2022)