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PAUL SIMON – Seven Psalms

~ 2023 (Owl Records/Legacy Recordings/Sony Music) – Stil: Songwriter ~


Paul Simon sinniert über sein Leben und die Zeit danach. Der 81-jährige Singer-Songwriter trägt, einem Konzeptalbum gleich, sieben zusammenhängende Lieder vor, die mit der Reprise des ersten Liedes zu einem 33-minütigen Musikstück zusammenwachsen.

Diese 33 Minuten sind eine unruhige Reise durch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sie lösen in Paul Simon ein inneres Zwiegespräch aus, das sich zum jetzigen Zeitpunkt seines Lebens als sein musikalisches Testament herauskristallisieren könnte. Für junge Ohren der Generation-Streaming werden die zusammengehörenden 33 Minuten wie die endlosen, stundenlangen Zeremonien einer Osternacht-Messe wirken, Glockengeläut inklusive.

Grundsätzlich präsentiert sich Paul Simon allerdings allein mit seiner Gitarre und Stimme, zumindest ganz und gar mit einem Akustikinstrumentarium. Gleichwohl ist sein letzter musikalischer Wille mit nichts aus seinem bisherigen Schaffen vergleichbar. Er hält sich bei der Wiedergabe seiner ´Seven Psalms´ auch nicht an die Gattung eines Klagepsalms, eines Dankpsalms oder Weisheitspsalms, seine Psalmen des Lebens sind schlichtweg alles in einem.

Paul Simon führt einen inneren Zwist, ob er glauben kann, soll oder nicht, singt von Gott, von Liebe und der Familie, stirnrunzelnd von der Vergangenheit und metaphorisch von der Ewigkeit. Die Musik wird dabei nicht zum Hymnus, auch wenn sie meditativ diese Klangwelten auslotet und auch kurz das britische Vokalensemble VOCES8 hereinbittet.

Im Mittelpunkt steht ´The Lord´, der „eine Mahlzeit für die Ärmsten, eine willkommene Tür für den Fremden“ ist. Paul Simon macht ihn allerdings auch fälschlicherweise für das „Covid-Virus“ verantwortlich, da Gott alles ist. Der weltliche Herrscher, der Höllenfürst wird jedoch nicht in die Überlegungen mit einbezogen. Dennoch gibt der Superstar der Sechzigerjahre abschließend eindeutig zu verstehen, dass sein Kopf „immer noch klar“ ist, derweil seine Ehefrau Edie Brickell bei ihrem Gastauftritt vom Kommenden, vom wunderschönen Himmel redet, „es ist fast wie zu Hause“.

Gemeinsam singen sie leidenschaftlich geschwungen das letzte Wort der ´Seven Psalms´: „Amen“.

Kunstwerk oder Meisterwerk?

 

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