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KINGDOM OF TYRANTS – Architects Of Power

~ 2023 (Metal On Metal) – Stil: US Metal ~


Bei dem Cover schwant mir erstmal nichts Gutes. Gut, mag ja immer im Ohr des Zuhörers liegen, aber es sieht mehr nach modernem Symphonicmetal mit Growls, Elfengeheul und progressiven Einsprengseln aus. Das ist jetzt nicht die Musik, für welche ich meine knappe Freizeit opfern mag. Aber dann lese ich was von STEEL ASSASSIN (Gitarren) und MELIAH RAGE (Gesang). Sollte mich hier ein 80s US Powermetal Juwel vor dem Herrn erwarten?

Nach mehreren Durchläufen bin ich schlauer und fühle mich gewappnet, mein Urteil zu diesem Album zu fällen. Das klingt jetzt so richtig garstig, aber man muss ja auch wissen, wofür man seine sauer verdiente Kohle raushaut.

Als a l t e  Amis auf der falschen Seite der Mitte 50 werden KINGDOM OF TYRANTS natürlich bei dem truemetallenen Background nicht noch auf irgendwelche Trendzüge aufspringen. Aber was ist noch Trend und was schon retro? Ich entsinne mich solcher Musik als Heilsbringer, als Grund zum Durchhalten in den echt finsteren 90er Jahren, wo echter Heavy Metal und Power Metal ein kümmerliches Dasein in der Abgeschiedenheit des Undergrounds fristeten, meist sogar hermetisch in regionalen Szenen mit schwindendem Zuhörerpotential abgeriegelt.

Nur durch das Wort und die Connections einiger Wagemutiger wurde solche Musik damals entdeckt und nach Europa geholt, wo zwar keine Legionen, aber doch einige Liebhaber kräftiger Metalklänge mit edlen, oft galoppierenden Gitarren und machtvollen Gesängen, vor spirituellem Hunger nach ihrer Seelenmusik darbten. Das war die Zeit, wo ich fast zufällig begann, den Schreibstift bzw. die Tastatur als Ersatzschwert im Kampf für den echten Stahl (ja, ich war damals entsprechend begeistert und hingebungsvoll dieser Musik verschworen) zu entdecken und zur Verbreitung entsprechender Propaganda zu gebrauchen.

Nun ist das alles ganz, ganz lange her und wir haben sogar inzwischen ein neues Jahrtausend erreicht. Viele der für mich als jungen Mann aufgrund diverser Aspekte ungeliebten Alben und Kapellen sind inzwischen gern gehörter Teil meiner Musiksammlung daheim. Dagegen ist eine unglaubliche Menge Heavy Metal und Power Metal aus den alten Tagen und von jüngeren Mitstreitern an mir spurlos vorübergezogen, weil dem Material oft das letzte Quäntchen Genialität fehlte, es aus einer ordentlichen Menge an Musik herausstechen zu lassen.

Was will ich damit sagen? KINGDOM OF TYRANTS wagen einen Spagat, mehr sogar ein „Himmel und Hölle“ Hüpfspiel zwischen den verschiedenen Ausprägungen des Heavy – und e c h t e n Powermetal. Mit ruppig knarriger Stimme wird meist in etwas tieferen Lagen über solide rollenden Stahlwalzen die Glorie des Metal besungen oder in mystifizierter Verklärtheit ein fantasievolleres Thema angegangen. Besonders auffallend bleiben dabei die fantastischen Leadgitarren der STEEL ASSASSIN-Dudes, die wie Hiebe mit flammenden Schwertern die Seele des Hörers durchschneiden. Hier sind große Melodiebögen zu hören. Die meisten Riffs sind ebenfalls sehr catchy aufgebaut, was schon der Opener ´Unforgotten Souls´ sehr eindringlich rüberbringt.

Man kann sagen, dass die alten Recken nicht lange fackeln. Auch bei allem Festkrallen an den Traditionen und somit auch Standards des Heavy – und Powermetal haben sie Spirit. Es ist der Geist der Epoche, den sie da einfangen. Mittlere 80er bis frühe 90er, wo Metal noch h e a v y war. Und mit jedem Hören tun sich so kleine Schnörkel, zauberhafte Melodien, Ecken und Kanten ihrer Bandpersönlichkeit auf. Treibend, rollend oder stampfend, sie sind nicht darum verlegen, die Rhythmik urtypisch auszurichten und die Stücke schnurstracks geradeaus zu schreiben. Das geht direkt ins Blut und Du als Zuhörer wirst einfach eingesogen und tobst mit.

Es erwartet Dich eine alte Sage musikalischer Art, also versteif Dich nicht auf Innovation. Besser kann ein Mensch das hier auch nicht machen, egal, welche Neuerungen er einzubringen versucht. Die Platte kommt, sie kommt immer näher zu Dir, immer klarer mit jedem Dreh im Player. Liebenswert und ruppig, wie Heavy Metal eben ist. Was zuerst unspektakulär wirkt, begeistert Dich kurz darauf. Ich hab ja lang keine so auf den Punkt gespielte US Powermetal Scheibe mehr gehört, vielleicht eher aus Gründen der Übersättigung, denn aus Mangel daran. Aber ich bin froh, dass man mich gepackt und mit den Ohren direkt drauf gestoßen hat.

Leder, Nieten, Mopeds, Öl, Chrom, Jeans, Bier, Brüderschaft, all dies sind die Attribute, die mir hierzu einfallen. Sie schwenken keine Flaggen, um sich zwecks moralischer Eigenerhebung zu irgendwas trendig bessermenschlichem zu bekennen, sie prügeln nicht auf Menschen mit anderer Weltsicht herum, sind nicht allein gut oder böse, sondern einfach erdige und ehrliche Stahlarbeiter.

So einfach zum Beispiel der Refrain von der Bandhymne ist, so leidenschaftlich und echt wirkt er. Die (großen) Jungs brauchen sich auch nicht zu verkleiden. Das hier ist Heavy Metal für die Club-Bühnen.

Grundsolide 8 Punkte.

 

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