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AVEY TARE – 7s

~ 2023 (Domino) – Stil: Experimental Pop/Psychedelia/Indie Rock ~


Avey Tare, alias Dave Portner, Mitbegründer der experimentellen Soundspezialisten von ANIMAL COLLECTIVE, dürfte den meisten aufgrund seiner Fähigkeit bekannt sein, scheinbar nicht verwandte Stile miteinander zu verschmelzen, um komplizierte surrealistische Klanglandschaften zu erschaffen.

Ob nun mit seiner langjährigen Stammband, seinen Soloarbeiten oder seinen zahlreichen weiteren Nebenprojekten geht er selten zweimal denselben Weg, und sein mittlerweile viertes Solowerk ´7s´ folgt am ehesten ANIMAL COLLECTIVEs ausgezeichneter ´Time Skiffs´ vom letzten Jahr, mit all den dichten Arrangements und surrealistischen Atmosphären, und ist somit in einem völlig anderen stilistischen Vorwahlgebiet angesiedelt als die wässrige ländliche Psychedelia seines letzten Solo-Ausflugs von 2019 ´Cows On Hourglass Pond´.

 

 

Aufgenommen mit Produzent Adam McDaniel und teilweise mit der rhythmischen Hilfe von Schlagzeuger Alex Farrar versehen, ist ´7s´ zwar ein weniger abstraktes Bild seines Psychedelic-Pop, dennoch besitzen Songs wie etwa ´Invisible Darlings´ oder ´The Musical´ nahezu alle Kennzeichen seines unverkennbaren Sounds. Die Melodien sind farbenprächtig wandernd, eingängig und in nur schwer zu identifizierende Klänge gekleidet, die hochgestimmte Gitarren, Synthesizer, himmlische Harfen oder gar etwas ganz anderes sein könnten.

Wilde experimentelle Elemente kommen dabei stets in den Mix, oftmals wie aus dem Nichts, und werden mit Schichten von verzerrten Tönen überzogen, die sich allmählich über den Grooves stapeln. Eines der Highlights ist ´Hey Bog´, ein ungemein langatmiges Stück, das langsam aus einer bloßen atmosphärischen Einführung in einer seltsamen, gummiartigen Art von meditativem Funk erblüht.

´7s´ ist von außergewöhnlicher Tiefe, jeder Song ist ungemein dicht geschichtet, und die surreale Landschaft ist vor allem reich an Wah-Wah-Gitarren, klassischen Klavieren und mechanischen Geräuschen. Die Bass-Synthesizer-Linien fühlen sich teilweise sogar von frühem Acid-Techno inspiriert an, und die heftigen Dosen an glückseligen Gesangsharmonien und verwaschenen Instrumentaltexturen schweben fast zusammenhanglos über den rhythmischen Elementen.

Das Album ist jedenfalls erneut reich an extravagantem Charme, und es ist eine großartige Destillation von Portners verschiedenen, immer von einer ausgeprägten Neugier getriebenen Stilen, die an einige der besten Momente der sich ständig verändernden Diskographie von ANIMAL COLLECTIVE erinnert. Es ist eine großartige Erinnerung daran, wie seltsam und einzigartig Avey Tare schon von jeher war, und wie er seine schrägen Eskapaden mit jedem neuen Album wieder auffrischt.

(8 Punkte)

 

https://www.facebook.com/aveytare


Pic: Amy Grace