PlattenkritikenPressfrisch

ROMAN BUNKA – Dein Kopf ist ein schlafendes Auto

~ 1980/2020 (Sireena Records) – Stil: Krautrock/Worldmusic ~


Krautrock goes Marrakesh. Musik wandert ohnehin allezeit. Insbesondere in den Sechziger- und Siebzigerjahren. Doch Sänger/Gitarrist Roman Bunka unternahm noch Anfang der Achtzigerjahre eine besondere musikalische Reise. Eine äußerst experimentelle obendrein. Und Krautrock ist dabei ein gutes Stichwort, denn allein im Überbegriff des Krautrock konnte in den Siebzigerjahren von Elektronik bis zum Rock alles Mögliche und Unmögliche passieren.

Ebenso wie im Krautrock und bei vielen Meisterwerken des Genres zeigt sich in dem einmaligen Projekt und Werk ´Dein Kopf ist ein schlafendes Auto´ jedes Lied auf anderen Pfaden. Jeder Song von Roman Bunkas 1980er Scheibe ist für sich betrachtet bereits speziell.

Roman Bunka kam in jenen Tagen von einer langen Tour mit EMBRYO zurück, die ihn von München bis nach Kalkutta führte. Das dereinst aktuelle EMBRYO-Album mit dem bezeichnenden Titel ´Reise´ erschien 1980. Bunka war und ist bis heute ein langjähriges Mitglied der 1969 gegründeten deutschen Kult-Formation. Zuvor hatte er mit AERA ein halbes Jahr Konzerte gespielt. Deren LP ´Aera Live´ erschien 1979. Bunka war in den Siebzigern des Weiteren bei KRAAN oder XHOL CARAVAN involviert. Indessen erfüllte er sich 1979/80 mit der Scheibe unter dem äußerst eigenen Projektnamen DEIN KOPF IST EIN SCHLAFENDES AUTO einen Traum. Das Album wurde als Trio eingespielt, ganz im Sinne von CREAM und THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE oder den frühen EMBRYO.

Zusammen mit Gerald Luciano Hartwig (Bass, Sitar, KARTHAGO, GURU GURU) und dem leider bereits verstorbenen Freddy Setz (Drums, Piano, AERA, MISSUS BEASTLY) spielte Roman Bunka (Gitarre, Gesang, Oud, Keyboards) einen experimentellen Krautrock mit allerlei Facetten aus Jazz, Soul und der nötigen, arabisch-orientalischen Einfärbung ein. In seiner Summe jedoch zu avantgardistisch für den Krautrock sowie für die aufkommende Neue Deutsche Welle, wäre Roman Bunka eigentlich ein glänzender Vertreter für den weltweiten Kulturaustausch des Goethe-Instituts gewesen. Immerhin wurde EMBRYOs Asien-Reise vom Goethe-Institut mitorganisiert und zeitnah von Regisseur Werner Penzel als „Vagabundenkarawane“ verfilmt sowie die interessante Geschichte des Projektes DEIN KOPF IST EIN SCHLAFENDES AUTO von Werner Penzel/Fritz Baumann unter dem Titel „Heartbeat“ produziert und nach Veröffentlichung gleichsam der „Vagabundenkarawane“ im Zweiten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt.

 

 

1982 flog Roman Bunka nach Kairo und sollte der Hitze gewahr werden, in der schlafende Hunde und Katzen auf „schlafenden“, also parkenden Autos liegen. Die arabische Laute Oud, die er auf ´Dein Kopf ist ein schlafendes Auto´ spielt, sollte Bunkas Lieblingsinstrument werden und der Ägypter Mohamed Mounir sein neuer Sänger, mit dem er 1989 das Album ´Mohamed Mounir´ produzierte. Doch 1980 musste noch die innere Hitze bei den Aufnahmen vom 21. bis 28. Juli in den Schweizer „Sunrise Studios“ auf die Aufnahmen ausstrahlen. Sechs Kompositionen sind das Vermächtnis aus jenen Tagen, einen siebten schenkt die 2020er Wiederveröffentlichung im Digipak durch „Sireena Records“ dem Hörer mit dem zehnminütigen Live-Track ´What I Can Do, You Can Do, Too / On The Corner´, wobei dem Kenner ´On The Corner´ in anderer Form von Miles Davis bekannt sein sollte.

 

 

Roman Bunka hatte den Arabischen Frühling bereits 1980 vor Augen, wenn im Opener ´Sa Ga Ni Wa Ta´ aus dem Hintergrund andauernd „now is time for change“ (von Sun A Yoon und Chili Baba) gesungen wird. Leichte Prog-Avancen stellen in diesem Jazz-Rocker eine Verbindung zu den späten Siebzigerjahren her. Der wütende Rock bzw. späte Krautrock von ´No More Jogging´ bleibt hingegen im zeitlichen Kontext. Jazz trifft auf New Wave. Die Weltmusik springt sodann in ´Frag mich nicht…´ aus den Boxen, die von Gerald Luciano Hartwig gespielte Sitar bestimmt das Ambiente und lässt die Zuhörerschaft erst in Indien und hernach endgültig zwischen Marokko und Ägypten Platz nehmen. Die Hitze Nordafrikas besingt ´The Heat´ mit englischen Worten, wird aber mit Roman Bunkas Oud, in Gedanken zwischen den schlafenden Autos spielend, landesspezifisch dargeboten. Und die Sonne strahlt unbarmherzig weiter. Im elfminütigen Jazz-Rock-Jam ´Glowin’´ breiten sich die Klänge der Region weiter aus. Roman Bunka setzt seine Oud ein, aber auch Darabukka-Trommeln. Das finale ´Heartbeat´ folgt zehn Minuten lang dennoch eher wieder den westlich geprägten und für ein Trio geradezu prädestinierten Blues-Rock-Jam-Gewohnheiten.

Misanthropen suchen das Weite. DEIN KOPF IST EIN SCHLAFENDES AUTO lädt unternehmungs- und reiselustige Menschen mit oder ohne Begleitung herzlichst ein.

 

https://www.facebook.com/Roman-Bunka-129572686910/