Redebedarf

E-L-R

~ Interview mit dem Berner Post-Doom-Trio E-L-R ~


Nach ihrem fulminanten und nicht nur durch seine absolute stilistische Eigenständigkeit stark beeindruckenden Debüt ´Mænads´ (unser Review siehe hier), sowie einem noch intensiveren Liveauftritt während ihrer Tour mit AMENRA und YLVA im vergangenen Herbst, baten wir Bassistin I., Gitarristin S. und Schlagwerker M. vor’s virtuelle Mikrophon, um mehr über diese spannenden Newcomer aus der Schweiz zu erfahren. Lest hier den tiefen Einblick, den sie uns in ihre Band, ihre Musik und die Hintergründe von all dem gewähren:

 

 

Als Band seid Ihr Drei zum ersten mal letztes Jahr mit eurem Demo ´In Splendour & Sedation´ in Erscheinung getreten, von Eurer Debüt-LP ´Mænad´ waren wir nun so angetan, dass sich gleich zwei von uns mit ihr beschäftigt haben, und wir Euch nun gerne besser kennenlernen möchten.

Mögt ihr Euch sowohl als Band wie auch als Einzelpersonen einmal vorstellen? Vielleicht so, dass jede/r eine/n anderen als Person vorstellt und den jeweiligen musikalischen Hintergrund schildert? Wie entstand aus diesen drei Individuen E-L-R, und wofür stehen die drei kryptischen Buchstaben?

I.: Gestartet hat alles in 2016, als S. und ich angefangen haben, uns Musikideen hin und her zu senden. Wir kannten uns zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Jahre, verkehrten im selben Freundeskreis und verbrachten etliche Nächte zusammen an Festivals oder Konzerten. Nach einigen Proben zusammen bemerkten wir, wie gut wir uns ergänzen und ähnliche Ideen haben, dies motivierte uns, das Projekt voranzutreiben. Nach längeren Fahrten zum Übungsraum entwickelte sich der Projektname E-L-R. Und nein, es ist keine Abkürzung – der Name ist vollständig wie er ist. Der Wortklang und Ästhetik überzeugten uns.

M.: I. und Ich haben vor einigen Jahren zusammen in einem Metalprojekt namens ´Posthumanbigbang´ gespielt und wussten aus dieser Zeit, dass wir zusammen extrem gut funktionieren. Nachdem E-L-R mit verschiedenen Schlagzeugern gearbeitet hatte, fragte mich I., ob ich Lust hätte, einige Songs für ein Demo mit ihnen einzuspielen. Ich spielte zu dieser Zeit in diversen Bands, war aber sofort fasziniert von den Sound-Ideen von S. und I. Aus drei Songs für das Demo wurde unser Debütalbum und bereits nach kurzer Zeit durfte ich als fixer Schlagzeuger Teil der Band werden. In den vergangen zwölf Jahren habe ich mich in modernen Metalgenres und hauptsächlich im Hardcore zu Hause gefühlt. Mein Schlagzeugspiel hat sich seit der Gründung von HORACE (Hardcore-Band aus Bern) stetig verändert. Bei E-L-R spiele ich häufig sehr repetitive, reduzierte Beats, welche gleichzeitig viel «musikalischer» zum Gesamtsound beitragen. Ich bin erst zufrieden, wenn das Drumming 100% songdienlich ist. Oftmals ist weniger mehr, am richtigen Ort das Richtige zu spielen ist allerdings eine große Herausforderung. E-L-R passiert bei mir vor allem im Herz und Bauch.

S.: Ich liebe es mit I. und M. zusammen Musik zu machen und ich profitiere enorm von ihrer langjährigen Banderfahrung. Da die beiden schon in mehreren Projekten zusammen gewirkt haben, ist das Gerüst sehr solide und ich vertraue ihnen blind. Musikalisch sowie auch menschlich.

Das Trio ist nicht nur für mich die ideale Bandbesetzung, und mittlerweile gibt es gerade auch im extremen Metal immer mehr Trios oder sogar nur Duos. Was sind für Euch die Vorteile wie eventuell. auch Nachteile dieser reduzierten, kompakten Besetzung, und seht Ihr die vermehrte Abkehr vom personellen Bombast und die Rückbesinnung auf das Wesentliche als generellen Trend oder einfach als Zufall an?

I.: Für uns war ein Trio immer eine Traumbesetzung. Mit einer kleinen Gruppe zu arbeiten macht vieles einfacher, besonders was Termine und die Organisation anbelangt. Was ich sehr daran schätze ist das enge Verhältnis, das wir unter uns haben. Ich bin froh, dass ein Trio auch musikalisch bei uns so funktioniert, es stellte sich für uns nie die Frage, ob wir zusätzliche Bandmitglieder brauchen.

M.: Die Herausforderung mit nur drei Personen den erwünschten Druck erzeugen zu können macht uns extrem Spaß. Es macht zusätzlich vieles einfacher, ein schneller Umbau auf der Bühne, mehr Zeit beim Soundcheck für die einzelnen Personen, freie Plätze im Auto für unseren Mischer und Lichttechniker.

S.: Ich finde unsere reduzierte Besetzung in allen Aspekten vorteilhaft. Ich fühle mich wohler in kleinen Gruppen und die Kommunikation fällt mir einfacher. Außerdem empfinde ich es als eine Herausforderung, mich nicht hinter einem zweiten Gitarristen verstecken zu können und dafür die ganze alleinige Kreativität ausbluten zu lassen.

E-L-Rs Musik wird zwar unter „Post-Doom“ kategorisiert, entzieht sich jedoch weitgehend Genre-Beschreibungen, sondern überschreitet wie selbstverständlich solcherlei Begrenzungen, was mir persönlich besonders gut gefällt.

Ihr lasst Euch in keine Schublade stecken, sondern schafft Eure eigene, nach vielen Seiten offene Nische. Die Umschreibung für das, was Ihr tut, „Hypnotic rhythms suspended in a haze of eternal reverberation“, enthält schon einige Andeutungen darauf, worauf es Euch beim Musikmachen ankommt. Was zeichnet ein typisches E-L-R-Stück aus, und wie entsteht es üblicherweise?

I.: Das meiste entsteht bei uns im Übungsraum, zusammen. Wir bringen gerne die Zeit auf, eine Grundidee wachsen zu lassen und über längere Zeit zu formen, bis wir damit zufrieden sind. Unsere Songs leben von Stimmung und Dynamik. Ich denke, dass dies auch unsere Songs, sowie unsere ganze Welt auszeichnet. Wir versuchen das auch dem Publikum wiederzugeben und es in unsere Blase zu locken.

M.: Die musikalischen Hintergründe unterscheiden sich bei uns. Ich denke, dass dies massiv dazu beiträgt, welcher Sound bei uns entsteht. Ich finde es nebensächlich, ob die Musik einem bestimmten Genre zugeordnet werden kann. Wir versuchen auch nicht eine bestimmte Band zu imitieren, geschweige denn zu kopieren. Diverse Einflüsse und eine gleichzeitig sehr offene Haltung hilft uns, unseren eigenen Sound zu kreieren. E-L-R Songs brauchen Zeit. Zeit sich zu entwickeln, aufzubauen, abzubauen, auszuufern und Zeit, um die Zeit zu vergessen. Wenn ein neuer Song entsteht, gibt es irgendwann einen Moment, in dem wir uns alle Drei im Sound «verlieren» und ein hypnotischer Moment entstanden ist. Dieser Punkt ist für mich jeweils sehr intensiv und ich merke, dass der Song nun «funktioniert».

Wer sind Eure musikalischen Vorbilder und prägenden Einflüsse? Welche aktuellen Bands inspirieren Euch, was läuft bei Euch aktuell auf den mp3 Playern? Und was in Eurem Leben außerhalb von Musik hat Einfluss auf Eure Kunst?

I.: Wir haben einen sehr gemischten Musikgeschmack, was einen interessanten Einfluss auf unsere Musik hat und diesen auch prägt. Mein Wohlbefinden hat wohl den grössten Einfluss auf mich um kreativ zu sein. Wenn ich mich wohl fühle, bin ich kreativer. Musikalisch wurde ich von vielen Bands inspiriert, in den jüngeren Jahren bewegte sich mein Geschmack sehr im Alternativ/-Indie-Bereich. Mit den Jahren wurde es dann über OPETH oder ISIS immer düsterer und dann auch doomiger. Meine momentanen Helden sind z.B. Bands wie WOLVENNEST, CULT OF LUNA oder HERDER.

M.: Früher vor allem Metalcore- und Hardcore-Bands. In der letzten Zeit allerdings viele Post Metal- und Doom-Bands. Zudem bin ich seit langer Zeit ein großer Fan von elektronischer Musik, was ganz klar mein Gefühl für langsam zunehmende Songstrukturen schult. Drumspezifisch beeinflussen lasse ich mich, wenn auch oftmals eher unbewusst, von Bands wie RUSSIAN CIRCLES, AMENRA, ISIS aber natürlich genau so von Hardcore-Bands.

S.M.: Meine Inspirationsquellen stammen aus verschiedenen Nischen, Ecken und Abgründen. Bisher haben mich Bands wie THE DEVIL’S BLOOD, DEAD SKELETONS, AMENRA und ACID KING am meisten geprägt. Im Moment laufen bei mir auf am dem Plattenteller: MORNE, THE RUINS OF BEVERAST und WOLVENNEST.

Meist benötigt es einige Zeit und Platten, bis eine Band bei ihrer Vorstellung des eigenen Stils und Sounds angekommen ist. Ihr klingt jedoch schon auf Eurer ersten LP sehr reif und in Euch ruhend. Eure Stücke entwickeln ihre hypnotische Magie aus einer (Selbst-)Sicherheit und Erdung, die sich beim Zuhören sofort auf den Hörer überträgt und ihn zentriert, zumindest habe ich dies sowohl live als auch auf Platte so erlebt. Ist das für Euch selbst auch so, oder seid Ihr noch weiter auf der Suche nach dem, was E-L-R einmal werden soll? Welche Rolle spielen dabei moderne Technik und Effektgeräte?

Ein Album ist für uns eher wie eine Momentaufnahme. Wir wissen selbst auch noch nicht, wo es nach ´Mænad´ hingeht. Wenn wir zusammen auf der Bühne stehen und unsere gewohnte Umgebung (Blumen, Kerzen, etc.) um uns haben, sind wir, was wir sein wollen. Uns ist wichtig, wir selbst zu bleiben und Dinge so zu machen, wie wir uns am wohlsten fühlen. Wir sind offen für neue Anregungen und Ideen, wägen aber sehr gut ab, was zu uns passt und was nicht. So auch bei der Technik. Wir benutzen viele Effekte, sind neugierig auf alles, was unseren Sound weiterbringen kann. Wir probieren gerne Sachen aus, manche funktionieren und manche verwerfen wir auch wieder gerne. Die Suche nach dem perfekten und dem eigenen Sound ist nie ganz fertig.

´Mænad´ fühlt sich für mich wie ein Konzeptalbum an, zumindest scheint es ein durchgehendes Thema zu geben – um was geht es genauer bei dieser Platte, die nach der Verkörperung von Ausschweifung und Lebensfreude benannt ist, und die doch gleichzeitig traurige Momente und oft einen eher schwermütigen Grundton hat?

I.: Das Thema zieht sich tatsächlich durch das ganze Album. S. und ich interpretieren sehr viele eigene Geschichten und Erlebnisse in das Album.

M.: Einige Songs sind erst entstanden, als ich zu der Band dazugestoßen bin. Ich war jedoch immer völlig frei, wie ich die jeweiligen Parts spiele und die bestehenden Songs haben zum Teil auch grössere Veränderungen erlebt. Musikalisch ist es somit in unterschiedlichen Epochen entstanden, funktioniert aber als Ganzes aus meiner Sicht sehr gut.

S.: Ich habe mich vor allem von Büchern, Malereien und eigenen Erlebnissen inspirieren lassen. Vor allem Gedichte über den Berg «Parnasse», Berg der Musen, hatte einen großen Einfluss auf die Songtexte und die ganze Geschichte des Albums.

Ihr wart im letzten Herbst auf Nordost-Europa-Tour mit YLVA und AMENRA, ich konnte Euch beim Tourstart in Karlsruhe erleben (hier unser Bericht dazu), und fand die Zusammenstellung der drei Bands genial, denn alle arbeiten musikalisch mit starken Kontrasten und sich ständig wandelnden Stimmungen, die den Zuschauer in eine andere Welt transportieren. Was verbindet und was unterscheidet Euch aus eurer Sicht mit/von den anderen beiden Bands? Mit wem sonst würdet Ihr besonders gern einmal die Bühne teilen?

Zwischen AMENRA und uns verbindet vor allem eine tiefe Freundschaft. Wir sehen uns in einer sehr glücklichen Position, eine solche bedingungslose Unterstützung zu erhalten und auf so eine Tour eingeladen zu werden. Wir waren eine Familie, alles wird geteilt, jeder hilft jedem, alles fühlte sich sehr harmonisch an und wir konnten so vieles lernen. YLVA kannte ich vorher noch nicht und trotz des musikalischen Kontrastes passten wir super zusammen. Im Gegensatz zu uns strahlt YLVA etwas sehr kaltes und hartes aus, beim Zuhören merkt man jedoch, dass wir doch nicht so weit entfernt voneinander sind; hypnotisch, wiederholend und in den Bann ziehend, trifft wohl auf uns beide zu. Und was von AMENRA von Abend zu Abend abgeliefert wurde, hat uns sprachlos gemacht. Eine einzigartige Welt, die sie erschaffen haben.

AMENRAs Colin H. Van Eeckhout hat bei ´Above The Mountains There Is Light´ mit sehr sanftem, ja, zerbrechlichem Gesang mitgewirkt, und auch das Powerpaket Ryanne van Dorst von DOOL sprechsingt auf ´Lunar Nights´ auf ganz andere und sehr berührende Weise als sonst, ihre Stimme wirkt fast körperlos und schwebend. Hat Euer Zauber auf die beiden abgefärbt?

Als Colin erfahren hat, dass wir ein Album aufnehmen, bot er uns sofort seine Hilfe an. Für uns war es eine große Ehre, einen langjährigen Freund auf unserem Debüt-Album zu haben. So haben wir ihm ´Above The Mountain There Is Light´ als weißes Blatt Papier geschickt. Was von ihm zurück kam fühlte sich an, als wäre das fehlende Teil, eine Art magischer Hauch, hinzugefügt worden. Zudem ist sein Hurdy Gurdy auch im Intro von ´Glancing Limbs´ zu hören.

Bei ´Lunar Nights´ war unsere Idee von einer sprechenden Stimme bereits fix. Wir haben uns lange überlegt, wer diesen Part am besten verkörpern könnte. Ryannes Stimme, die so einzigartig ist, hat für uns am besten gepasst. Ryanne hat uns ihre Version zurückgeschickt, mit der wir sofort zufrieden waren. Ihre Stimme wirkt sehr warm und doch bedrohlich. Man hört ihr gerne und gespannt zu.

Ihr selbst setzt Euren sirenenhaften Gesang nur sehr spärlich, wie einen besonderen Akzent Eurer Musik ein. Bei den meisten Bands steht die menschliche Stimme und was sie zu sagen hat jedoch im Zentrum. Habt Ihr genug vom ständigen, endlosen Geplapper unserer so lauten Zeit?

Wir mögen es sehr, dass unsere Stimmen wie eine zusätzliche Sphäre wahrgenommen wird und mit der Musik verschmelzen. Da wir uns stark mit unseren Instrumenten verbunden fühlen, liegt unser Hauptfokus ganz klar in unseren Händen. Die Menge an Gesang hat sich bis jetzt so ergeben, da alles immer sehr intuitiv entsteht. Es ist durchaus möglich, dass der Anteil in Zukunft wachsen wird.

 

 

Doch bevor jemand einen falschen Eindruck gewinnt – Ihr bringt zu dritt eine Power auf die Bühne, die beeindruckt und gefangen nimmt, gerade weil sie sich meist erst allmählich entwickelt und wächst. Ihr könnt jedoch genauso gut direkt aufs Gaspedal treten.

Die vielen Schichten aus Riffs, Loops und Sounds wirken wie ein Schleier oder Netz, das von Euch gewebt wird, und zwischen Euch oszilliert. Das entwickelt solch einen Sog hinein in eine Trance, dass ich aktiv innerlich ein Stück zurücktreten muss, um im Gesamtklang die einzelnen Protagonisten zu unterscheiden. Besonders M.K.’s Drumming fällt dann als extrem kraftvoll auf, aber auch eure Riffs fegen einen gerade live fast weg.

Wie schafft Ihr die Balance zwischen soviel Power auf der einen und solcher zarten Behutsamkeit auf der anderen Seite? Schreibt Ihr die Stücke bereits so, oder entsteht das aus der Improvisation? Spielt Ihr Euch auch einmal selbst in Trance?

I.: Wie schon angetönt, entstehen unsere Song zusammen im Übungsraum und bekommen über die Zeit hinweg auch klare Struktur und Ablauf. Ich denke, dass das Spiel mit der Dynamik einen großen Teil unserer Wucht und der Wirkung der sanften Seiten ausmacht, sowie auch unser Zusammenspiel. M.K. und ich kennen uns bereits von früher und haben auch schon in anderen Projekten zusammengespielt. Umso länger man zusammenspielt, desto besser versteht man sich und geht soweit bis man «blind» miteinander spielt. Dies erlaubt dann auch, sich ein wenig treiben zu lassen.

M.: Insbesondere das Zusammenspiel zwischen Schlagzeug und Bass, welches oft sehr klar und groovig ist, macht es möglich, den Gitarrensound atmosphärisch einzusetzen und trotzdem einen wuchtigen Sound zu erzeugen. Den Sound live umzusetzen ist für mich das beste Gefühl der Welt. Sobald ich das Intro starte, ist mein Kopf klar und alles was mich umgibt eine sphärische Wolke, in welcher ich den Donner kontrollieren darf.

S.: Wenn wir neue Songs erarbeiten, verlieren wir uns oftmals und es artet in sehr lange Aufnahmen aus. Dies sind die einzigen Momente, wo ich konzentriert etwas erarbeiten kann und ohne Ablenkung funktioniere.

Live schmückt ihr eure Bühne mit getrocknetem Schleierkraut, Wiesenblumen und anderen Pflanzen, schafft Atmosphäre mit Räucherwerk. Gerade viele, die sich von düsterer Musik angezogen fühlen, suchen seelischen Ausgleich außerhalb der Städte, in möglichst unberührter Natur. Geht es Euch auch so? Welche Magie ist die grössere, die der Natur oder die der Musik?

I.: Orte an denen man aufatmen kann, geben mir einen guten Ausgleich. Diesbezüglich vermisse ich meinen alten Wohnort, der an einem See war, sehr. Eine Art Oase, ich kam nach Hause und hatte Luft und Weite um mich herum. Es war ruhig. Ich konnte aufatmen und einfach mal über den See starren. Den selben Ausgleich finde ich aber genau so gut in der Musik wieder. Wenn man am spielen ist, ist die Konzentration auf das gelegt und es gibt keine Zeit, andere Sachen im Kopf wälzen zu lassen.

S.: Für mich ist die Natur stark mit der Musik verbunden, da sie mich täglich aufs Neue inspiriert. Manchmal sind es Farben, Gerüche, Texturen oder einfach eine Wetterstimmung, die mich auf neue Ideen bringt.

Musik ist die Sprache der Seele, aber in der heutigen Zeit braucht es oft mehr, um aus dem Außen zu sich selbst zurückzukommen, und ein Leben in seelischer Balance zu führen. Vielen gelingt dies angesichts der ständigen Anforderungen einer konsum- und egozentrischen Welt kaum noch. Was außer Musik macht Euch den Kopf frei? Wie entspannt Ihr am besten, was tut Ihr sonst für Eure Psychohygiene, gerade auch, wenn Ihr auf Tour seid?

I.: Auf Tour lasse ich meinen sonstigen Alltag hinter mir, so gelingt es mir auch die Priorität darauf zu setzen, jeden Tag ein gutes Konzert zu spielen und meine Energie auf das zu konzentrieren. Ansonsten sind es kleine Momente, in denen man den Kopf richtig frei bekommt, mir gelingt das, wenn ich Zeit mit Freunden verbringen darf.

M.: Ganz klar auf dem Velo. Umso zahlreicher die Kurbelumdrehungen, desto besser verlieren sich meine Gedanken in Positivem.

S.: Das Rennen in der Natur hilft mir extrem meine Gedanken zu bündeln und wirft oft auch neue Ideen für Songs oder Gesangslinien ab. Auch auf der Tour versuchte ich, jeden zweiten Tag ein paar Runden zu drehen, manchmal mit mehr und manchmal mit weniger Erfolg.

 

 

Wie üblich gibt es bei mir am Ende noch ein paar Synästhesiefragen:

Wenn E-L-R ein kultischer Gegenstand wäre, was wäre das, und aus welchem Material würde er bestehen?

I.R.: Eine korinthische Säule. Sie wirkt schön aber auch massiv und tragend.

M.: Ein mit Moos überwachsener Schrein aus Holz und Metall. Ein Artefakt, welches Ruhe und Sturm zu gleichen Teilen in sich trägt.

S.: Ein kaputter, goldener Spiegel von getrockneten, klebrigen Blütenresten übersät

 Wenn die sechs Songs von ´Mænad´ Pflanzen oder Tiere wären, welche wären es dann jeweils?

I.: Efeu, Schleierkraut, Füchse.

M.: Stämmige Bäume im Herbst. Stetig geht ein kleiner Teil verloren und gleichzeitig entsteht neues Leben.

S.: Fuchs, von weichem Moos überwachsene Holzstämme, kratziges Gebüsch, verwelkte Blumen.

Was sind Eure persönlichen Lieblingsbands oder Lieblingssongs, und nach was riechen sie?

I.: WOLVENNEST – stark, rauchig mit süßem Abgang.

M.: RUSSIAN CIRCLES – Afrika; riecht nach erloschenem Feuer, welches aufs neue erfacht wird. Auf einer Bergspitze. In der Morgendämmerung. Im Winter.

S.: THE DEVIL’S BLOOD – Getrocknetes Blut, frischer Rauch, Morgentau.

Wenn Ihr an die Instrumente der beiden anderen Bandmitglieder denkt, in welcher Farbe schillert jeweils ihr Klang?

I.: Ich unterscheide nicht Instrumente, sondern eher Songs nach Farben. ´Above The Mountain´ sehe ich in einem Azurblau, ´Ambrosia´ dunkelorange und ´Lunar Nights´ gelblich.

M.: Bass in dunklem Orange, Gitarre in hellen Rauchschwaden, eher gelblich.

S.: Bass in dunklem Blutorange gepaart mit Rauchwolken. Drums in Erdtönen.

Wenn ´Mænad´ ein Gewebe, ein Stoff wäre, was wäre es und wie fühlte sich seine Textur an?

I. + S.: Verrauchter, waldgrüner Samt.

M.: Erdig, schwer und fein zu gleich. Etwas, dass man gerne berührt ohne zu wissen, was es genau ist.

Ihr kommt von einer Tour nach Hause. Wie schmeckt die Erinnerung daran?

I.: Fußspray

M.: Pizza und Bier

S.: Mit Saliva und Bier verklebte Gitarrenkabel

 

E-L-R: Danke vielmals für die spannenden Fragen und deine Geduld. Mussten uns gerade wieder in der Realität zurecht finden <3

U.Violet: Vielen Dank für Eure Zeit und Mühe mit meinen Fragen!

 

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