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STREET KOMPASS September 2019

Guten Morgen, guten Mittag, guten Abend,

diese Zeilen könnt Ihr schließlich rund um die Uhr, auch nachts lesen.

Somit herzlich willkommen zum nächsten STREET KOMPASS, der wieder reich an Quickies ist. Daher wollen wir uns auch gar nicht mit vielen und langen Vorreden aufhalten, denn es rufen bereits die nächsten Scheiben der kommenden Wochen – dieses Jahr überschüttet uns förmlich mit ausgezeichneten Scheiben, die gehört werden müssen …. angefangen bei Ray Alder, über BENT KNEE und Nick Cave, die in den nächsten Wochen erscheinen.

Doch hier folgt zuerst das Album des Monats: 


 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

´Victory´ von BETHEL MUSIC

 


Q u i c k – R e v i e w s


ACID REIGN – The Age Of Entitlement
2019 (Dissonance Productions/Soulfood) – Stil: Thrash Metal

29 Jahre nach ihrem Abgang melden sich die UK-Thrasher ACID REIGN mit einem neuen Album zurück. Außer Sänger Howard „H“ Smith ist kein weiteres Originalmitglied der frühen Tage dabei. Rückblickend kann man sicher behaupten, ACID REIGN spielten damals keine Rolle.

Ihre Mucke war Drittliga-Geballer und ihre damals zwei Veröffentlichungen gingen schmerzfrei unter – und dennoch brachte man es auf Tourneen mit DARK ANGEL, EXODUS, DEATH ANGEL oder CANDLEMASS. Half aber alles nix, der Abstieg und Auflösungen ließen sich nicht aufhalten.

Keine Ahnung was Smith geritten hat, die Band neu aufzustellen. Denn heute wie damals agiert man schlicht Dritte-Liga. `The Age Of Entitlement` bedient sich old schooliger  Elemente, mischt diese, wie schon damals, mit einer Crossover-Note auf. Zehn relativ gesichtslose Songs ohne markantes Eigenleben werden geliefert.

Wer die in dem eh schon überladenen Markt kaufen soll, bleibt mir ein Rätsel. Eine Reunion, die man sich hätte sparen können.

(4,5 Punkte – Jürgen Tschamler)


AMBER RUN – Philophobia
2019 (Easy Life Records) – Stil: Indie/Alternative

AMBER RUN legen ihr Steckenpferd auf gitarrenlastige Hymnen und unelektrifizierte Balladen.

Dabei spricht selbstredend die Liebe ein großes Wörtchen mit. Die Liebe ist ein zentrales Thema, auch in der Fortsetzung der Veröffentlichung ´For A Moment, I Was Lost´.

Das Nottingham-Trio – Sänger Joe Keogh, Bassist Tom Sperring und Keyboarder Henry Wyeth – fühlt sich da ganz auf den Spuren der KILLERS, KEANE und EDITORS  wohl. Es spricht mit ´Philophobia´ ganz natürlich das Indie-Publikum an.

Aufgenommen in den „Vale Studios“ in Fladbury, von Long-time-Produzent Ben Allen, sollten Seelenverwandte hier reinhören.

(7 Punkte – Michael Haifl)


ARDOURS – Last Place On Earth
2019 (Frontiers Records / Soulfood) – Stil: Female Fronted (Gothic) Metal

Für die einen war es die richtige Entscheidung, als die holde Anneke und THE GATHERING sich in Richtung Indie-Progmetal weiterentwickelten, die anderen dürfen weiterhin aus einem schier unerschöpflichen Universum an female fronted Gothic Metal schöpfen.

Wer sich selbst zu ersteren zählt, darf mit ARDOURS auf eigenständigen Pfaden wandeln, denn hier wird eher mal mit Gitarren geschrammelt statt die Doublebass getreten. Passend unkonventionelle Keys und metallische Riffs gehen einen Verbund ein, über dem die erwachsene Stimme von Mariangela Demurtas thront, die sich mit dem Multi-Instrumentalisten und Produzenten Kris Laurent zusammengetan hat, um ihre gemeinsamen Ideen umzusetzen, die dann auch ihr Mitstreiter Tarald Lie bei TRISTANIA eingetrommelt hat.

BIRTHDAY MASSACRE statt NIGHTWISH ist angesagt und das M’ERA LUNA-Festival könnte hier seinen neuen Stern entdecken. Darüberhinaus auch alle, die die Schnauze von zuviel Bombast an der weiblichen Sangesfront gestrichen voll haben.

(7 irdische Punkte – Less Leßmeister)


PHIL CAMPBELL – Old Lions Still Roar
2019 (Nuclear Blast Records) – Stil: Hard Rock/Heav Metal

Seine erste „richtige“ Soloplatte veröffentlicht ex-MOTÖRHEAD PHIL CAMPBELL und hat dazu eine Menge Gäste eingeladen, die ihren Beitrag dazu beisteuern. Und nein, das Album klingt nicht wie MOTÖRHEAD. Ganz im Gegenteil.

Man ist hin-und her gerissen. Irgendwie ist das Album weder Fisch noch Fleisch, aber in letzter Konsequenz doch ein erdiges, grooviges, voller Hooks beladenes Album. Vielleicht hat er ja ein Egoproblem, dass er bei jedem Song einen Gast mit involviert hat, aber dadurch wird das Wörtchen „Solo“ doch etwas verzerrt. Man pendelt zwischen heftigem Hard Rock und tightem Metal.

Namen wie DEE SNIDER, ALICE COOPER, BEN WARD (ORANGE GOBLIN), NICK OLIVERI (MONDO GENERATOR), ROB HALFORD sind da selbsterklärend. Einer der besten Tracks ist der blues-durchflutete `Left For Dead` mit NEV MCDONALD, dicht gefolgt von `Straight Up` mit ROB HALFORD. Total für den A… ist der Albumrauswerfer `Tears From A Glas Eye`. Eine Instrumental-Ballade mit Klavier. Braucht kein Mensch. Generell ist aber auch die Frage zu stellen: Für wen oder was ist das Album gemacht?

(6,5 Punkte – Jürgen Tschamler )


CORELEONI – II
2019 (AFM) – Stil: Hard Rock

Wenn sie nicht letztes Jahr im Mannheimer 7er Club Halt gemacht hätten, ich wüsste vielleicht nicht mal von der Existenz der zweiten Band Leo Leonis. Irgendwann stellte er fest, dass seine alten GOTTHARD-Songs viel zu selten gespielt werden. So machte er aus der Not eine Tugend und holte sich Verstärkung ins Boot, um sich seinen frühen Werken zu widmen.

Das war live schon mächtig, nicht umsonst hängt ihr Patch an meiner Kutte. Und nun folgt das zweite Album, das böse Zungen sicher als Coverplatte abtun. Zwei neue Tracks und ein John Lee Hooker-Cover (´Boom Boom´) ergänzen alte Hits vom Schlage ´Angel´ oder ´Mountain Mama´.

Da Sänger Ronnie Romero, der auch für Ritchie Blackmore schon singen durfte, diese Stücke sich zu eigen macht, und nicht eins zu eins nachsingt (obwohl er stimmlich Steve Lee, dem Ursänger, sehr nahe kommt) ist dies eine mehr als überzeugende Angelegenheit und mehr als ein Coveralbum.

Ich liebe es und verschenke 8 Herzen.

(Mario Wolski)


DENNERS INFERNO – In Amber
2019 (Mighty Music/SPV) – Stil: Hard Rock

Mit seinem neuen Projekt langt Mr. Denner, langjähriger Gitarrist und Songwriter bei MERCYFUL FATE tief in die Restekiste.

DENNER/SHERMAN als überzeugendes Projekt in der Verehrung KING DIAMONDs noch im Ohr, bin ich von ´In Amber´ relativ enttäuscht. Zum einen ist die streckenweise ziemlich schwachbrüstige Produktion ein Dorn im Ohr. Wenig erinnert an Denners königliche Vergangenheit. Hier gibt es 70er Hard Rock, mit dem Aroma von FOREIGNER oder THE FREE.

Die ersten drei Songs (das Intro nicht mitgezählt) vermögen noch halbwegs zu überzeugen, vor allem das ein wenig an die Ex-Arbeitgeber erinnernde ´Sometimes´. Dann fällt Qualität und Spannungsbogen merklich ab, als Negativbeispiel nehme man das passend betitelte ´Pearls On A String´. Das reißt auch das schön soulige ´Loser´ nicht mehr heraus.

(6 Punkte – Mario Wolski)


EMERALD – Restless Souls
2019 (Rock Of Angels) – Stil: Heavy / Power Metal

Der Nachfolger des grandiosen ´Reckoning Day´ und seines Zeichens achte Longplayer muss sich hohen Erwartungen stellen, doch von der ´Freakshow´ an wird klar, dass die Schweizer sich in gefestigter Formation präzise wie ein Uhrwerk auf ihre Stärken verlassen und allen voran Sänger Mace nicht nur an seinem Astralkörper gearbeitet hat, sondern das, was er an Pfunden eingebüßt, weiter auf die Byford-Stimmbänder gepackt hat.

Reinster, ursprünglicher, tadelloser Metal ohne Schnörkel mit speedigen und fettriffenden Einschlägen und Melodien, die nicht nur Teutonen und andere angrenzenden Völkergruppen begeistern können. Dazu erfreuen traditionelle Soli, exquisite Twingitarren, solides Bassspiel und ein Drummer, der sich auf sein Können statt Getriggere verlässt. Die Pflichtballade ´Set Me Free´ gerät dieses mal zur Kür, doch das ist nur ein Fitzelchen der Gesamtveredelung des Eidgenossenstahls, der beweist, dass er ohne hochkarätige Gastsänger auskommt und deshalb keinen Deut weniger als sein Vorgänger wert ist. IRON Metal at its best für alle GAMMA RAY-Strahlen SCANNER und ihre MAIDENS.

(8 rastlose Punkte – Less Leßmeister)


ETERNAL THIRST – Purge The Bastards
2019 (Metal on Metal) – Stil: Heavy Metal

Heavy Metal mit Hang zu Power und Speed Metal. Alben dieser Art gibt es im Moment zuhauf, so hier von den Chilenen ETERNAL THIRST.

Es ist beileibe nicht schlecht. Gerade die Instrumentalfraktion spielt mit Herzblut und Hingabe. Das ist schwer überzeugend… bis der Gesang einsetzt. Dieser bereitet mir so einige Schmerzen, dass ich versucht bin, da mehrere Punkte abzuziehen.

Live sind die Nummern, die sich vielleicht auch gut mitsingen lassen, sicher eine Bank. Als Konserve für Daheim gibt es allerdings so viele gute Scheiben in dieser Richtung, dass sich die Frage stellt: Wie viele solcher Alben braucht der Fan?

(7 Punkte – Mario Wolski)


FEAR NOT – For The Wounded Heart
2019 (20 Buck Spin) – Stil: Grunge Hard Rock

Eier-Hardrock mit Grunge-Einschlag, jemand? Aber bitte sehr, liebe strickpullitragenden Mützenrocker(innen) – hier die bereits erschienene EP von vier Originalmitgliedern der christlichen Combo FEAR NOT, neuerdings verstärkt mit ihrem eigenen Eddie – nicht Vedder, sondern Green.

Ein bisschen KING’S X ist auch mit dabei und der Brückenschlag zum AOR wird spätestens in der Mitte der fünf Laune machenden Songs mit dem stimmigen Ballädchen ´Carry Me´ vollzogen. Da würden beim H.E.A.T.-Festival einige genderübergreifende Höschenarten nass werden und ich höre Karin schon alle fünf Tracks enthemmt mitsingen.

Alles richtig gemacht, die Herren, das Teil rockt und arg viel besser hat man’s in den 90igern auch nicht gemacht.

(7 perlenjammende Punkte – Less Leßmeister)


BILLY FURY – Wondrous Place – The Brits Are Rocking, Vol.2
2019 (Bear Family) – Stil: Rock ’n‘ Roll 

Billy Fury war eine lebende Legende im Britischen Königreich. Er war eine, denn die Guten sterben jung. So auch Billy Fury, 1983 bereits im 43. Lebensjahr aus dem Leben geschieden.

Dabei war Billy, geboren als Ronald Wycherley, in den 1960ern einer der erfolgreichsten Künstler im UK, höchstens von Cliff Richard, THE SHADOWS und THE BEATLES übertroffen. Seine Balladen ´Halfway To Paradise´ und ´Jealousy´ sind weltbekannt, doch diese Kompilation der „Bear Family“ nimmt nicht nur die acht Titel aus seinem großen Debüt-Werk ´The Sound Of Fury´ mit ins Boot, sondern auch seine flotten Nummern aus den „Decca“-Aufnahmen zwischen 1958 und 1964, und kann somit insgesamt 34 neu remasterte Songtitel auf ´Wondrous Place´ präsentieren.

Rock’n’Roll forever.

(Michael Haifl)


GALACTIC SUPERLORDS – Galactic Superlords
2018 (Independent) – Stil: Heavy Rock

Vergesst die HÖHNER, die BLÄCK FÖÖSS, die ollen Karnevalstruppen, vergesst die unerfreulichen DOUBLE CRUSH SYNDROME! Hier kommen die GALACTIC SUPERLORDS. Nicht nur ein Lord, gleich zu fünft treten sie den Weg an zur Weltherrschaft. (Space Lord, Motherfucker? – Anm. d. Red.)

Schon 2018 erschienen, möchten wir Euch diese selbstbetitelte Eigenproduktion nicht vorenthalten. Stilistisch irgendwo zwischen Hard Rock und frühem Heavy Metal anzusiedeln, ist die Mucke im besten Sinne Retro, geprägt von zwei starken Stimmen (Katharina Heldt und Dennis Sennekamp), von denen sich keine in den Vordergrund drängt. Das verortet die junge Band irgendwo im Dreieck BLUES PILLS, SEVEN SISTERS und HÄLLAS. ´Wendigo´ zum Beispiel erinnert (soll erinnern?) melodisch an ´Locomotive Breath´.

Gerade live sollte die Truppe abgehen wie ein Zehnerpack Fruchtgummis extrasauer.

(8 Punkte – Mario Wolski)


GALAXY – Lost From The Start
2019 (Dying Victims Productions) – Stil: Speed Metal

Der australische Fünfer liefert als Einstand einen soliden Fünf-Tracker ab, der sich unter dem Genre des klassischen, speedigen Heavy Metal ablegen lässt.

Dabei überschreitet man hier und da die Grenze zum reinen Speed Metal wie `Sons Of Titan` oder `Dreaming Out` zeigen. Man kann keine Übersongs erwarten, aber das, was die Jungs liefern, ist solide und hat einen gewissen Charme.

Sänger Phillip T. King klingt in manchen Passagen wie ein junger King Diamond, man höre speziell das etwas abwechslungsreichere `Paradise`. Der retrohafte Sound wurde von Andy La Rocque in seinen  Sonic Train Studios hingebastelt.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler)


THE GLORIOUS SONS – A War On Everything
2019 (Black Box) – Stil: Indie Rock

THE GLORIOUS SONS sind neuzeitliche Songwriter: immer schön melodiös und die richtige Knackfrische mit eingeschlossen. Das Quintett offeriert dabei geschmeidigen Rock, der einmal den Hauch des Funk, des Punk, des Blues sowie des Pop zur Rate zieht.

Selbst wenn sie ihr Vorbild mit Bob Dylon benennen, sind sie nahe an die Moderne des Rock herangekrochen. Die Kanadier könnten mit diesen Songs – beispielsweise ´Kingdom In My Heart´ – problemlos in den Stadien stehen und das Publikum würde den Chor geben. Neun Singles in ihrer Heimat bietet für dortige Auftritte längst ausreichend Futter.

Gitarrenrock? Nimm THE GLORIOUS SONS.

(7,5 Punkte – Michael Haifl)


GOLD – Why Aren’t You Laughing?
2019 (Artoffact Records) – Stil: Okkult Independent Rock

Eine erfreuliche Alternative zu dem momentan so beliebten Okkultrock mit lasziver Frontdamenstimme bilden die Niederländer GOLD um Milena Eva und dem Ex-DEVILS BLOOD-Gitarristen Thomas Sciarone –  mit ihrem mittlerweile vierten Album durch eine musikalische Grundstimmung, deren Wurzeln eher im Independentbereich als in Hard, Heavy & Retro liegen.

Zu schrammelnden Gitarren zieht mich Evas Gesang hypnotisch mit ihrer düsteren Poesie in ihren Bann und lässt eine diebische Freude auf mieses Wetter und den anstehenden Herbst entstehen. Fuck you summer, welcome darkness. Da wird auch mal geprügelt, was das Zeug hält (´Taken By Storm´), schwerfällig ´Wide-Eyed´ über die Psyche gewalzt, bevor man sich abermals in zarte Melodien einkuscheln darf, bei der wirklich niemand ´Truly, Truly Disappointed´ sein dürfte.

Wer in sein dunkles Herz Künstler wie ROSE KEMP geschlossen hat, kommt an diesem tief emotionalen Album nicht vorbei. Anspieltip: Das Abschlussdoppel ´Mounting Into Bitterness´ in geschmeidiger Verbundenheit mit ´Til Death Do Us Apart´.

(9 tranceartige Punkte – Less Leßmeister)


HOT BREATH – Hot Breath
2019 (The Sign Records) – Stil: Heavy Metal Rock`n`Roll

Erst im Oktober letztes Jahr in Göteborg gegründet, liefert HOT BREATH seinen ersten Sechs-Tracker ab.

Die Band, bestehend aus Mitgliedern von HYPNOS, GRAND und HONEYMOON DISEASE, liefert eine Art Heavy Metal Rock`n`Roll, bei dem ein anständiger Batzen AC/DC mit durchkommt. Aber auch klassische Detroit-Einflüsse sind zu vernehmen. Gesanglich tendiert Jennifer Israelsson in Richtung Ann-Sofie von den SPIDERS.

Klar ist man im Retro Rock verankert, aber die Mucke klingt dennoch frisch und griffig. Der Sound ist warm und äußerst Retro, was perfekt zu dem Stil passt. Die sechs Stücke liefern zwar nichts überraschendes, dafür viel Leidenschaft und erdigen Sound. Wer auf genau so etwas steht, der sollte HOT BREATH mal ein Ohr leihen.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler)


KAZJUROL – Multi Dead World
2019 (GMR Music Group) – Stil: Thrash Metal

Unfassbar was nicht alles aus den Löchern kriecht. KAZJUROL! Alter! Das war nicht zu erwarten, hatten die Schweden doch nur ein Metal-relevantes Album 1990 am Start. Aber das Ding, nennt sich übrigens `Dance Tarantella`,  hat sich bei mir bis heute in den Gehirnwindungen eingebrannt. Keine Ahnung warum, aber das ist eines der Alben, das sich immer wieder mal im Kleinhirn meldet. Ein roher, schneller Bastard mit einer enormen Energie und Frische, lieferte Thrash Metal mit ein paar Crossover-/Punk-Einflüssen. Das hatte was brachiales, auch wenn es wenig innovativ war.

Und genau diesen Stil fahren sie nun auf ihrem Comeback Album wieder! Und Alter, das wirkt wie damals: frisch, wild, voll in die Fresse. Keine halben Sachen – stier nach vorne. Zwei Gründungsmitglieder von damals sind Kern der wiederformierten Band.

In dieser Konstellation hat man fünf brandneue Songs eingeschmiedet und fünf Songs von erwähntem Album neu eingespielt. Man merkt keinen Unterschied zwischen Alt und Neu. `Multi Dead World` ist ein echter Fucker. Ungebremste Wucht und voll in die Familienplanung. Gelungenes Comeback.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler)


SANTA CRUZ – Katharsis
2019 (M-Theorie Audio) – Stil: Modern Hard Rock

Moderner Hard Rock mit poppigen Melodien, einer Prise Hip Hop und fett aufgeblasenem Sound.

Wenn Du einen Luftballon mit einer Nadel stichst, was passiert?

Hier ist der Effekt ähnlich, wenn man diese Scheibe mehrmals hört.

Pffft…. Und die Luft ist raus.

(5 entlüftete Ballons – Mario Wolski)

 

 

 


SCREAMER – Highway Of Heroes
2019 (The Sign Records) – Stil: Hard Rock

Was gibt es Neues auf dem vierten Longplayer aus dem Hause SCREAMER? Nicht viel. Die Formel wurde nicht verändert, es gibt geschmeidigen Hard Rock mit Retroflair. Neun Songs plus Intro zieren das Album, das mit einigen äußerst catchy Songs ausgestattet ist. Der Gesang ist deutlich präsenter und man zieht etwas mehr das Tempo an, zum Glück.

Somit wird die Gleichförmigkeit des letzten Albums umschifft. Was auch schwer notwendig war. Denn `Hell Machine` war schon auf eine Art langweilig. Mit `Ride On`, `Out Of The Dark` sowie `Rider Of Death` stehen klasse Songs an. Up Tempo, griffig, eingängig. Nicht dass der Rest wesentlich schlechter ist, aber das ist die gewohnte Qualität, die man zwar nett findet, aber einen nicht komplett mitnimmt. So gesehen das gleiche Fazit wie schon für die Vorgängeralben. Alles nett und gut, aber der letzte Kick wird eben nicht erreicht.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler)


SEVEN KINGDOMS – Empty Eyes
2019 (Independent Release) – Stil: Heavy Metal

Die Band aus Florida kommt mit einer neuen EP um die Ecke, die man, wie schon das Vorgängeralbum, über eine Crowdfunding-Kampagne finanziert hat. Trotz vier Alben hat sich bei der Band erfolgstechnisch nicht viel bewegt.

Für eine Ami-Band klingen SEVEN KINGDOMS zu europäisch. Sängerin Sabrina Valentine hat diese typische Trulla-Kopfstimme, die man bei derzeit vielen Truppen mit weiblichem Gesang hört. Die Songs selbst sind wenig spektakulär.

Die Schnittmenge aus STRATOVARIUS, AMARANTHE und BEAST IN BLACK wirkt ziemlich platt. Die Gitarren sind dabei nicht einmal schlecht. Haben immer mal wieder schöne knallige Momente. Aber generell ziemlich gesichtslose Mucke.

Die mit fünf Songs ausgestattete EP enthält u.a. eine Coverversion von HEARTs  `Barracuda`. Die vier Eigenkompositionen überzeugen wenig. Einzig die Gitarren bei `The Water Dance` sind nachhaltig.

(5 Punkte – Jürgen Tschamler)


STARBORN – Savage Peace
2019 (Iron Shield Records / Soulfood) – Stil: US- / Power Metal

Mmmmh, fettlecker Metal, was uns die Jungs aus Newcastle da entgegendonnern. Power gemischt mit leichter Progressivität und hier und da ein bisschen kauzige old-SANCTUARY Anleihen, da fallen die Herbstblätter, wenn um den Baum gebangt wird.

Nach Demo und EP wurde es leider erstmal vier Jahre ruhig um die Truppe, bis nun endlich das Debüt vorliegt, welches umgehend auf die Einkaufsliste der geneigten Hörerschaft wandern sollte. Mit den famosen TRAVELER verbindet sie eine ähnlich kompromisslose, frische Energie, die förmlich aus den Boxen strömt.

Begeisterung ruft in mir besonders das mal klare, mal schneidend-räudige Organ von Bruce (ein Name, der in England für Qualität steht) mit seinen präzise gesetzten Screams hervor. Anspieltipps: Für den Slasher ´Lunar Labyrinth´, für den riffsüchtigen Epik-US Freak ´Inked In Blood´ und für den Metaller das ganze Album.

(8,5 wilde Punkte – Less Leßmeister)


UNITED – Absurdity
2019 (Reaper Entertainment/Soulfood) – Stil: Thrash Metal

Japans dienstälteste Thrash Metal-Band meldet sich mit einem neuen Studioalbum, ihrem zehnten, zurück. Nach dem Tod des Bassisten im Jahre 2014 wollte sich die Band erst auflösen, hat sich aber ein Jahr später entschieden, weiterzumachen.

`Absurdity` ist ein grundsolides Thrash Metal-Album, dem man in keiner Weise anhört, dass es von einer japanischen Band eingetütet wurde. Man bewegt sich in den Vorgaben des Genres, liefert ein paar wirklich gute Hämmer ab, aber dabei auch viel durchschnittliches. Erwähnenswert sind die manchmal melodischen Gitarrenparts in den Sprengbomben. Bestes zu hören bei `Trapped Fake World`. Sehr schön.

Mit `Empty Eyes` liefert man ebenfalls eine extrafette Nummer. Unnötig dagegen eine Ballade mit Gastsängerin Anza von HEAD PHONES PRESIDENT. Andere Nummern sind Thrash Metal-Durchschnittsware. Der Gesang ist bei einigen Tracks etwas deathig ausgefallen, was dann den Derbheitsfaktor etwas nach oben hievt. Alles in allem ein akzeptables Album der japanischen Thrash Metal-Legende. Mehr nicht.

(6,5 Punkte – Jürgen Tschamler)


WARMRAIN – Back Above The Clouds
2019 (Rain Recordings / Plastic Head Distribution) – Stil: Artrock

Sänger/Songwriter Leon Russell hat das Projekt WARMRAIN initiiert. ´Back Above The Clouds´ gebärt in seiner vollen Melancholie des Artrock die hoffnungsvolle Überwindung eines großen menschlichen Verlustes.

Folglich werden hier Hörer von PINK FLOYD bis ANATHEMA und STEVEN WILSON angesprochen, dem als Doppel-CD veröffentlichten Konzeptwerk über 92 Minuten lang zu folgen, wenn sie sich einen nachdenklichen Herbstabend vor dem Kamin gönnen wollen.

Die Selbstbesinnung und Trauer ist in den eher selten rockenden Kompositionen allzeit auszumachen. Beschauliche Songs über die Gefühle eines trauernden Individuums.

´Back Above The Clouds´ – ein weiteres Artrock-Werk, WARMRAIN – ein weiteres Projekt aus dem UK.

(6,5 Punkte – Michael Haifl)


WOLFSBLOOD – Vomit & Lice
2019 (Troglodyte Records) – Stil: Punk’n’Roll Metal

Lecker, lecker, was da aus den Boxen rotzt. (Und wie schmeckt´s auf der Zunge? – Anm. d. Red.) Da dürften zwei verblichene Legenden mit einem diebischen Schmunzeln von wo auch immer ihre Lauscher wohlwollend auftun, denn was die Schweden mit ihrer Frontröhre hier in 37 Minuten an zehn Läusen rauskotzen, besitzt die brachiale musikalische Urgewalt und den Dreck, den Lemmy Kilmister und Wendy O Williams liebten und zelebrierten.

Knarzender Bass, Tempo, Heaviness, eine „Leck mich am Arsch“ Stimme und eine ungestüme Ur-VENOM-Attitüde drehen den Zündschlüssel eines abgerantzten Motorvehikels und geben saumäßig Gas. Und wenn dann doch mal gebremst wird, dann entsteht ein ultraheavyhymnischer Anfang wie bei ´Kamagra´ oder die SLAYER-artige Doomsau ´Unalive´ von südlich des Himmels, die dazu noch mit einer gewissen Schmutzepik überrascht. Und genau das Letztere solltet ihr euch anhören, Punk or not.

Alter Falter, in einem kleinen Raum mit den entsprechenden Droogs und Bier im Schädel dürfte da kein Möbelstück unbeschädigt bleiben.

(7,5 willenlos-durchgebangte Punkte – Less Leßmeister)


LINK WRAY – Link Wray Rocks
2019 (Bear Family) – Stil: Rock ’n‘ Roll 

Link Wray hält Einzug in die ROCKS!-Serie. Ohne Link Wray, bürgerlich Fred Lincoln Wray Jr, hätte Pete Townsend (THE WHO) nie eine Gitarre in die Hand genommen, und Neil Young möchte heute noch liebend gern eine Zeitreise auf ein Konzert von Link Wray & THE RAYMEN unternehmen. Mehr Lob aus berufenem Munde geht kaum. All dies hatte Wray seinem 1958er Song ´Rumble´ zu verdanken. Von Produzent Archie Bleyer geführt, wurde der Song in den USA und GB zu einem überschwänglichen Instrumental-Hit.

In den frühen 1950ern spielte Link Wray noch mit seinen beiden Brüdern Western Swing, sie wurden zur Hausband bei Milt Grant’s House Party und begleiteten dort Legenden wie Ricky Nelsen und Fats Domino. Nach ´Rumble´ versuchte es Link mit weiteren Instrumentalkompositionen.

ROCKS! schenkt uns 34 Songs aus den Jahren 1958 bis 1966 im Digipak, originale Lizenzierungen der Plattenfirmen „Cadence“, „Cameo“, „Epic“, „Mala“, „Rumble“ und „Swan“. Zwei Songs mit Gesang, sowie einige als Ray Vernon, dem Namen seines Bruders, erschienene Songs.

Link starb 2005 im Alter von 76 Jahren.

(Michael Haifl)

 

DOOM – Zugabe

 

 

FIREBREATHER – Under A Blood Moon
2019 (Riding Easy Records) – Stil: Doom-/Stoner-/Sludge

Das Göteborger Trio, mit neuem Drummer, schiebt seinen zweiten Longplayer an die Startline. Die Schweden liefern ein rohes, old schooliges musikalisches Brett aus Stilen wie Doom, Sludge und einigen Stoner Versatzstücken.

Eine Nummer wie der Titeltrack ist deutlich näher am Stoner Rock als ein blutiges, sehr doomiges  Massaker wie `Dancing Flames`. Beim Durchhören der sechs Stücke fallen mir irgendwie immer wieder mal IRON WALRUS ein, aber auch CROWBAR, gerade was den Gesang angeht.

`Under A Blood Moon` reiht sich problemlos in die Reihe guter Veröffentlichungen aus diesem Genremix ein, die die letzten zwölf Monate das Licht der Welt erblickten. FIREBREATHER liefern nichts innovatives, was in diesem Genre inzwischen aussichtslos ist, aber das, was sie machen, hat Schmackes.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler)

 


 

 

 

Auf den Herbst!
Wir hören uns.
Michael und das gesamte Streetclip-Team

 


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