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Filetstück des Tages

MOLOTOV – ¿Dónde Jugarán Las Niñas? (1997)


Die Neunziger, Hochzeit des Crossover. Da kommt auf einmal eine unbekannte mexikanische Band auf Tour, in den besten Laden der Gegend (R.I.P., Schwimmbad Musik Club!) und das hiesige Stadtmagazin verlost im Vorfeld dazu MOLOTOV- Bandshirts. Ha! Das Glück ist auf meiner Seite, und ich stolziere perfekt eingekleidet auf das Konzert.

Ihren (später Grammy-nominierten) Erstling ´¿Dónde Jugarán Las Niñas?´ hatte ich jedoch schon zuvor gesichert, denn auch die hiesigen Metalpostillen sparten nicht mit Lob für diese Salsa (das bedeutet im Musiksinn nämlich einfach „Stilmix“) aus Latino-Rhythmen, treibendem Drumming und Riffing zwischen Metal, Alternative und Punk à la RAGE AGAINST THE MACHINE, funky basslastigen Grooves mit immer mindestens zwei Tieftönern im Einsatz, meist spanischen, regionenspezifisch sehr offenherzigen, politisch eindeutigen und grundsätzlich rebellischen Rap- und Gangshout-Lyrics, wie ´Chinga Tu Madre´ oder den Clubhit ´Gimme Tha Power´, die ob ihrer Eingängigkeit und vor allem ihrem alles durchdringenden Humor plus typisch mexikanischer Selbstironie zum Mitgrölen nur so einladen. Wegen ihrer deftigen Texte und dem Coverbild verweigerten die mexikanischen Plattenläden sogar den Verkauf, so dass die Band selbst mit den CDs auf die Strasse ging, um sie direkt an den Fan zu bringen. Dazu ist die ganze Soße absolut perfekt und fett produziert.

Live waren die Jungs dann wie zu erwarten der Oberhammer, und schafften es sogar auf dieser Minibühne, ständig die Instrumente untereinander auszutauschen – ein Kulturschock der feinsten Art!

Auf ihrem fünftem, reinen Cover-Album, ´Con Todo Respeto´ von 2004, verwursten die heute noch aktiven, wahnsinnigen Mexikaner übrigens sowohl FALCOs ´Amadeus´ auf sehr fette Art zu ´Amateur´, sowie auf kongeniale Weise TRIOs `Da Da Da´ – mit teilweise deutschem Text! Und 2018 gaben die mittlerweile gesetzten, aber immer noch spritzigen Herren ein MTV Unplugged-Konzert, das auch als Liveplatte herausgegeben wurde, und fast ein bisschen nostalgisch stimmt, wenn man sich die Videos auf ihrem youtube-Channel dazu anschaut. Wer hat gesagt, die Neunziger waren langweilig? Viva México, cabrones!