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SUNN O))) – Life Metal 

~ 2019 (Southern Lord) – Stil: Drone ~


SUNN O))) unternehmen einen weiteren Anlauf, das Universum zu ergründen. Nachdem sie in den letzten zehn Jahren, seit ihrem Meilenstein ´Monoliths & Dimensions´ ihre musikalischen Ideen wohl nur in Projekten und Kollaborationen ausleben konnten, allein ´Kannon´ fand in dieser Zeit als Werk von SUNN O))) aus dem bandeigenen Makrokosmos heraus, präsentieren sie 2019 zwei Werke: ´Life Metal´ und das zeitgleich in derselben Konstellation aus Band, Gästen und Produzent aufgenommene, angeblich eher meditativ klingende ´Pyroclasts´.

Das erste Album seit vier Jahren nahm seinen Anfang 2018, als Stephen O’Malley und Greg Anderson die ersten Schritte zu einer weiteren Produktion unternahmen, neue Musik kreieren und neue Aufnahmetechniken ergründen wollten, ohne die vergangenen zwei Jahrzehnte der eigenen Geschichte auszublenden. Eine Vorgabe setzten sie sich, sie wollten unbedingt mit Steve Albini (NIRVANA, NEUROSIS, GY!BE) in dessen Electrical Audio-Studios aufnehmen. Im Frühling fanden die Rehearsals in Los Angeles statt, Songs schreiben und ein Konzept entwerfen. Anschließend stand die Vorproduktion in den 666 Studios von Dave Grohl, Northridge, Kalifornien, an, mit T.O.S. Nieuwenhuizen am Moog-Synthesizer als Trio. In zwei Wochen des Monats Juli 2018 gingen schließlich in Chicago die Aufnahmen mit Steve Albini vonstatten. Ein langwieriger Prozess. Dass die Musik von SUNN O))) Stephen O’Malley und Greg Anderson eine derartige Vorbereitung abverlangt, ist immer wieder überraschend. Der unbedarfte Hörer könnte normalerweise davon ausgehen, dass die Töne aus den Körpern der beiden Künstler nur so herausfließen, sobald sie sich dem Universum geöffnet haben.

 

 

Das Werk läutet mit dem zwölfminütigen ´Between Sleipnir’s Breaths´ die Wiedergeburt von SUNN O))) ein. Sleipnir, das achtbeinige Pferd des Gottes Odin, bekannt aus diversen nordischen Märchenstunden, wiehert in der ersten Geräuschkulisse. Das Pferd lebt, der Metal lebt, SUNN O))) leben. Und Stephen O’Malley und Greg Anderson bedienen sich ungeniert beim Intro ´Odens Ride Over Nordland´ von BATHORYs ´Blood Fire Death´ (1988). Doch nach keinen fünfzehn Sekunden dröhnen die Motoren von SUNN O))), sie sind auferstanden. Die langsame Schwere tönt gewaltsam. Die angerissenen Saiten versuchen immerfort die Wolken der monolitischen Finsternis auseinander zu reißen. In nicht allzu weiter Ferne haucht Hildur Guðnadóttir in das Mikrofon. Sie ist kein Attila Csihar, aber sorgt in aller Dunkelheit für etwas Sex-Appeal und stand bereits live mit der Formation auf der Bühne. Glöckchen erhellen die elfminütige Komposition ´Troubled Air´. Als Krönung erweist sich der Orgel-Beitrag des Komponisten und gebürtigen Australiers Anthony Pateras, aufgenommen in der Schlosskappelle, Schloss Solitude, Stuttgart. Auch Tim Midyett (SILKWORM, BOTTOMLESS PIT), ein Freund der Band seit den frühen Neunzigerjahren, trägt zum schizophrenen Sound mit seinem, seit den alten Zeiten erprobten Aluminiumhalsbass und seiner Baritongitarre bei. Im Finale, im über fünfundzwanzigminütigen ´Novæ´ greift die langjährige Mitstreiterin Jóhann Jóhannssons und Filmkomponistin Hildur Guðnadóttir nochmals ein, ihr elektrisches Cello und ihr Haldorophone bereichern die Dröhnung.

Das Mastering übernahmen SUNN O))) mit Matt Colton in London, die Vinyl-Version ist ein AAA-Produkt, analog, direkt aus den Verstärkern und den im Studio aufgestellten Mikrofonen aufgenommen und gemixt, bis zum Aufsetzen der Nadel auf dem Plattenspieler. Geschmückt wird das Werk mit Bildern der Künstlerin Samantha Keely Smith, Ideen der Romantik des 19. Jahrhunderts und des späten 20. abstrakten Expressionismus springen entgegen. Freuen wir uns auf den Herbst und auf ´Pyroclasts´, auf SUNN O))) , Steve Albini, T.O.S. Nieuwenhuizen, Tim Midyett und Hildur Guðnadóttir.

(9 Punkte)