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JASON BECKER – Triumphant Hearts

~ 2018 (Mascot Music) – Stil: Rock ~


Der US-amerikanische Gitarrist Jason Becker stand bereits als 16-jähriger neben Mike Varney im Projekt CACOPHONY seinen Mann, ging anschließend dem Traum einer Solokarriere nach und stieg dennoch in die Band von David Lee Roth ein, um in die Fußstapfen von Eddie Van Halen und Steve Vai zu treten. Das mit David Lee Roth eingespielte Album ´A Little Ain’t Enough´ hätte allerdings sein letztes sein können, wurde bei Becker währenddessen „Amyotrophe Lateralsklerose“ (ALS) diagnostiziert.

Fünf Jahre gaben ihm die Ärzte, 2018 lebt der 49-jährige immer noch. Er kann zwar nicht gehen, sprechen oder selbstständig atmen und natürlich keine Gitarre mehr spielen, aber seinen Lebenswillen hat er nicht verloren. Sein Vater hat ein System entwickelt, das von seinen Augenbewegungen Wörter, Buchstaben oder Noten ablesen kann. So kann er heute seine musikalischen Visionen weitergeben, die von Session-Musikern eingespielt werden können.

Die Geschichte des preisgekrönten Dokumentarfilms „Jason Becker: Not Dead Yet.“ muss also weiter geschrieben werden. Denn 2018 veröffentlicht Jason Becker mithilfe seiner Freunde – u.a. Steve Vai, Neal Schon, Steve Morse, Paul Gilbert und Joe Bonamassa – ein neues Album. Auf den obendrein enthaltenen, unveröffentlichten Session-Outtakes von ´A Little Ain‘t Enough´ (´Taking Me Back´ und ´Tell Me No Lies´) ist er sogar persönlich nochmals zu hören.

Das Eröffnungsstück ´Triumphant Heart´ gibt sich trotz Anwesenheit von Marty Friedman, jedoch aufgrund der Beteiligung seiner Ehefrau Hiyori Okuda am Cello und Gluaco Bertagnin an der Geige sehr sinfonisch. Uli Jon Roths ´Sky Of Avalon´ ist ein guter Bezugspunkt hinsichtlich der musikalischen Ausrichtung. In ´Magic Woman´ schweben Uli Jon Roth persönlich und Chris Broderick in diesen, ihren Sphären, im neun-minütigen ´Valley Of Fire´ gar mehr als eine Handvoll, nicht gerade unbekannter Musiker. Auch ´Fantasy Weaver´ ist in seiner Ausführung sehr orchestral, inklusive der Beteiligung des hawaiischen Ukulelespielers Jake Shimabukuro.

Joe Satriani zeigt hingegen eindeutig sein Gitarrenspiel in ´River Of Longing´, Trevor Rabin einen kleinen Hauch alter Magie in seiner Version desselben Stückes. Der R&B-/Soul-Sänger Codany Holiday lässt die balladeske Komposition ´Hold On To Love´ schließlich in einem großen Chor opulent aufgehen. Steve Knight treibt mit Bläsern und Funk ´We Are One´ in andere Richtungen, etwa hin zu Peter Gabriel. Bob Dylans ´Blowin` In The Wind´ wird schließlich melodisch-gelassen vorgetragen.

Insgesamt ist es natürlich nicht verwunderlich, dass die Aufnahmen nicht nach einer großen Band-Session klingen, nimmt zudem die Gitarrenarbeit einen vorrangigen Platz in der Produktion ein. Die Rhythmusgruppe klingt dagegen vielfach künstlich, so dass in dieser Hinsicht die ´A Little Ain‘t Enough´-Outtakes positiv herausstechen. Dennoch – und weit bedeutsamer:

Die zarten Melodien jubilieren bei der Wiederkehr von Jason Becker. ´Triumphant Hearts´ ist der Triumph eines Herzens, des von Jason Beckers.

(7 Punkte)


(VÖ: 7.12.2018)