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SPIRITUAL BEGGARS – Sunrise To Sundown

~ 2016 (Inside Out) – Stil: Classic Rock ~


Betteln und hausieren? Aber gerne doch! Drei Jahre nach dem ‚Earth Blues‘ präsentiert uns ARCH-ENEMY-Mastermind Michael Amott sein freundlicheres Gesicht in Form eines neuen SPIRITUAL-BEGGARS-Albums. Langdreher Nummer neun, live im Studio eingespielt, setzt die Reise vom Stoner-Sound zum Seventies-Classic-Rock konsequent fort – alte DEEP PURPLE, URIAH HEEP und WHITESNAKE heißen die Hauptquellen, aus denen Amott & Co. ihre Inspiration schöpfen. Vom früheren, auf ‚Ad Astra‘ perfektionierten Stil, sind nur noch Spurenelemente wahrnehmbar.

Was ‚Sunrise To Sundown‘ zu einem Vergnügen erster Klasse macht, ist die Fähigkeit des Quintetts, einprägsame aber dank ihrer Detailliebe niemals zu simpel wirkende Songs zu schreiben. Abwechslung ist bei den prominenten Schweden keine Worthülse. Wenn sich Amott und Hammordorgler Per Wiberg (KAMCHATKA, Ex-OPETH) im Uptempo-Knaller ‚What Doesn’t Kill You‘ duellieren, dürften jedem Blackmore/Lord-Fan die Herzkranzgefäße aufgehen. Weltklasse-Sänger Apollo Papathanasio (ex-FIREWIND), seit ‚Return To Zero‘ an Bord, wird David Coverdale mehr als nur ein paar neidvolle Momente bescheren, zum Beispiel im ultra-breitbeinig daherschwingenden ‚You’ve Been Fooled‘ oder zuvor in ‚Hard Road‘, bei dem man sich unweigerlich nach der Autofenster-Kurbel sehnt. Absolute Highlights? Vielleicht die BEATLES-Hommage im Mittelteil des epischen Schleichers ‚No Man’s Land‘. Oder das angefuzzte, fluffig-psychedelische ‚Lonely Freedom‘, zu dem sich das Cover-Artwork von Costin Chioreanu am besten genießen lässt. Auch ‚Southern Star‘ verdient als Rauswerfer das Prädikat „jawollja“, eine geschmackvollere Verbeugung vor Ronnie James DIO (zu RAINBOW-Zeiten) gab es lange nicht mehr zu hören.

Also Herrschaften: Wer vergangenes Jahr zur neuen EUROPE steil ging, der MUSS seine Ohren auch hierin versenken. Am besten in der Mediabook-Edition, die auf einer halbstündigen Extra-CD zwei Coverversionen (‚Thumbsucker‘ von MOUNTAIN und ‚Stoned Woman‘ von TEN YEARS AFTER) bietet und darüberhinaus noch fünf Livesongs vom Roadburn-Gig 2013 auffährt. ‚Sunrise To Sundown‘ – die bisher positivste Überraschung des Jahres!

(8,5 Punkte)