~ 2022 (Sechzehnzehn / Buschfunk) – Stil: Blues ~
Der Blues ist ein immenser Einfluss für ihm nachfolgende US-amerikanische Musikrichtungen gewesen, etwa im Jazz und Soul, Rock ’n‘ Roll, Rock und Hardrock. Der Blues selber hat aber auch weiterhin Bestand, selbst in den Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik schien er keine unbeachtete oder unbekannte Spielart zu sein.
Neben sogenannten Blues-Projekten, bei denen sich Künstler anderer Musikrichtungen zusammenschlossen, etwa AMIGA BLUES BAND oder MAMA BLUES PROJECT, gab es in der DDR auch erfolgreiche Bluesbands, etwa BREAKOUT, FREYGANG, JONATHAN BLUES BAND oder KERTH. Das Leben des Blues spielte sich dabei traditionell in ländlichen Gefilden ab, die Zusammenkünfte zur Live-Show fanden im Dorf-Saal statt, oder in Kneipen und Tanzschuppen auf dem Lande.
Auf dem „Amiga“-Musiklabel erschienen einige Schönheiten, die auch heutzutage nicht in Vergessenheit geraten sollten. Nach einer Auswahl an Scheiben im Jahre 2017 kann die kleine Blues-Sammlung aus „Amiga“-Tagen mit der aktuellen Box ´AMIGA Blues´ weiter vervollständigt werden. Denn hier sind auf fünf Silberlingen Scheiben der GRUPPE JÜRGEN KERTH, STEFAN DIESTELMANN FOLK BLUES BAND, BIEBL, ENGERLING und MONOKEL samt Bonusstücken anzutreffen.
Jürgen Kerth wird heute noch als der „Blues-König aus Erfurt“ bezeichnet. Nach einigen Schülerformationen begann er 1967 mit dem ROCK & BLUES ENSEMBLE KERTH, dem 1971 das JÜRGEN KERTH QUINTETT bzw. die GRUPPE JÜRGEN KERTH folgten.
Leider verlor er nach seiner dritten Scheibe wegen seiner allzu kritischen Texte die Gunst des Labels, so dass „Amiga“ bis 1989 keine Songs mehr von Jürgen Kerth produzierte. Dennoch wurde er mehrfach zum besten Gitarristen des Landes gewählt. Jürgen Kerth stand in der Rangliste der ostdeutschen Blues-Helden ganz oben.
Das hier berücksichtigte Werk ist der selbstbetitelte Klassiker ´Gruppe Jürgen Kerth´ aus 1978.
Auch Stefan Diestelmanns 1978er Debüt ist ein Klassiker der Szene und dementsprechend hier vertreten. Er selbst kam erst 1961 als 12-jähriger mit seinen Eltern in die DDR. Zur Belohnung erhielt er eine Gitarre, an der er schnell Gefallen fand. Er spielte in diversen Bands, ehe er nach einem Zwischenaufenthalt bei Axel Stammbergers VAI HU und bei ENGERLING seine eigene gründete, die STEFAN DIESTELMANN FOLK BLUES BAND.
Doch seine allzu sehr an die afroamerikanische Bluesmusik angelehnte Musik sowie seine Texte der „Staatsverleumdung“ fanden in der DDR-Machtzentrale keinen großen Anklang. All dem zum Trotze bekam er Rundfunkproduktionen und Auftrittsmöglichkeiten, trat mehrmals im Staatsfernsehen auf. Von einem Konzert in Hildesheim, in der BRD, kehrte er allerdings 1984 nicht mehr zurück. Erst nach seinem Tode im Jahre 2007 wurde bekannt, dass er jahrelang mittels „Operativer Personenkontrolle“ ausgespäht wurde.
Hansi Biebls Meisterwerk war sein zweites offizielles zu DDR-Zeiten. Der Gitarrist/Sänger gründete zuerst im Jahre 1974 die HANS BIEBL BLUES BAND, die allerdings bereits ein Jahr später ein Auftrittsverbot erhielt, weil zwei Bandmitglieder in die BRD geflohen waren. Nach Stationen bei VERONIKA FISCHER BAND und VIER PS gründete er 1978 einfach die HANSI BIEBL BAND, die neben Blues auch etwas Jazz und Folk zuließ. Das zweite Album ´Der lange Weg´ nahmen sie nur noch in Trio-Besetzung auf. Nach Bandauflösung ging Biebl zu ENGERLING, MODERN SOUL BAND und KARAT. Der DDR kehrte er 1984 den Rücken zu.

Die schon oft erwähnte Formation ENGERLING ist eine bis heute aktive, äußerst langlebige Berliner Bluesrockband, die 1975 von Rainer Lojewski und Wolfram Bodag in Ost-Berlin aufgestellt wurde. Bis in die Gegenwart führt Sänger Wolfram Bodag als Komponist und Texter die Gruppe durch alle Höhen und Tiefen. Von Beginn bleibt die Band jeglichen Konventionen fern und integriert in ihren Bluesrock völlig frei auch andere Rockstile.
Ihre erste Scheibe aus dem Jahre 1979 ging bereits 100.000 Mal über die Ladentheke. Ihre dritte Scheibe ´So oder So´ ist hier berücksichtigt worden, aber ebenso wichtige Songs ihrer Karriere als Bonus.
Auch MONOKEL sind ´Fünf nette, junge Herren, die 1a Kraft-Blues machen!´, und das bereits auf ihrer klassischen, 1986er Debütscheibe, die allerdings erst zehn Jahre nach Bandgründung erscheint.
Ein erster Versuch, die Band zum Laufen zu bringen, scheiterte 1975. Der zweite Versuch gelang 1976, doch erst mit dem Einstieg von Bernd „Kuhle“ Kühnert und Michael „Lefty“ Linke im Jahre 1979 entwickelte sich die Gruppe zu bekannter Kraft.
Sogar diese wilden Blues-Herren sind bis heute aktiv. Michael „Lefty“ Linke treibt die Band noch heute an, so dass deren offizielles Credo als Fazit für alle ostdeutschen Bluesrocker zitiert werden sollte: „Ohne Zweifel gehört diese Band zum verbliebenen Rest der Aufrechten, die den Wimpel des ostdeutschen Bluesrock in der tosenden Großstadt wie auch in weniger pulsierenden Regionen des Landes hochhalten. Sie setzen damit ein Zeichen, auch für die in Würde ergrauten Kunden, Tramper oder Blueser, die immer noch da sind, noch immer kommen und niemals wie Vater sein wollen. Man trifft sich vor allem dort, wo die schwarze Marie ihren Kinderträumen nachhing und wo das Boogie Mobil noch heute seinen Kraftstoff tanken kann.“
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