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TOKYO BLADE – Night Of The Blade … The Night Before

~ 2021 (High Roller Records / Soulfood) – Stil: NWoBHM ~


Das gleichnamige Debüt von TOKYO BLADE ist wahrscheinlich meine absolut liebste „New Wave of British Heavy Metal“-Platte. Und das trotz Schwergewichten, wie dem gerade 41 Jahre alt gewordenen Debüt von IRON MAIDEN, ´High’N’Dry´ von DEF LEPPARD, SATANs ´Court In The Act´, TYGERS OF PAN TANG mit ´Spellbound´ oder den beiden ersten DEMON-Alben. Aber auch genialen, weniger bekannten Klassikern wie CHATEAUX, SAVAGE oder JAGUAR. Das Debüt ´Tokyo Blade´ vereinte einfach alles: super Songwriting mit keinem einzigen Füller (na ja vielleicht ´Tonight´), eine gesunde Härte, spannende Texte, zwei erstklassige Leadgitarristen in der Tradition von THIN LIZZY und einen für mich starken, charismatischen Sänger namens Alan Marsh.

Aber gerade an der Person Alan Marsh störte sich die dilettantische Plattenfirma „Powerstation Records“. Der Nachfolger ´Night Of The Blade´ war schon zu einem Großteil eingespielt als die Plattenfirma mit Jungspund Vicki James Wright einen neuen Sänger installierte, der einen Großteil (aber nicht alle) der Gesangparts neu einsang. Vier Titel flogen von der Platte, dafür gab es mit zwei eher kommerziellen Titeln einen doppelten Ausblick auf die (wenig glorreiche) Zukunft. Vicki James Wright war kein schlechter Sänger, aber kein Mann für die NWoBHM. Er landete später eher im „Hair Metal“ bei JOHNNY CRASH und anderen. Letztendlich lag es für mich aber nicht an Vicki Wright, dass das ´Night Of The Blade´ die Güte des Debüts nicht egalisieren konnte, sondern am Songwriting.

Deshalb freute ich mich schon 1997 als über „High Vaultage“ die zweite Platte mit den Original-Vocals von Alan Marsh, einer geänderten Songliste und sechs Bonus-Titeln (allerdings eher durchschnittlicher Art) veröffentlicht wurde. So richtig Begeisterung kam dann bei mir aber nicht auf, denn die Produktion war deutlich schlechter als bei der Platte mit Vicki Wright von 1984. Das Songmaterial war allerdings spannender, denn mit ´Attack Attack´, ´Madame Guillotine´, Breakout´ und ´Fever´ hatte man vier Klassiker berücksichtigt, die 1985 auf der EP ´Madame Guillotine´ erschienen und verzichtete dafür auf die eher schmächtigen ins Kommerzielle abdriftenden ´Lightning Strikes (Straight Through The Heart)´ und ´Rock Me To The Limit´ (die Titel sagen schon alles).

Trotzdem kann diese hier besprochene Platte auch mit Alan Marsh insgesamt über die ganze Strecke nicht ganz mit dem Debüt mithalten. Das Album ist allerdings sehr stark und wäre in der jetzigen Konstellation ein würdigerer Nachfolger des Debüts gewesen. Der speedige Titelsong ´Night Of The Blade´ und das mächtige ´Dead Of The Night´ gehören weiter zum Besten, was die Band jemals eingespielt hat. Und mit den oben genannten vier Titeln und ´Warrior Of The Rising Sun´ sind weitere Klassiker enthalten.

Die Neuveröffentlichung kann auch mit einem besseren Sound als die „High Vaultage“-Pressung glänzen, denn sie wurde für die Platte extra neu abgemischt. Bonustracks gibt es auf Vinyl natürlich keine (braucht man auch nicht, siehe oben).

Wer TOKYO BLADE nicht kennt, dem empfehle ich trotzdem (wenn er/sie kein CD-Hasser ist) sich die ´Knights Of The Blade´-4-CD Box zuzulegen. Die enthält die ersten beiden Alben (das zweite natürlich mit Vicki Wright) plus das eher schwache ´Blackhearts & Jaded Spades´, aber vor allem auf der vierten CD unter dem Titel ´Singles und EPs´ die großartigen EPs, die genannte ´Madame Guillotine´ und ´Midnight Rendezvous´ mit Alan Marsh. Als Ergänzung und als Pflichtkauf für schon Bekehrte kann ich das ´Night Of The Blade … The Night Before´-Vinyl auf jeden Fall vollständig empfehlen. Wer nur eine Platte will (warum eigentlich?), ist mit dem Debüt nach wie vor am besten bedient.

(keine Bewertung, historisch 9,0)