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SOMMO INQUISITORE – Anno Mille

~ 2021 (Metal Resistance) – Stil: Epic Metal ~


Während einige Kollegen gerne mal bei der musizierenden Damenwelt die Hand heben, zuckt meine dann eher mal bei Musik in Landessprache. Da ist es mir auch egal, ob Männlein oder Weiblein sich betätigt. SOMMO INQUISITORE? Die singen italienisch? Und in Latein? Super, her damit!

In ihrem Debüt führt uns das Trio aus Tivoli nahe Roms zurück in das Jahr 1000 und damit ins finsterste Mittelalter. Mit ihrem Konzeptwerk erzählen sie aus den dunklen Tiefen der Verliese der Inquisition. Der Großinquisitor, il Sommo Inquisitore, war der Leiter des Heiligen Offiziums. Und dieser Teil der Kirchengeschichte ist einer, der, gelinde gesagt, nicht das Beste Licht auf die Institution wirft. Hier soll es jedoch nicht um die Bewertung historischer Begebenheiten gehen. Hier geht es um ein aktuelles Album, das einen musikalischen Blick wirft.

Wer sich also mit solch einem Thema befasst, muss sich zuallererst einmal an MORGANA LEFAY messen lassen und deren Meilenstein ´Maleficiium´. Wenn die Italiener einen anderen stilistischen Weg einschlagen als die Power Metal-Truppe aus Schweden 1996, so erreichen sie eine ähnliche Intensität. Mit viel Dramatik und Epik setzen sie ihre Geschichte in Szene. Und als Italiener haben sie auch Oper im Blut. Keine Angst, wir kommen nicht in RHAPSODY-Gefilde, aber hin und wieder finden sich Verdis Finesse und Puccinis Tongewalt. Schon die Gesangslinien des eröffnenden Titelsongs haben das Flair von Nabucco oder Rigoletto.

Keine Sorge, es gibt keine Knödelvocals, dafür fette Riffs, galoppierende Rhythmen und ein paar feine Mitsingrefrains. Vielleicht ist nicht alles ausgereift, allerdings haben Sommo Inquisitore (Vocals), Andrea Mattei (Gitarre, Bass, Keyboards) und Piero Arioni (Drums) eine dicke Portion Herzblut einfließen lassen. Solange dies nicht aus den Adern geschändeter Jungfrauen…, ach, lassen wir das.

Auch wenn das Wort Mittelalter fiel. Die Texte führen zurück. Musikalisch ist das ganz im Heute. Keine Geigen, die geigen, keine Säcke, die dudeln. Mit einer ärztlich anerkannten Dudelsackallergie bin ich da sehr dankbar, dass diese Richtung nicht eingeschlagen wird.

Wer in der letzten Zeit HERZEL für sich entdecken konnte, oder DARK QUARTERER, ist hier in jedem Falle bestens aufgehoben. Dem Thema entsprechend gehen SOMMO INQUISITORE mit etwas weniger Leichtfüßigkeit zu Rande als die bretonischen Kollegen. Mit DARK QUARTERER verbindet sie das Interesse für Historie (ist das für Italiener üblich? Nirgends stolpert man öfter über geschichtliche Texte als in Bella Italia – Anm. d. Verf.) und eine gewisse Schwere und Ernsthaftigkeit. Dafür fehlen auf ´Anno Mille´ Pianoklänge und Progeinflüsse.

Eine, vermutlich doch eher zufällige Parallele, dafür umso passender ist die kompositorische und textliche Verwandtschaft zwischen dem Schlusstrack ´Tortura´ und ´Tortured Souls´ vom 2007er Meisterwerk ´Theatre Of The Damned´ aus dem Hause BLITZKRIEG. Vor allem Rhythmus und Riffing sind sich da recht nahe. Das wäre mir nicht wirklich aufgefallen, würde letzteres Album nicht auch gerade auf meiner Playlist herumschwirren.

Fun Fact zum Abschluss, ´La Mano De Dio´ dreht sich nicht um einen gewissen argentinischen Fußballgott, der lange Jahre in Bella Napoli verbracht hat. Aber trotzdem sehe ich ihn dann doch wieder vor Augen, wenn von der Hand Gottes gesungen wird.

(8,5 Punkte)

https://sommoinquisitore.bandcamp.com/releases


(VÖ: 14.05. 2021)