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JANUS – Terror

~ 2021 (Knochenhaus) – Stil: Historische Horrorkonzept-Doom-Sinfonie ~


Letzte Nacht
bist du noch einmal zurückgekehrt
in einem Traum
einem schrecklichen Traum.
Jetzt weiß ich
es ist vorbei.

 

 

Tja, was macht ihr nun als nächstes, RIG und Toby?

Nach ihren aktuellen, persönlichen Grenzüberschreitungen und des wunderbaren Albtraums, der auf sich geladenen Expedition durch ihre ureigene „JANUS-Passage“, lehnt sich der zufriedene JANUS-Jünger erstmal zurück mit der Gewissheit: RIG und Toby sind immer dann am Besten, wenn sie ihr momentanes Martyrium mit einer auf Tonträger gebannten Perfektion hinter sich haben… wie auch zum Beispiel die ´Auferstehung´ 2004 zeigte.

Wahrschau!

Ein Teil des geplanten, mysteriösen Epos ´All die Geister´ sollte es werden. HA! Die Geister, die JANUS sich damit selbst riefen, erwiesen sich für die beiden Ausnahmekünstler als hartnäckiger wie die geisthaften Erscheinungen, denen sich die Teilnehmer der Expedition um Sir John Franklin stellen mussten, nachdem sie 1845 aufgebrochen waren, um die Nordwest Passage zu vollenden.

Dem ersten Winter trotzdem wir
dem zweiten hielten wir noch stand
Der dritte Winter ist nun hier
Er knechtet uns mit seiner Eiseshand

Diese kleine Geschichte um das Schicksal der Besatzung der Fregatten HMS Erebus und HMS Terror – die 2014 und 2016 erst in ihren nassen Gräbern entdeckt wurden – sollte RIG und Toby von 2018 bis zum jetzigen Erscheinungstermin anno 2021 heimsuchen, indem sie sich zur 32-minütigen Doomsinfonie ausgewachsen hatte und somit den Rahmen für ´All die Geister´ schon recht früh sprengte. Dieses ewige Projekt wurde sodann abermals auf irgendwann verschoben – nein, mittlerweile zu Grabe getragen. Denn auch die sich momentan in Arbeit befindenden Stücke haben mittlerweile die 10-Minuten-Grenze überschritten und werden wohl wie auch ´Terror´ ihr Eigenleben entwickeln.

 

 

Nun ist der ´Terror´ da und die Leiden ausgestanden. Und ja, für die Hörerschaft der düsteren Poeten hat sich die Arbeit mal wieder gelohnt. Doom ist es diesmal, kein Stadion-, Männer-, oder Mantra-Doom, sondern eine historisch basierte Horrormär, an der 100 Musiker inklusive Band, Orchester und Chor beteiligt waren. Die JANUS-Studioversion von ´Concerto For Group And Orchestra´ in einem Lied sozusagen. In tiefschwarzer Epik natürlich.

Dort starren sie in Augen
ausdruckslos und leer
Dort, wo einmal Hoffnung war
ist keine Hoffnung mehr

Als hinkenden Vergleich kann ich der ehrlichen Härte und deutschen Texten wegen lediglich unsere Hamburger Faves B-S-T anführen, deren letztes Album ´Unter Deck´ vom Cover und der Thematik her witzigerweise hierzu wie der Schiffsnagel in die Holzplanken passt.

Wahrschau!

Unterteilt in drei Kapitel bzw. „Abteilungen“ (´Maaten´, ´Tiere´ und ´Gespenster´), zwischen dem jeweils von der Schauspielerin Antje von der Ahe als Lady Franklin erzählten Prolog (´Janes Traum´) und Epilog (´Amarok´), nimmt die schicksalhafte Sinfonie ihren düsteren Lauf. Unheimlich, erhaben, düster, fesselnd – eine Erzählung aus dem Hause JANUS mit Gänsehautfaktor lyrischer als auch akustischer Art. Typisch JANUS eben: weit mehr als Doom, eine Stilrichtung, ein Genre umfassen vermag.

 

 

Da der künstlerische Irrsinn alleine nie vor RIG halt macht und die Idee zu einer umfangreicheren grafischen Umsetzung eines Werkes – über das in der Vergangenheit ohnehin anspruchsvolle Artwork hinaus – schon lange in seinen Hirnwindungen herumspukte (ebenso wie das unabsprechbare Verlangen, eine singende Säge auf ´Terror´ unterzubringen), wurde darüber hinaus eine Deluxe Edition erschaffen, die das Deluxe im Gegensatz vieler Mitbewerber neu definiert. Kein toll-buntes Heftchen, kein Schnickschnack, sondern ein Buch ist es geworden. Ein Comicbuch, welches durch die Kollaboration mit der Künstlerin Helena Masellis entstand und durch die erweiterte grafische Geschichte – in der in fetten Lettern selbst die Lyrics eingebettet sind – den Hörgenuss von ´Terror´ zu einem wahrhaften Erlebnis macht.

 

 

An dieser Stelle zwingt mich eine gespenstische, innere Stimme darauf hinzuweisen, dass in jeder gutsortierten Schauerliteratur- oder Musiksammlung mindestens ein Werk der beiden vorhanden sein sollte, egal ob man Elektronik, Akustik, harte oder sanfte Klänge bevorzugt. Man sollte nur auf äußerst intensive Emotionen gefasst sein.

Mein Deutschlehrer hatte uns in den 80gerjahren ständig eingebläut: „Von zehn „würde“-Formen sind mindestens neun falsch – auch diese.“ Von sämtlichen JANUS-Arbeiten sind alle mindestens essenziell – auch dieser Klassiker.

Denn du bist tot
das weiß ich jetzt.
Dein Geist ist zurückgekehrt
um mir das zu sagen.
Du bist tot.
Alle sind tot.

 

 

Also, was macht ihr nun als nächstes, RIG und Toby?
„Gott sei eurer armen Seelen gnädig!“

 

knochenhaus.bandcamp.com

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