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BILL CALLAHAN & BONNIE PRINCE BILLY – Singles Series

~ 2020/21 (Drag City) – Stil: Neo-Folk/Rock/Experimental ~


Die Musik von BILL CALLAHAN bedeutete schon von jeher, über Einsamkeit nachzudenken. Ob nun mit seinem anfänglichen Projekt SMOG oder seinen zahlreichen späteren Solo-Alben – die Baritonstimme rumpelte stets am Ende seiner Arrangements und es klang so ernst, wie man es nur meinen konnte. Musik, wie die Expeditionen eines einsamen Wolfes – ein verlorenes Starren in die Berge, nächtliche Autobahnfahrten oder die verlassenen Welten eines Ernest Hemingways. Weit mehr als 20 Veröffentlichungen in rund 30 Jahren zeugen von einer nahezu rastlosen Getriebenheit – und der Chicagoer Künstler hat damit noch niemals enttäuscht.

Will Oldham alias BONNIE PRINCE BILLY arbeitet nun bereits in etwa genauso lange auf ähnlichem Terrain. Mit seinen dichten Bildern und seiner antiquierten Sprache erweckte er stets den Eindruck eines Schauspielers, der die Trittbretter betrat, die Rolle eines Sängers aus einer alten Zeit spielte und eine spirituelle Abrechnung inszenierte. Oldham sieht eine Dunkelheit und beschreibt sie detailliert – was ein Licht impliziert, das er entweder nicht sehen kann oder will. Folk und Alternative Country als die einzige wahre Lebensbejahung. Seine Output-Vielfalt steht der von Callahan jedenfalls in keinster Weise nach.

Seit letztem Jahr kollaborieren die beiden nun im Rahmen einer ausschließlich digital veröffentlichten Singles-Serie, mit der sie ausgewählte Cover-Versionen vorstellen und bei denen sie je Stück zusätzlich mit einem Künstler aus dem „Drag City“-Label-Umfeld kooperieren: mit TY SEGALL, BEN CHASNY, MEG BAIRD, DAVID PAJO, MICK TURNER, MATT SWEENEY uvm. Insgesamt 19 Songs stehen dabei bislang auf ihrem Konto, unter anderem von LOU REED, AIR SUPPLY, MICHAEL BURTON, HANK WILLIAMS, STEELY DAN, CAT STEVENS und DAVE RICH. Eine äußerst weit umspannende Songauswahl also, die durchweg zu gefallen weiß und den Ideenreichtum und die künstlerische Vielfalt der beiden Protagonisten erneut auf beeindruckende Weise dokumentiert.

Für das LEONARD COHEN-Cover `Night Of Santiago` beispielsweise haben sich Oldham und Callahan mit dem erfahrenen Avantgarde-Gitarren-Zauberer und Ex-SQUIRREL BAIT/GASTR DEL SOL-Mitglied DAVID GRUBBS zusammengetan. Grubbs verwandelt dabei das spanische Gefühl dieser posthumen Cohen-Nummer in seinen unbeschreiblichen Minimalismus und erzeugt mit seiner Gitarre eine Spannung, wie für einen Sound im Mondlichtschein. Oldhams Stimme besitzt zwar nicht die Schwerkraft des verstorbenen Cohen, aber er intoniert hier ungemein eindringlich und der Kontrast zwischen seinem Tenor und Callahans Bariton funktioniert wirklich hervorragend. Der Handklatschschlag im Flamenco-Stil vom Original wird hier übrigens beibehalten und es ist ein wirklich cooles Cover, an dem auch Cohen zweifellos seinen Gefallen gefunden hätte.

Diese Serie ist wie ein kleines Wunder, prall an außergewöhnlichem Songwriter-Craftsmanship und ein weiterer, unwiderlegbarer Beweis für die Genialität der beiden Hauptakteure.

(8,5 Punkte)

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