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VHÄLDEMAR – Straight To Hell

~ 2020 (Fighter Records/MDD) – Stil: Heavy Metal ~


„Waldemar! Waldemar!“

Diese Rufe sind ein Stück DDR-Sport- und Fernsehgeschichte. Während der Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau (ja, das waren die, wo der Westen fehlte…) feuerte der Reporter den Marathonläufer Waldemar Cierpinski aus der Ferne zur zweiten olympischen Goldmedaille an.

Heute freue ich mich auf den Moment, wenn ich, inmitten vieler Gleichgesinnter und Kuttenträger, Headbanger und Faustrecker, und ja, die weibliche Form ist inbegriffen, vor einer Bühne stehe. Und alle feuern die Truppe auf der Bühne an. VHÄLDEMAR! VHÄLDEMAR!

Das aus dem spanischen Baskenland stammende Quintett bringt hier, neben ein paar Demos und EPs, ihr immerhin seit 1999 sechstes Album unters Volk. Die bisherigen Scheiben sind zwar schlecht zu erhalten, kleine spanische Labels werden bei uns eben auch weniger beachtet. Leider. Dennoch bauten VHÄLDEMAR sich einen gewissen Ruf auf. Dazu kamen eine Menge Touren und Festivalauftritte in Europa und der ganzen Welt. Da gibt es wohl diesen Ruf zu verteidigen.

Und das tun sie auf überzeugende Art. Der Opener ´My Spirit´ mischt geschickt ein Thrash-Riff in den Power Metal, legt Dampf und Druck über eine gewisse HAMMERFALL‘sche Eingängigkeit. Wer dann aber in den zweiten Song reinhört, ´Death To The Wizard´, dürfte fast vermuten, hier sind MANOWAR unterwegs. Dieser Song hätte einen Ehrenplatz verdient, etwa auf ´Kings Of Metal´. (Ja, ´Pleasure Slave´ ist mir seit je ein Dorn im Auge, warum nicht heimlich, still und leise austauschen?)

Das speedige ´Afterlife´ plündert bei ganz, ganz alten STRATOVARIUS. Im folgenden Titeltrack verbindet sich ein Timbre á la Chris Boltendahl mit SAXON-Riffing. Ohnehin, der Sänger Carlos Escudero ist ein Gewinn. So variabel, wie er singen kann, jeder Song bekommt eine eigene Note. Das schafft Abwechslung und verhindert Ödnis und Langeweile.

´Old King’s Vision´ ist ein Song, den ich mir seit ´Somewhere Far Beyond´ aus Krefeld wünsche. Kompakt, eingängig und auf den Punkt. Dann eben aus Spanien. Danach wird das Tempo etwas gedrosselt. ´Fear´ bewegt sich irgendwo zwischen ´Heaven & Hell´ und ´Tyr´. Dabei aber ist dieser Song dennoch eigenständig und keine plumpe Kopie. Bei allen genutzten Einflüssen, immer bleibt die eigene Note, die VHÄLDEMAR-Mischung erhalten.

Fast schon kommerziell oder poppig könnte man ´Hell Is On Fire´ umschreiben. Aber hey, wen juckts? Was spricht dagegen, die Leute einzufangen mit einem Ohrwurm? Auch das nachfolgende ´When It’s All Over´, so gehen einfach geniale, genial einfache Banger zum sofortigen Mitbangen. Wenn zum Abschluß in ´Damnation’s Here´ noch einmal so richtig das Gaspedal durchgetreten wird, dann sollte der letzte Zweifler überzeugt sein. Es gibt sicher Bands, die innovativer sind, progressiver oder moderner. Man kann aber auch diese traditionelle Mischung wunderbar goutieren, in denen alte Einflüsse neu zusammengesetzt sind. Es muß ja auch nicht immer Kaviar sein. Manchmal, und das gar nicht so selten, macht eben auch die gute alte Hausmannskost glücklich.

Und jetzt noch einmal der Blick zurück nach Moskau. Nach dem Zieleinlauf nämlich sagte der genannte Sportreporter folgendes: „Liebe junge Väter oder angehende, haben Sie Mut! Nennen Sie Ihre Neuankömmlinge des heutigen Tages ruhig VHÄLDEMAR! VHÄLDEMAR ist da!“

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/VhaldemarOficial