PlattenkritikenPressfrisch

MOUNTAIN DUST – Seven Storms

~ 2018 (Kozmik Artifactz) – Stil: Psychedelic-Blues-Heavy Rock ~


Nein, pressfrisch ist auch diese Scheibe nicht, denn ´Seven Storms´ konnte bereits am 18. Mai 2018 käuflich erworben werden. Aber das tut der Qualität der Platte keinen Abbruch und schneller werde ich aller Voraussicht nach auch zukünftig nicht sein. Wie bereits der 2016er Vorgänger ´Nine Years´ erschien auch dieses Album via „Kozmik Artifactz“, einem Berliner Label, welches sich vor allem dem Doom- und Stonermetal und der (metallischen) Rockmusik im Allgemeinen verschrieben hat.

Auch wenn das Label die in Montreal gegründete Band MOUNTAIN DUST dem Psychedelic, Stoner und Heavy Rock zuordnet, so spielt sie meines Erachtens vor allen Dingen Rock – wenn auch sehr intensiven, getragenen und durchaus von einer aus der siebten Dekade des letzten Jahrhunderts geprägten Spielart des Rock. Dabei unterscheidet sich deren Musik aber signifikant von der vieler Siebzigerjahre geprägten Bands, die bereits seit einigen Jahren sehr erfolgreich unterwegs sind und zu deren Liebhabern, ich gestehe es ein, auch ich gehöre. Nur stellenweise geraten MOUNTAIN DUST in die Nähe dieser Bands und erinnern z.B. an die aktuellen GRAVEYARD, was aber auch daran liegen kann, dass ich deren letztes Werk ´Peace´ erst kürzlich häufiger aufgelegt habe.

Zum ständigen Instrumentarium von MOUNTAIN DUST gehören auch Orgel und Synthesizer, die von Patrick Bennet bedient werden, der auch noch die Saiten einer Gitarre zupft. Anders als bei manch anderen Bands, die dem Gebrauch von Tastenintrumenten ausgiebig frönen, setzen MOUNTAIN DUST diese Instrumente sehr gezielt ein, wodurch sie nie aufgesetzt (und nervend) wirken, sondern als verbindendes Element zwischen den anderen Instrumenten irgendwie dazugehören. Auch Bassist Hal Jaques stellt sich als Multiinstrumentalist heraus, denn er beherrscht neben dem Tieftöner auch noch das Trompete-, Mundharmonika- und Glockenspiel. Lediglich Blair Youngblood bleibt bei seinen Leisten, also Drums und Percussion. Trotz des Einsatzes unterschiedlichster Instrumente, von Flöte (gespielt vom Gastmusiker Mikey Heppner) über Banjo bis hin zum Cello, bleibt die Stimme von Brendon Mainville das dominierende Element in der Musik von MOUNTAIN DUST, welche mich in manchen Passagen an Glenn Danzig erinnert. In Kombination mit der Musik schafft es die kraft- dabei aber auch immer gefühlvolle Stimme von Brendon, die vielfältigsten Emotionen beim Zuhörer zu wecken und Bilder, ach was, Landschaften, in deren Köpfen zu erschaffen.

Beispiele gefällig?

In ´Turn You In´ enthält die leicht angeraute Stimme von Brendan so viel Schmerz und Pein, dass man ihm am liebsten ein Taschentuch und eine Flasche Whisky reichen möchte – und zwar in dieser Reihenfolge. Und was die Bilder angeht, so erscheint mir Brendon in diesem Lied mit Cowboyhut und ich muss unwillkürlich an alte Westernfilme mit John Wayne denken. (Dieses Bild hatte ich übrigens, bevor ich das offizielle Video von ´White Bluffs´ gesehen habe.) Eine weite und staubige Prärie erscheint mir auch bei ´Into The Depths´ vor dem geistigen Auge. Ein langsames und getragenes Stück, in welchem einen Brendans hypnotische Stimme gleich zu Beginn in den Bann schlägt und mit den einsetzenden Gitarren bis zum bitteren Ende (rettendem Saloon?) vorantreibt. Und so geht es immer weiter. Im großartige ´Witness Marks´ untermalen zunächst Pianoklänge Brendans Flehen, welches dann mit Einsetzen der hellen Stimme der Gastsängerin Martha Rockhard ( 🙂 ) noch stärker akzentuiert wird. Nach und nach stoßen weitere Instrumente (z.B. das oben erwähnte Banjo) dazu, bis sich dass Stück zu den melancholischen Klängen eines Cellos verabschiedet.

Ach ja, Brendon spielt nebenbei auch noch eine Gitarre und natürlich betätigen sich alle Bandmitglieder bei den Backgroundvocals.

´Seven Storms´ ist eine Scheibe, die ein wenig von allem bietet. Blues, (psychedelischen) Rock, Western, schwere Riffs, melodische Pianoklänge, siebziger Jahre Orgelspiel und vor allem eine großartige und ergreifende Stimme. Wer nun glaubt, die Platte würde kein Konzept haben… au contraire mon amie! Selten hat mich eine Platte vom ersten bis zum letzten Ton so in den Bann gezogen, war gleichzeitig so abwechslungsreich und wirkte dennoch wie eine Einheit auf mich.

Wer zu dem depressiven Winterwetter die passende Untermalung braucht, aber nicht schon wieder in die Ecke mit den Doom- oder Bluesscheiben greifen will, der wird mit dem Zweitlingswerk von MOUNTAIN DUST bestens bedient. (Das Debüt liegt übrigens noch verschweißt auf meinem To-Do-Stapel, der immer höher wird – nur bildlich – in Wahrheit lagern sie in Kisten. Aber diese Scheibe werde ich gleich morgen auflegen.)

Das schwarze Vinyl gibt es im Gatefold mit gedruckten Texten und gefütterter Innenhülle. Alles sehr solide, wie vom Berliner Label gewöhnt. Das schlichte Bild auf dem Cover trägt übrigens den Titel „I stretch the arms out and die“ und wurde 2017 von Marigold Santos in Acryl auf Leinwand erschaffen.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/MountainDust/