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DIE HEITERKEIT – Pop & Tod I+II

~ 2016 (Buback Tonträger / Indigo/finetunes) – Stil: Pop ~


So heiter wird es heute gar nicht, der Titel ´Pop & Tod I+II´ der Hamburger Band DIE HEITERKEIT lässt keinen Frohmut erwarten. Krachte doch im Vorfeld dieser dritten Veröffentlichung der Band ein stattlicher Tornado in die Bandzusammensetzung hinein und schüttelte an deren Zusammenstellung kräftig herum, so dass Sängerin und Gitarristin Stella Sommer die letzte verbliebene Musikerin der 2010 gegründeten Mädels-Band ist. Neben Hanitra Wagner (ORACLES) am Bass und Keyboarderin Sonja Deffner (JASON & THEODOR) gehört heutzutage Schlagzeuger Philipp Wulf (MESSER) zur Stammbesetzung. Aus dem einstigen Trio ist nun ein Quartett geworden. Ein böser Schelm, der Tod und Ausstieg in Zusammenhang bringt.

Nachdem das Debütalbum ´Herz Aus Gold´ in aller Munde war, blieb ´Monterey´ zwei Jahre später unbeachtet in der Ecke stehen. Vor vier Jahren brachte DIE HEITERKEIT überdies noch eine Split-EP mit JA, PANIK heraus und deren Andreas Spechtl zeichnete sich bereits vor sechs Jahren für die Arrangements auf dem ersten Soloalbum ´Songs Of L. And Hate´ von Christiane Rösinger aus. Ein witziger Schalk, der hier eine Verbindung zur HEITERKEIT sucht, klingt schließlich Stella Sommers sonore Stimme oftmals nach der ehemaligen Sängerin der LASSIE SINGERS, nach der großartigen Christiane Rösinger.

Nun also ´Pop & Tod I+II´, das es, vor allem auf Vinyl klar erkenntlich, zu einem echten Doppelalbum gebracht hat, ursprünglich gar mit 30 Songs angedacht, sind es tatsächlich 20 an der Zahl geworden. Dabei stülpt sich eine fast sakral-kühle Erstarrung über die Lieder. „Hier kommt die Kälte“ führt den Hörer auf das Glatteis (´Die Kälte´), denn „Hier kommt die Flut“ gerade garantiert nicht. Ganz gelassen halten sich die Songs fern von jeder angesagten Pop-Kultur deutscher Prägung. Klingt ´Betrüge Mich Gut´ eher nach Tennessee 1974 als nach Berlin 2015, schreit ´Panama City´ den Wohlklang und Überschwang heraus.

Die Hamburger Schule ruft die nach Berlin umgesiedelte Stella Sommer nur vereinzelt an (´Im Zwiespalt´), die Dunkelheit in Song und Stimme hingegen schon häufiger (´Dunkelheit wird niemals´). Ganz beiläufig erklingt hin und wieder ein Frauengesang aus dem Hintergrund zur Bestätigung, als purer Nachklang im hellen Klangkosmos, oder vordergründig pompös zum finalen Abschluss des ersten Teils (´The End´). Obwohl der zweite Teil dem Anschein nach folglich heller erklingt, sind genügend finstere Momente (`Ein gutes Buch´) vorhanden. Da es immer anders kommt als gedacht, muss sich auf gewohnte Abläufe verlassen werden, kommt nach dem Morgen (´Das Ende der Nacht´) der Abend und die Dunkelheit bricht heran (´Heller Morgen´). Und häufig sind die Stimmen im Kopf wohl zu laut, alles ist zu laut, immerzu ist die Dunkelheit allgegenwärtig (´Komm mich besuchen´). Einmal fallen die Keyboard-Klänge etwas aus dem Rahmen (´Halt mich zurück´), wallen zum Abschluss nochmals auf, Stella Sommer singt „Haben die Kids es nicht einfach geliebt?“ bis der Männerchor, bestehend aus Kristof Schreuf, Maurice Summen (Die Türen), Max Gruber und weiterer Chorknaben, den zweiten Teil und somit das Gesamtwerk besiegelt. Ein Narr, wer sich trotz Tod, Krieg, Pest und Hunger dem Pop von DIE HEITERKEIT widersetzen mag.

(8,5 Punkte)

 

 

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