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OH LONESOME ME – Things That Could Destroy Me (In The End)

~ 2015 (Beste! Unterhaltung) – Stil: Singer/Songwriter ~


´Oh Lonesome Me´ ist ein im Jahr 1958 veröffentlichter Song von Don Gibson und Chet Atkins, der im Laufe der Jahrzehnte von zahlreichen Musikern nachgespielt wurde. Die Version aus dem Jahr 1961 von Johnny Cash (siehe hier) dürfte neben der von den Kentucky Headhunters aus 1990 eine der Bekanntesten sein, die düster-tragische von M. Ward und Lucinda Williams (siehe hier) die wohl letzte berühmte, mittlerweile sechs Jahre alte Version. Don Gibson war einer der großen amerikanischen Songwriter und Country Musiker.

OH LONESOME ME sind ein deutsches Frauenduo, das Singer-/Songwriter-Musik präsentiert, die mit einer leichten Melancholie gesegnet ist und somit musikalisch gesehen Anknüpfungspunkte an den Roots Rock, an Americana herstellt. Diese Melancholie ist unübersehbar aus purem Liebesschmerz entstanden und noch immer schreibt der Schmerz, tief aus dem Innern heraus über den ganzen Körper strahlend, die besten Lieder.

Das gesamte Album scheint sich um den Beziehungszyklus von zwei ehemals schwer verliebten Menschen zu drehen. Anfangs ist sie weiterhin bei ihm, obwohl sie die Beziehung auf Dauer schwer zu ertragen scheint (´Wann kommt es wieder auf die Liebe an?´), keinerlei Liebesglut brennt in ihr, in diesen schweren Zeiten (´A Year No Longer´). Die beiden Liebenden leben absolut aneinander vorbei und die Situation scheint unerträglich (´Can´t Stand It´). Am Ende will sie nur allein sein, bevor alles zerstört ist (´Things That Destroy Me In The End´). Doch bereits etwas später erscheint der Blick zurück, der Blick zu den Stunden, die im nachhinein goldene Stunden waren, ziemlich tröstlich (´Luxus´). Und so sang bereits Sandy Denny vor fast einem halben Jahrhundert `Who Knows Where The Times Goes?´. Auch OH LONESOME ME wissen nicht, ´What Tomorrow Brings´.

Von himmlischer Natur gesegnet singen Anne Stabe und Carina Schwertner gleich zu Beginn in ´A Year No Longer´ glorreich auf. Allein wenn Carina Schwertner ihre Gitarrensaiten zum Gesang beider anschlägt, öffnen sich die Himmelspforten. Dieses einfache Rezept, mit dem sie schon auf der Vorgänger-EP überzeugen konnten, funktioniert erneut in ´What Tomorrow Brings´ oder ´Can´t Stand It´ – beide äußerst bewegende Lieder – mehr als prächtig. Einfach bezaubernd. Um solch einfacher, allerdings wirkungsvoller Stimmung die Krone aufzusetzen, reicht ebenso im vollkommen ergreifenden ´Why´ der Einsatz von Percussions, oder wie in ´But For All´ Klavier und Akkordeon. Echtes Western-Feeling, in einem Saloon, darf im Beerdigungsblues ´You Only Like Me When You Drunk´ genossen werden. In ´Requiem´ lassen Posaune und Trompete eine bedrohliche Atmosphäre aufkommen, die ihren Höhepunkt letztlich in ´Things That Destroy Me In The End´ findet – beides Songs, die momentan in solch einem Maße höchstens Anja Franziska Plaschg (SOAP & SKIN) kreieren kann. Magisch. Magie entfaltet sich sogar in den zwei deutsch gesungenen Songs (´Wann kommt es wieder auf die Liebe an?´, ´Luxus´), die beide möglicherweise zu dramatisch oder tragisch erscheinen, um in der breiten Masse bestehen zu können. Dennoch sollten diese, gerade in Zeiten von deutschsprachigen Singer/Songwritern, ihren Zuspruch finden. Großartig.

OH LONESOME ME haben ihrem Sound durch die Erweiterung der instrumentalen Ingredienzien eine größere Breite gegeben, dessen Dichte und Intensität jedoch bewahrt. ´Things That Could Destroy Me (In The End)´ ist ein erstklassiges Album. (Sch)machtvoll.

(8,5 Punkte)

http://www.oh-lonesome-me.de/