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MOTÖRHEAD – Bad Magic

~ 2015 (UDR) – Stil: Rock’n’Roll (was sonst?) ~


Ein wirklich schlechtes MOTÖRHEAD-Studioalbum hat es in den 40 Jahren seit dem Band-Urknall noch nicht gegeben. Ein wirklich herausragendes seit dem 1991er-Meisterwerk „1916“ strenggenommen allerdings auch nicht mehr.

‚Bad Magic‘, Langdreher Nummer 23 (inklusive ‚On Parole‘), geht erfreulicherweise Backenbart an Backenbart mit dem bislang stärksten Werk der Cameron-Webb-Phase, ‚Kiss Of Death‘ (2006), über die Ziellinie. Selbst das räudig-charmante ‚Bastards‘ von 1993 ist nicht allzu fern. Und damit war nach all den Hiobsbotschaften um Lemmys Gesundheitszustand im Allgemeinen und seine fortschreitende Zuckerkrankheit im Besonderen nicht wirklich zu rechnen.

Vom pragmatisch betitelten Opener ‚Victory Or Die‘, mit dem einem Mr. Kilmister, Phil Campbell und Mickey Dee so überzeugend wie lange nicht mehr die Haustür eintreten, bis zum hymnisch-drückenden ‚When The Sky Comes Looking For You‘ begeistern MOTÖRHEAD mit eiserner Härte und augenzwinkernder Lässigkeit. ‚Fire Storm Hotel‘ beginnt mit einem ZZ TOP-Gedächtnisriff, um sich schnell Richtung ‚Angel City‘ aufzumachen. ‚Till The End‘ ist eine Powerballade im Stile von ‚Lost In The Ozone‘ oder ‚One More Fucking Time‘ (vom ‚We Are Motörhead‘-Album). Hier darf Lemmy seinen knapp 70-jährigen Stimmbändern eine Handvoll Kreide gönnen, ehe der böse Wolf in ‚Tell Me Who To Kill‘ wieder auf Geißlein-Jagd geht und mit unbarmherzigen Bass-Bissen fette Beute macht.

Das Schönste: Im Gegensatz zu den nur ordentlichen bis guten Vorgängern ‚Aftershock‘, ‚The Wörld Is Yours‘ und ‚Motörizer‘ bleibt von ‚Bad Magic‘ wieder mehr hängen. Die Refrains sind prägnanter, die Riffs inspirierter, der Funkenflug entflammt Trommelfell und Großhirnrinde. Womöglich auch ein Resultat der Aufnahmebedingungen. Bislang jedenfalls hatte die Band in der aktuellen Dreier-Besetzung (seit 1996) noch keine Scheibe gemeinsam “live” eingedonnert.

Verzichtbar sind mit ‚Shout Out All Of Your Lights‘ und ‚Choking On Your Screams‘ dieses Mal lediglich zwei Songs, auch das Gastsolo von QUEEN-Legende Bran May im groovigen ‚The Devil‘ darf im Ordner „Namedropping“ abgeheftet werden. Das abschließende Cover des ROLLING-STONES-Klassikers ‚Sympathy For The Devil‘ ist Lemmy & Co. erfreulicherweise wesentlich besser gelungen als seinerzeit auf ‚Bastards‘ das allzu brav nachgespielte ‚Jumpin‘ Jack Flash‘. Eine Interpretation des DAVID-BOWIE-Klassikers ‚Heroes‘ wollen MOTÖRHEAD in Bälde nachreichen (hoffentlich nicht auf einer Special-Tour-Abzock-Version von ‚Bad Magic‘).

Erheben wir uns also und bitten, dass „Uns Lemmy“, der Helmut Schmidt des harten Rock’n’Roll, noch lange leben, philosophieren und über die Lande ziehen darf. Das Münchner “Zenith” beehren MOTÖRHEAD dieses Jahr gleich zweimal, am 20. und 21. November. Auch auf die neuen Songs darf man sich freuen.

(felsenfeste 8 Punkte)