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SUN RA – Space Is The Place

~ 1973/2023 (Verve/UMG) – Stil: Avantgarde Jazz ~


Der exzentrische und avantgardistische Jazzmusiker Herman „Sonny“ Poole Blount nannte sich ab seinem 38. Lebensjahr nur noch SUN RA, nach dem ägyptischen Sonnengott, trat in entsprechenden Kostümen auf und sah sich selbst als vom Planeten Saturn stammend. Seinen Bigband-Swing führte der US-amerikanische Künstler in den Fünfzigerjahren dementsprechend über predigende und philosophierende Auseinandersetzungen in Bezug auf das Universum in Richtung kosmischer Jazz und Free Jazz. In den Sechzigerjahren nahm ihn die Psychedelic Rock-Szene mit offenen Armen auf, während ihn die strikt konservative Jazz-Szene verfluchte. Derweil steuerte er bei seinen stetig voranschreitenden Experimenten dem Höhepunkt entgegen. Durch die Hinzunahme von Synthesizern und Minimoogs reihte sich seine Musik in den Siebzigerjahren allerdings nach und nach in eher konventionellen Bahnen ein.

Gegenwärtig wird eine seiner berühmtesten Platten, ´Space Is The Place´ aus 1973, in der „Verve By Request“-Serie auf audiophilem 180g-Vinyl wiederveröffentlicht. „Verve By Request“ ist eine Zusammenarbeit zwischen „Verve“ und „Third Man Records“ zur Wiederbelebung seltener Juwelen und stark nachgefragter Jazz-Alben in Form von Neuauflagen. ´Space Is The Place´ wurde remastert, in Detroit bei „Third Man“ gepresst und erscheint in einem recht dünnen Gatefold Sleeve.

Nachdem Sun Ra einer eingeschworenen Hörerschaft über kleine Labels und seine eigene Plattenfirma unzählige Scheiben unterbreitet hatte, wollten „Impulse! Records“ Anfang 1972 einen großen Teil seines Backkatalogs frisch auflegen. Doch die Kampagne zerschlug sich. Sun Ra erhielt jedoch die Chance, seine Musik und sein Leben in einem spacigen 85-minütigen Dokumentarfilm unter dem Titel „Space Is The Place“ darzustellen.

Den kurzen, gleichnamigen Titeltrack aus dem Film-Soundtrack verwandelte er bei späteren Aufnahmesessions am 19. und 20. Oktober 1972 in eine epische und 21-minütige Breitwand-Komposition. Neben den Moog-Synthesizern aus einer anderen Welt und dem Saxofon vom Ende des Universums stach aus diesem fröhlichen Ensemble der kosmische Gesang von Sängerin June Tyson ins Ohr. Während der Titelsong ´Space Is The Place´ mit Harmonien und afrikanischen Percussions die gesamte A-Seite einnahm, enthielt die B-Seite vier weitere, kürzere Stücke zur Erschließung des Weltalls. Die Swing-Komposition ´Images´ verblieb aufgrund ihrer unbändigen Anziehungskraft noch auf der Erde. Das exotische Stück ´Discipline´ war allerdings bereits für Ägyptologen mit Vorfahren aus dem All vorgemerkt und ´Sea Of Sounds´ für die neue Space-Age-Generation. Ein kleines anarchisches Gelage aus Stimmen und Instrumenten beendete schließlich in Form von ´Rocket Number Nine´ die bunte, kosmische Show im in der Unendlichkeit schwankend dahingleitenden Weltraumschiff von SUN RA.

´Space Is The Place´ eignet sich vorzüglich als Einstiegsdroge, um sich das Universum von SUN RA zu erschließen. Bei längerer Beschäftigung und Erkundung wird der Mensch eins mit der Natur und den übernatürlichen Kräften, wird eins mit dem Kosmos.

(Klassiker)

 

 

Sun Ra – Farfisa-Orgel, Klavier
Akh Tal Ebah – Gesang, Trompete, Flügelhorn
Kwame Hadi (Lamont McClamb) – Trompete
Marshall Allen – Flöte, Altsaxophon
Danny Davis – Flöte, Altsaxophon
John Gilmore – Gesang, Tenorsaxophon
Danny Thompson – Baritonsaxophon, Flöte, Gesang
Eloe Omoe – Bassklarinette, Flöte
Pat Patrick – Bassgitarre, Baritonsaxophon, Gesang
Lex Humphries – Schlagzeug
Atakatun (Stanley Morgan) – Schlagzeug
Odun (Russel Branch) – Schlagzeug

June Tyson – Gesang
Ruth Wright – Gesang
Cheryl Banks – Gesang
Judith Holton – Gesang

 

https://www.facebook.com/SunRa/